Schlagwort-Archive: Widerstand und Verfolgung

„Wer nicht feiert, hat verloren!“ – Aktionswoche 8. Mai ging an diesem Wochenende weiter

Antifaschistischer Stadtrundgang in Gelsenkirchen, im Bild Hartmut Hering auf dem Rosa-Böhmer-Platz.

Mit zwei Online-Podiumsdiskussionen und zwei Antifaschistischen Stadtrundgängen führte das Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung insgesamt vier Veranstaltungen an diesem Wochenende durch. Ziel war weiterhin die Unterstützung der Kampagne der Auschwitz-Überlebenden und der VVN-BdA, den 8. Mai zum bundesweiten Feiertag zu erheben und beispielhaft aufzuzeigen, wie der Tag als Bildungstag genutzt werden kann.

Alle vier Veranstaltungen waren unterschiedlich gut besucht, die beiden Online-Podiumsdiskussionen litten m.E. darunter, dass sie ursprünglich im Anschluss an Filmvorführungen gedacht waren, die aus Gründen der Kontaktbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnten.

Das geringste Interesse fand leider die Veranstaltung am Freitag, 7. Mai 2021 zum Thema „Historische Verantwortung“, größer war das Interesse am Samstag, 8. Mai 2021 zu „Aktueller faschistischer Terror – Von NSU, Tag X und Waffenfunden“. Vielleicht lag es am Termin, vielleicht ist aber die Bereitschaft größer, sich mit den gegenwärtigen Ereignissen zu beschäftigen als mit der Vergangenheit. Gleichwohl waren beide Veranstaltungen wichtig und inhaltlich wertvoll.

Antifaschistischer Stadtrundgang in Buer, hier am historischen Eingang des Buerschen Rathauses.

Unterschiedlich war auch das Interesse bei den beiden Antifaschistischen Stadtrundgängen am 9. Mai 2021. Beide folgten den jeweils örtlichen Spuren der NS-Zeit und veranschaulichten an historischen Schauplätzen die lokale Geschichte von Verfolgung und Widerstand, von Rassenwahn und Kriegsalltag. Der Rundgang durch Alt-Gelsenkirchen ab 11 Uhr war weniger gut besucht als der durch Buer-Mitte ab 15 Uhr. Hier scheint, diesen Rückschluss lassen Gespräche zu, die Uhrzeit eine große Rolle gespielt zu haben.

Damit ist die Aktionswoche 8. Mai beinahe zu Ende, es folgt noch am Donnerstag, 13. Mai 2021 ab 15 Uhr ein Rundgang in Gelsenkirchen-Horst mit dem Schwerpunkt Zwangsarbeit. Treffpunkt ist Ecke Brinkstraße/An der Rennbahn zwischen Kanal und Emscher.

Der Stadtrundgang in Buer endete auf dem Friedhof Mühlenstraße, am Gedenkort für die ermordeten Jüdinnen und Juden der Stadt.

Kommunistischer Widerstand in Nazideutschland

Neuauflage von Allan Mersons „Kommunistischer Widerstand in Nazideutschland“.

Es ist zugleich erstaunlich wie bezeichnend, dass es nur eine umfassende Darstellung über den Kommunistischen Widerstand in Nazi-Deutschland gibt, und diese nicht von einem deutschen, sondern von einem britischen Historiker stammt. Angesichts des aus dem Dritten Reich in die junge Bundesrepublik „hinübergeretteten“ Antikommunismus eigentlich kein Wunder, denn, schon wer sich nur objektiv mit Kommunist:innen beschäftigte, galt oft schon als solcher. Franz Josef Degenhardt hat das – in einem anderen Zusammenhang zwar – in einem seiner Lieder sehr schön auf den Begriff gebracht: „Also sie berufen sich hier pausenlos auf’s Grundgesetz / Sagen sie mal / Sind sie eigentlich Kommunist?“ So war es der britische Historiker Allan Merson, der 1985 „Communist Resistance in Nazi Germany“ veröffentlichte. Die deutsche Übersetzung folgte 14 Jahre später, 1999 im Pahl-Rugenstein-Verlag. 2020 hat der Neue Impulse Verlag das inzwischen vergriffene Werk erneut zugänglich gemacht. Dass beides DKP-nahe Verlage sind, zeigt einmal mehr das herrschende Vorurteil. Hier nun die Würdigung von einem Leser, der weder Kommunist noch Antikommunist ist.

Merson gliedert seine Darstellung in vier große Kapitel. Zunächst stellt er den „Übergang in die Illegalität 1933“ dar, um sich dann der „Strategie der revolutionären Massenaktionen 1933-1935“ zu widmen. Dabei spart er nicht, neben der sachlichen Darstellung der Fakten, mit seiner Kritik an der ultralinken Politik der KPD gegenüber der SPD, die als „Sozialfaschisten“ diffamiert wurden sowie ihrer Fehleinschätzung im Jahre 1933, die Hitler-Regierung sei nicht von langer Dauer und eine revolutionäre Situation, die zu einem Sowjet-Deutschland führe, stünde unmittelbar bevor. Er zeigt auch, wie angreifbar die inzwischen verbotene KPD wurde, solange sie versuchte, ihren Parteiapparat in der Illegalität ohne Veränderung konspirativ beizubehalten. Wurde die KPD zunächst durch eine zentrale Leitung innerhalb Deutschlands aufrechterhalten, geschah dies schließlich weniger verwundbar und dezentral durch Abschnittsleitungen aus den benachbarten Ländern. Die Folgen der Fehleinschätzung der politischen Lage waren verheerend für die Kommunisten, von denen viele im ungleichen Kampf verschlissen, verhaftet, gefoltert und ermordet wurden bzw. in Konzentrationslager wanderten. Zugleich würdigt Merson immer wieder die Einsatzbereitschaft und Loyalität ihrer überzeugten Anhänger, die die Nazis kaum brechen konnte.

„Eine neue Perspektive 1936-1939“ schildert, wie die KPD im Untergrund nicht in der Lage war, ihre Politik zu verändern, sondern die Veränderung von außen durch die Kommunistische Internationale entstand. Bündnis- und Volksfrontpolitik und ein antifaschistisches, demokratisches Deutschland wurden die neuen Ziele, getragen von der Analyse, das es aktuell keine revolutionäre Situation gäbe. Zur Tragik der Geschichte wurden verpasste Chancen in der Verständigung zwischen SPD und KPD auf der Ebene der im Exil befindlichen Parteiführungen, während der Widerstand vor Ort und in den Konzentrationslagern oftmals weiter war. Schuld daran war der späte Perspektivwechsel der KPD zu einem Zeitpunkt, als die Exil-SPD schon wieder nicht mehr bereit für ein solches Bündnis war. Merson geht auch auf die Wirkung des Nichtangriffspaktes zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion vom August 1939 ein, der zu Verwirrung unter den deutschen Kommunisten geführt habe, aber nicht zu einem Ende ihrer Widerstandstätigkeit, wie die Lageberichte der Gestapo bezeugten.

Das letzte Großkapitel „Der Zweite Weltkrieg“ schildert – im Rückblick gesehen – vergebliche Bemühungen der im Geheimen agierenden Kommunist:innen und verbündeten Widerstandskämpfer:innen, den Faschismus von innen heraus zu besiegen, sowie Bemühungen, Alternativen außerhalb Deutschlands wie mit dem Nationalkomitee „Freies Deutschland“ zu gründen. Am Ende wurde der Faschismus durch die siegreichen Armeen der Alliierten militärisch besiegt.
Merson beschäftigt auch die Frage, warum es in Deutschland anders als in anderen von Nazi-Deutschland besetzten Ländern keine Partisanentätigkeit gab, keinen bewaffneten Aufstand, keine Revolte der Massen. Er führt dies nicht allein auf den unglaublich gesteigeren Terror der Nazis im letzten Kriegswinter 1944/45 zurück und schon gar nicht auf militaristische und obrigkeitsstaatliche Traditionen, sondern auf die Korrumption des deutschen Volkes und eines großen Teils der Arbeiterklasse durch Ideen und Praktiken der Nazis. Die Schaffung rassistischer Hierarchien durch den Einsatz von ausländischen Zwangsarbeiter:innen, die Behandlung insbesondere der sowjetischen Kriegsgefangenen sowie zwölf Jahre massiver antisowjetischer Propaganda führten, so Merson, zu der weit verbreiteten Überzeugung, dass „ein Sieg der antifaschistischen Mächte die totale Zerstörung Deutschlands bedeuten würde, und daß einem nichts blieb, wofür man arbeiten oder worauf man hoffen konnte“ (S. 277/278).

Das Erbe des kommunistischen Widerstands sieht Merson, er schreibt dies 1985, in der DDR aufgehoben, die kein wurzelloses Gebilde sei, das aus der Besetzung der Sowjetunion hervorgegangen sei, sondern seine Wurzeln in der Erfahrung der deutschen Arbeiterklasse habe und vor allem in deren Widerstandsbewegung gegen die Nazityrannei. Allerdings habe das deutsche Volk sich nicht selbst vom Faschismus befreien können, dies haben ausländische Mächte getan. Die deutschen Kommunisten haben ihr Programm unter Bedingungen umsetzen müssen, die andere für sie geschaffen haben und zudem in einem geteilten Deutschland. Merson schließt mit der Erkenntnis der Begrenzung seines Werks durch die Quellenlage: „Die ganze Geschichte des kommunistischen Widerstands wird man nie erfahren. Aber was bekannt ist, reicht aus, um klar herauszustellen, daß es sich nicht um die Geschichte einiger weniger Heldinnen und Helden handelt (…), sondern um einen ungebrochenen, zwölf Jahre währenden Kampf von vielen tausend einfachen, arbeitenden Menschen. Das stellt das moralische Erbe der Partei dar (…).“ (S. 295)

Es ist erfreulich, dass diese einzige, umfassende Darstellung des Widerstandes der KPD in Nazi-Deutschland wieder zugänglich ist. Den Brückenschlag von 1985 zu heute unternimmt ein aktuelles Vorwort von Ralf Jungmann, auch die früheren Vorworte sind enthalten. Zugleich entschuldigt sich der Verlag dafür, das aufgrund fehlender Druckvorlagen ein 1:1-Nachdruck der ersten deutschen Ausgabe von 1999 nicht möglich war und diese Ausgabe nur aufgrund der „in verschiedenen Stadien der redaktionellen Endbearbeitung fertiggestellten Textdateien“ (S. 6) zustande kam, die anhand des gedruckten Buches sorgfältig überprüft worden sind. Auf dieses Buch aufmerksam gemacht hat mich übrigens diese Besprechung in der „antifa“, dem Magazin der VVN-BdA für antifaschistische Politik und Kultur.

„Wer nicht feiert, hat verloren!“ – Aktionswoche 8. Mai erfolgreich gestartet!

Fahrräder und Abstand – auch hier beim Zwischenstopp auf dem Heinrich-König-Platz, wo es um Widerstand aus den Reihen der katholischen und evangelischen Kirche ging.

Als Erfolg kann das Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung den Start der Aktionswoche am heutigen 2. Mai verbuchen. Etwa 20 radfahrende Teilnehmende begleiteten den Referenten auf der Tour quer durch die Stadt Gelsenkirchen. Auch das Wetter hielt was der Wetterbericht versprochen hatte. Lediglich am Startpunkt gab es ein oder zwei Minuten Regen sowie zwischendurch einmal ein paar Regentropfen.

Begleitet wurde die Fahrrad-Demo, die an verschiedenen Orten an den Widerstand von Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener erinnerte, von sechs radfahrenden Polizeibeamtinnen und -beamten, die dafür sorgten, dass der Autoverkehr dem Fahrrad-Korso nicht zu nahe kam. Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle ganz herzlich für den freundlichen Einsatz der Polizei.

Startpunkt war die Goldbergstraße 84 in Buer vor dem Haus der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, wo zugleich an die Zerschlagung der freien Gewerkschaften am 2. Mai 1933 durch die Nazis erinnert wurde. Von dort aus ging es zu insgesamt neun Orten, die an den Widerstand in Gelsenkirchen erinnern. Zunächst in Buer zur Schlenkhoffstraße, die an den Widerstand vor 1933 und aus der SPD erinnert, und dann in einer längeren Fahrt nach Horst zum Rudolf-Bertram-Platz vor dem St.-Josef-Hospital, der an den Retter von 17 jüdischen Zwangsarbeiterinnen erinnert. In Horst wurden noch Stolpersteine für den kommunistischen Widerstandskämpfer Johann Eichenauer in der Schlangenwallstraße und für den belgischen Zwangsarbeiter Charles Ganty Am Bugapark aufgesucht.

Auch in der Schlenkhoffstraße hieß es Abstand halten, während der Referent über den Widerstand vor 1933 und der SPD berichtete.

Von dort ging es wieder mit einer längeren Strecke in den Stadtteil Schalke, hier erinnern zwei Stolpersteine in der Liebfrauenstraße an die beiden kommunistischen Widerstandskämpfer Rudolf Littek und Fritz Rahkob, wobei auch die Ehefrau Emma Rahkob nicht vergessen wurde. Über das Alfred-Zingler-Haus im Stadtteil Bulmke, wo eine Erinnerungsortetafel an das sozialdemokratische Ehepaar Margarethe und Alfred Zingler erinnert, ging es in die Innenstadt, vorbei am Margarethe-Zingler- und Fritz-Rahkob- auf den Heinrich-König-Platz. Hier wurde an den Widerstand aus der katholischen wie der evangelischen Kirche erinnert und an den Ernst-Käsemann-Platz im Stadtteil Rotthausen hingewiesen, der zu weit außerhalb lag und daher nicht in die Tour aufgenommen wurde. Nach dem Stolperstein für Erich Lange, einem jungen Mann der bereits im Sommer 1932 von der SS zum kommunistischen Kampfbund gegen den Faschismus übergetreten war, ging es zum letzten Halt am Werner-Goldschmidt-Salon, der an den jüdischen Widerstandskämpfer Werner Goldschmidt erinnert.

In der Liebfrauenstraße in Schalke standen zwei kommunistische Widerstandskämpfer für die hier Stolpersteine verlegt sind im Mittelpunkt.

Als weitere Aktivitäten sind zwei Online-Podiumsdebatten zur Historischen Verantwortung am 7. Mai sowie zum aktuellen faschistischen Terror am 8. Mai vorgesehen, sowie drei Stadtrundgänge in Gelsenkirchen, Buer und Horst am 9. bzw. 13. Mai. Zwei geplante Filmvorführungen, die vor den Podiumsdiskussionen geplant waren, musste das Bündnis leider auf einen späteren Termin verschieben, da sie unter den derzeitigen Einschränkungen nicht durchgeführt werden können. Eine Programmübersicht (Flyer) kann von der Seite der VVN-BdA Gelsenkirchen heruntergeladen werden.

Fotos Marco Langfeldt

„Wer nicht feiert, hat verloren!“ – Aktionswoche 8. Mai beginnt am 2. Mai mit einer Fahrrad-Demo zum Widerstand in Gelsenkirchen

Mit einer Fahrrad-Demo von Gelsenkirchen-Buer über Horst, Schalke und Bulmke in die Innenstadt von Alt-Gelsenkirchen beginnt am morgigen 2. Mai das Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung seine Aktionswoche um den 8. Mai. Wie schon im letzten Jahr unterstützt das Bündnis die Forderung von Esther Bejarano, Überlebende des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, des Konzentrationslagers Ravensbrück und eines Todesmarsches, den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus zum bundesweiten Feiertag zu erheben. Nach der kontaktlosen Menschenkette im vergangenen Jahr will das Bündnis in diesem Jahr mit einer Reihe von Aktionen zeigen, wie ein solcher Feiertag als Bildungstag genutzt werden kann. Die Fahrrad-Demo „Widerstand in Gelsenkirchen gegen den Faschismus“ ist ein Teil davon.

Startpunkt ist die Goldbergstraße 84 vor dem Haus der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, wo zugleich an die Zerschlagung der freien Gewerkschaften am 2. Mai 1933 durch die Nazis erinnert werden wird. Danach geht es zu insgesamt neun Orten, die an den unterschiedlichen Widerstand in Gelsenkirchen erinnern. Zunächst in Buer zur Schlenkhoffstraße, die an den Widerstand vor 1933 und aus der SPD erinnert, und dann in einer längeren Fahrt nach Horst zum Rudolf-Bertram-Platz vor dem St.-Josef-Hospital, der an den Retter von 17 jüdischen Zwangsarbeiterinnen erinnert. In Horst werden noch Stolpersteine für den kommunistischen Widerstandskämpfer Johann Eichenauer und für den belgischen Zwangsarbeiter Charles Ganty aufgesucht.

Einer der Zwischenhalte ist die Schlenkhoffstraße in Gelsenkirchen-Buer.

Von Horst geht es weiter in den Stadtteil Schalke, hier erinnern zwei Stolpersteine in der Liebfrauenstraße an die beiden kommunistischen Widerstandskämpfer Rudolf Littek und Fritz Rahkob, wobei auch die Ehefrau Emma Rahkob nicht vergessen werden wird. Über das Alfred-Zingler-Haus, wo eine Erinnerungsortetafel an das sozialdemokratische Ehepaar Margarethe und Alfred Zingler erinnert, geht es in die Innenstadt zum Heinrich-König-Platz. Hier wird an den Widerstand aus der katholischen wie der evangelischen Kirche erinnert und an den Ernst-Käsemann-Platz im Stadtteil Rotthausen hingewiesen, der leider nicht in die Tour aufgenommen werden konnte. Nach dem Besuch des Stolpersteins für Erich Lange, einem jungen Mann der vor der Machtübertragung an die Nazis 1933 von der SS zum Kampfbund gegen den Faschismus übergetreten war, geht es zum letzten Halt vor dem Werner-Goldschmidt-Salon, der an einen jüdischen Widerstandskämpfer erinnert.

Die Strecke ist sehr anspruchsvoll, sie umfasst etwa 20 Kilometer und schon die reine Fahrtzeit ohne Zwischenhalte würde schon bei einer gemächlichen Fahrt rund 90 Minuten dauern. Beginn der Fahrrad-Demo ist 10.30 Uhr in Buer, die Abfahrt ist für 11.00 Uhr geplant. Voraussichtliche Ankunft in Gelsenkirchen ist für etwa 14 Uhr geplant, im Werner-Goldschmidt-Salon wird es die Möglichkeit geben, die Toilette zu benutzen.

Die Demonstration ist von der Polizei genehmigt und wird mit den üblichen Hygienemaßnahmen (Abstand halten, Mundschutz während der Zwischenhalte) durchgeführt. Kurze Ansprachen während der Zwischenhalte werden über ein Megafon erfolgen, damit die Abstände auch eingehalten werden können. Ferner ist geplant, diese Tour später auch als individuelle Tour im Internet anzubieten.

Als weitere Aktivitäten sind zwei Online-Podiumsdebatten zur Historischen Verantwortung am 7. Mai sowie zum aktuellen faschistischen Terror am 8. Mai vorgesehen, sowie drei Stadtrundgänge in Gelsenkirchen, Buer und Horst am 9. bzw. 13. Mai. Zwei geplante Filmvorführungen, die vor den Podiumsdiskussionen geplant waren, musste das Bündnis leider auf einen späteren Termin verschieben, da sie unter den derzeitigen Einschränkungen nicht durchgeführt werden können. Eine Programmübersicht (Flyer) kann von der Seite der VVN-BdA Gelsenkirchen heruntergeladen werden, weitere Informationen und eine Übersicht sind hier zu finden.

Erinnerungsorte auf dem Horster Süd-Friedhof

Am 9. November 2003 übergab der damalige Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) im Rahmen der jährlichen Gedenkfeier der Demokratischen Initiative (DI) die Informationstafel der Öffentlichkeit, die den anonymen Opfern ihren Namen wiedergibt.

In diesem Jahr jähren sich zum 75. Mal die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 und die Befreiung Europas vom Faschismus am 8. Mai 1945 sowie zum 100. Mal der Kapp-Putsch vom 13. März 1920 und die darauffolgende Märzrevolution 1920. Auf dem Friedhof Horst-Süd befinden sich drei Denkmale aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, die an die Ereignisse erinnern. Die Fotos entstanden im Rahmen der Antifaschistischen Stadtrundfahrt, die Die Linke am 26. Januar 2020 im Rahmen der Aktionswochen zum Holocaust-Gedenktag des Gelsenkirchener Aktionsbündnisses gegen Rassismus und Ausgrenzung durchführte.

Wie überall in Nazi-Deutschland wurden auch in Gelsenkirchen an vielen Orten sowjetische Kriegsgefangene und andere Sowjetbürgerinnen und -bürger Opfer der faschistischen Ausbeutungs- und Vernichtungspolitik (siehe zum Beispiel hier, hier und hier). Auf dem Gelände des in der Nacht vom 12./13. Juni 1944 stark beschädigten Jüdischen Friedhofs der Horster Juden aus dem Jahre 1920 wurden Massengräber angelegt, in denen Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion beerdigt wurden, die zum Beispiel auf der Zeche Nordstern oder im Hydrierwerk der Gelsenberg Benzin AG Zwangsarbeit leisten mussten. Nach Kriegsende wurden hierhin weitere sowjetische Tote umgebettet. Auf Veranlassung des Alliierten Kontrollrates, der die Regierungsgewalt nach der bedingungslosen Kapitulation Nazi-Deutschlands übernommen hatte, wurde der Gedenkstein aufgestellt, der in kyrillischer Schrift an die 884 sowjetische Bürger erinnert, „die in der faschistischen Gefangenschaft in der Zeit von 1941 bis 1945 umgekommen sind“. Die genaue Zahl war erst 1970 nachgetragen worden.

Grabstätte für sowjetische Zwangsarbeiter aus der unmittelbaren Nachkriegszeit.

Zu den kriegswichtigen Betrieben gehörte die Gelsenberg Benzin AG (heute BP). 1936 als Tochtergesellschaft der Gelsenkirchener Bergwerks-AG gegründet, lieferte es ab Sommer 1939 Benzin mit Kohle aus der Schachtanlage Nordstern 3/4. Während des alliierten Luftangriffs vom 13. Juni 1944 wurde das Hydrierwerk so schwer getroffen, dass die Produktion gestoppt wurde. Für die Beseitigung der Schäden wurde eines der vielen Außenlager des KZ Buchenwald eingerichtet. Mit etwa 2000 ungarische Jüdinnen, die nach der deutschen Besetzung Ungarns im März 1944 zuerst ghettoisiert und nach Auschwitz deportiert worden waren, wurde das KZ-Außenlager am 4. Juli 1944 errichtet. Untergebracht waren sie nördlich des Linnenbrinksweg auf dem Betriebsgelände des Werkes in Zelten in einem mit Stacheldraht umzäunten und von Wachtürmen umgebenen Lager. Die Mädchen und Frauen mussten bei karger Ernährung 12 Stunden täglich harte körperliche Zwangsarbeit verrichten.

Grab und Mahnmal KZ Buchenwald Außenlager Gelsenberg (1948).

Bereits im August wurden 520 Frauen in ein weiteres Buchenwalder KZ-Außenlager in der Essener Humboldtstraße für die Zwangsarbeit in den Krupp-Walzwerken selektiert. Am 11. September 1944 wurden die hier verbliebenen Frauen Opfer eines weiteren Luftangriffs auf das Hydrierwerk, dabei kamen etwa 150 ums Leben und etwa 100 weitere von ihnen wurden verletzt. Dies lag nicht zuletzt daran, dass den jüdischen Frauen der Zutritt zu den Schutzbunkern verboten war und sie dem Bombenhagel schutzlos ausgeliefert waren. Das Lager wurde schließlich am 14./15. September 1944 aufgelöst und die Frauen für die Firma Rheinmetall Borsig AG nach Sömmerda in Thüringen deportiert. Im Marien-Hospital in Gelsenkirchen-Rotthausen konnten dank des Einsatzes des Chefarztes Dr. Rudolf Bertram und mit Hilfe von Krankenschwestern und Unterstützern 17 schwerverletzte Frauen vor der Gestapo versteckt werden und erlebten so die Befreiung vom Faschismus.

Am 16. September 2018 wurde das Mahnmal mit einer Skulptur ergänzt, die von angehenden Steinmetzen des Hans-Schwier-Berufskollegs Gelsenkirchen erarbeitet und gefertigt worden war.

Die sterblichen Überreste der ums Leben gekommenen Frauen wurden zunächst auf dem Lagergelände verscharrt, am 14. Juli 1948 wurde hier durch das jüdische Hilfskomitee der Gedenkstein aufgestellt. In den 1950er Jahren wurde das Mahnmal auf den Horster Süd-Friedhof verlagert und die sterblichen Überreste der Frauen umgebettet. Am 9. November 2003 übergab der damalige Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) im Rahmen der jährlichen Gedenkfeier der Demokratischen Initiative (DI) die Informationstafel der Öffentlichkeit, die den anonymen Opfern ihre Namen wiedergibt. Am 16. September 2018 wurde das Mahnmal mit einer Skulptur ergänzt, die von angehenden Steinmetzen des Hans-Schwier-Berufskollegs Gelsenkirchen erarbeitet und gefertigt worden war. Aus Anlass des 75. Jahrestages der Selbstbefreiung des KZ Buchenwalds wird die VVN-BdA NRW gemeinsam mit ihren Kreisvereinigungen am 18./19. April 2020 Veranstaltungen an mehreren Außenlagern des KZ Buchenwalds an Rhein und Ruhr durchführen.

Das sogenannte „Kapp-Putsch-Mahnmal“, 1947/48 von der VVN errichtet, hier in sehr schlechtem Zustand.

An den Arbeiterwiderstand gegen den Faschismus des Jahres 1920 und der Jahre 1933 bis 1945 erinnert schließlich das 1947/48 von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) errichtete Denkmal. Es wird vom Institut für Stadtgeschichte (ISG) – nicht überraschend – als „Kapp-Putsch-Mahnmal“ bezeichnet. Tatsächlich erinnert es erneut an die 1920 im Anschluss an den Kapp-Putsch von rechtsradikalen Freikorps ermordeten Mitglieder der „Roten Ruhrarmee“ (das ursprüngliche Denkmal war von den Nazis zerstört worden) und an Horster Widerstandskämpfer 1933-1945, insbesondere der Franz-Zielasko-Gruppe. Eine jährliche Gedenkveranstaltung an die Märzrevolution 1920 führen hier seit Jahren MLPD & Freunde durch, in diesem Jahr ist anlässlich der 100. Jahrestages eine gemeinsame Veranstaltung von DKP, Die Linke und MLPD geplant. Details liegen noch nicht vor.

Quellen und weiterführende Informationen
https://www.gelsenkirchener-geschichten.de/wiki/Friedhof_Horst-Süd
http://www.gelsenzentrum.de/gelsenberg_lager.htm
https://www.lokalkompass.de/gelsenkirchen/c-kultur/das-kz-aussenlager-buchenwald-in-gelsenkirchen-horst_a88752

Widerstand und Verfolgung, Geschichte und Gegenwart – Eindrücke in Berlin 2018

Berlin 2018: Fernsehturm am Alexanderplatz. Am Alexanderplatz begann die große „unteilbar“-Demonstration, mit 240.000 Demonstranten eine der größten jüngeren Demonstrationen.

Zum (ich musste hier nachschauen) inzwischen fünften Mal fuhren die DGB-Jugend aus Mühlheim, Essen und Oberhausen und die Essener VVN-BdA gemeinsam zu einem Ort des Nazi-Terrors. Das ehemalige KZ Sachsenhausen nördlich von Berlin gelegen war eines der Ziele der Fahrt nach Berlin am vergangenen Wochenende. Auf dem Programm standen noch eine Führung durch die Gedenkstätte Deutscher Widerstand mit einem Gespräch mit Hans Coppi jr. Nicht geplant aber spontan beschlossen war unsere Teilnahme an der überwältigenden Demonstration „#unteilbar“ die sich vom Alexanderplatz zur Siegessäule hinzog.

Bemerkenswert war wie schon bei den früheren Gedenkstättenfahrten das Interesse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, mehrere besuchten zum ersten Mal eine Gedenkstätte.

In der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.

Gedenkstätte (und Museum) Sachsenhausen liegt nördlich von Berlin in der Kreisstadt Oranienburg. Die Gedenkstätte erinnert im wesentlichen an das Konzentrationslager Sachsenhausen, welches die Nazis im Juli 1936 von den Häftlingen errichten ließen. In den 68 Baracken und zahllosen Außenlagern wurden im Verlauf des Krieges 200.000 Häftlinge aus 47 Nationen eingepfercht. Zehntausende starben von der SS gewollt durch Hunger, Krankheiten, Misshandlungen und Zwangsarbeit. 1941 wurden 18.000 sowjetische Kriegsgefangene in der Genickschussanlage systematisch im Vier-Minutentakt ermordet.

Eingang zur Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, früher Eingang in das Konzentrationslager, mit dem zynischen Schriftzug „Arbeit macht frei“.

Neben dem Häftlingslager, welches heute Gedenkstätte und Museum bildet, errichtete die SS hier die zentrale Inspektion der Konzentrationslager, der alle KZs unterstanden. Sachsenhausen war zudem Ausbildungsstätte für die SS-Totenkopfverbände, den Wachmannschaften der KZs. Für die wirtschaftliche Ausbeutung der Häftlinge wurden SS-eigene Betriebe errichtet. Neben dem eigentlichen KZ entstand so ein gigantischer SS-Komplex.

Gerd Hoffmann erläutert den jungen Gewerkschaftern am Modell den Aufbau und die gigantischen Ausmaße des SS-Komplexes.

Durch die Gedenkstätte führten uns in zwei Gruppen die beiden VVN-BdA-Mitglieder Dorit und Gerd Hoffmann aus Frankfurt/Oder. Sie zeigten uns die baulichen Überreste und schilderten den Alltag der Häftlinge und die Brutalität der SS-Männer. In Erinnerung geblieben ist mir die „Schuhprüfstrecke“, auf der Häftlinge bis zur völligen Erschöpfung Schuhmaterial für die Wehrmacht und später auch für die private Firma Salamander erproben mussten.

Blick in die zentrale Dauerausstellung.

In der ehemaligen Häftlingsküche ist die Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers untergebracht. Wichtige Stationen sind die Errichtung des KZ 1936, die Masseneinlieferungen deutscher (nach Nazi-Kriterien) jüdischer Männer nach dem Novemberpogrom 1938 in das „Kleine Lager“, die Veränderungen mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 und der erste Hungerwinter, der Massenmord an sowjetischen Kriegsgefangenen 1941 und der Ausbau des Systems der Außenlager ab 1942/43, sowie schließlich das Kriegsende mit Todesmärschen zur „Evakuierung“ der Konzentrationslager und Befreiung.

Während der Kranzniederlegung für die im KZ ermordeten Gewerkschafter.

Im Komandanturbereich der SS – vor dem Einganz zum Häftlingslager – befinden sich heute verschiedene Gedenksteine. Am Denkmal für die ermordeten Gewerkschafter legten wir einen Kranz nieder. In seiner kurzen Ansprache verband Jan Mrosek, DGB-Jugendsekretär, die Vergangenheit mit der Gegenwart und erinnerte daran, dass die Nazis uns alle als aktive Gewerkschaftler in das KZ eingesperrt hätten. Einen weiteren Bezug zur Gegenwart stellten Dorit und Gerd Hoffmann her, als sie berichteten, dass in den 1990er Jahren Neonazis versucht hätten, zwei mit Originalteilen rekonstruierten Baracken des „Kleinen Lagers“, durch Brandschatzung zu vernichten. In den Baracken wird an Verfolgung und Ermordung jüdischer Menschen erinnert, was den antisemitischen Neonazis offenbar nicht gefiel.

Gedenkstätte Sachsenhausen 2018.

Verändert hatte sich die Gedenkstätte seit meinem Besuch im Jahr 2000 an zwei auffallenden Stellen. Der „Ringwall“, der die erste Reihe der Baracken symbolisierte und den ehemaligen Appellplatz vom Lager trennte, war bereits damals baufällig gewesen und wurde in der Zwischenzeit abgerissen. Nun öffnet sich für den Besucher die große Fläche des Lagers. Auch die damals von mir so empfundene Parklandschaft hatte sich verändert, da nun die mit Schotter gefüllten Grundrisse der Baracken einen Teil der Rasenfläche einnahmen.

Gedenkort Station Z vor den baulichen Überresten der Gaskammer und der Krematorien.

Im Gegensatz zu 2000 konnten wir die sogenannte „Station Z“ besuchen, die Gaskammer und das Krematorium des Konzentrationslagers. Hier zeigte sich noch einmal der Zynismus der SS, die den Eingang ins Lager mit „Tor A“ bezeichnete, und das von ihnen für alle Häftlinge gewünschte Ende mit „Station Z“, dem letzten Buchstaben des Alphabets.

Spontan nahmen wir nach dem Besuch der Gedenkstätte an der Demonstration „#unteilbar“ für eine offene und freie Gesellschaft teil und stellten einmal mehr eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart her.

Am folgenden Tag besuchten wir die Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Ursprünglich als „Gedenkstätte 20. Juli“ gegründet, zeigt sie heute beispielhaft die ganze Breite des Widerstandes gegen den Faschismus. Hans Coppi jr führte uns durch die Ausstellung und stand am Ende für Fragen zur Verfügung.

Hans Coppi jr. erläutert die Ausstellung in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.

Natürlich interessierte uns im Besonderen sein persönlicher Lebensweg. Hans Coppi jr. wurde im Polizeigefängnis geboren und wuchs bei seinen Großeltern auf, da seine Eltern, Hilde und Hans Coppi, als Widerstandskämpfer der von den Nazis als „Rote Kapelle“ bezeichneten Widerstandsgruppe ermordet worden waren. Hans antwortete auf unsere Fragen und berichtete auch über seinen Lebensweg und wie er dazu kam, sich nach Jahrzehnten mit der Roten Kapelle zu beschäftigen.

Ausstellungsdetail zu Hilde und Hans Coppi, den Eltern von Hans Coppi jr.

Fazit: Besuche von ehemaligen Konzentrationslagern sind und bleiben wichtig. Sie erinnern uns, wohin Faschismus führen kann. Sie motivieren uns, heute besonders wachsam zu sein gegenüber Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus. Niemals darf sich Ähnliches wiederholen.

Besuch des niederländischen Befreiungsmuseums Groesbeek

„Nationaal Bevrijdingsmuseum 1944-1945“ Groesbeek. Blick in die Ausstellung.

Aus niederländischer Sicht thematisiert das „Nationaal Bevrijdingsmuseum 1944-1945“ im nahe der deutschen Grenze gelegenen Groesbeek die Zeit der Besetzung durch Nazi-Deutschland und die Befreiung in den Jahren 1944/45 durch alliierte Truppen. Neben der Dauerausstellung beherbergt das Museum derzeit eine Sonderausstellung zum kommunistischen Widerstand. Organisiert von der VVN-BdA Düsseldorf besuchten wir mit etwas über 20 Personen am Sonntag, 7. Oktober 2018 das Museum. Es wird in hohem Maße durch ehrenamtliche Helfer betreut. Zwei von ihnen führten uns durch die Ausstellung und teilten dabei auch sehr persönliche Ansichten mit.

Das Museum zeigt in vielfältigen Ausstellungsstücken und medialen Darstellungen anschaulich die Geschichte der Vorkriegszeit mit der niederländischen Sicht auf Nazi-Deutschland, die Zeit der Besetzung der Niederlande und schließlich der Befreiung in den Jahren 1944/45 mit ihren Auswirkungen auf die Bevölkerung. Die Ausstellung ist um hohe Anschaulichkeit bemüht und will durch die Beschäftigung mit der Geschichte die aktuelle Bedeutung von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten zeigen. Die Beschriftung ist dreisprachig, niederländisch, englisch und deutsch. Die Farbe rot kennzeichnet den Ausstellungsteil zur Besatzungszeit, die Farbe blau den Teil der Ausstellung, der die Zeit der Befreiung in den Jahren 1944/45 zeigt.

„Nationaal Bevrijdingsmuseum 1944-1945“ Groesbeek. Anschauliche Darstellung des Kriegsverlaufs.

Erstmalig erfuhr ich hier von der militärischen Operation „Market Garden“. Mittels einer groß angelegten Luftlandeoperation kombiniert mit einem Vorrücken der Landstreitkräfte versuchten die westlichen Allierten, die nach der Landung in der Normandie im Juni 1944 bereits weit nach Westen vorgedrungen waren, ab dem 17. September 1944 die Brücken über die Wasserstraßen im Südosten der Niederlande einzunehmen. Rund um Groesbeek und Nimwegen landeten dabei etwa 8.000 amerikanische Fallschirmjäger. Doch war die Aktion nur teilweise erfolgreich, erst mit der großen Rheinlandoffensive im Februar 1945 gelang im weiteren Verlauf des Krieges die Befreiung der Niederlande.

„Nationaal Bevrijdingsmuseum 1944-1945“ Groesbeek. Sonderausstellung zum kommunistischen Widerstand.

Neben der Dauerausstellung besuchten wir auch die aktuelle Sonderausstellung, die sich mit dem kommunistischen Widerstand gegen die deutsche Besetzung beschäftigte. Die Kommunistische Partei der Niederlande (CPN), die heute im politischen Leben unseres Nachbarlandes keine Rolle mehr spielt, unterstützte bereits in den 1930er Jahren den Widerstand in Deutschland und wandelte sich mit der Besetzung durch Nazi-Deutschland in eine Widerstandsorganisaion. Die Ausstellung stellt anschaulich die Geschichte des Widerstands und der Zeit nach 1945 dar. Nach einem kurzen Aufschwung verlor die CPN angesichts des Antikommunismus im Kalten Krieg und durch die Parteinahme für die Unabhängigkeit der Kolonie Niederländisch-Indien an Bedeutung.

„Nationaal Bevrijdingsmuseum 1944-1945“ Groesbeek. Sonderausstellung zum kommunistischen Widerstand mit dem Beispiel der Hannie Schaft.

Die Sonderausstellung ist noch bis zum 28. Oktober 2018 zu sehen.

Erinnerung an Widerstand und Verfolgung in Gelsenkirchen

Fast 30 Jahre alt: Gedenktafel auf dem Fritz-Rahkob-Platz aus dem Jahre 1987 (Foto Juni 2016).

Fast 30 Jahre alt: Gedenktafel auf dem Fritz-Rahkob-Platz aus dem Jahre 1987.

Rede von Knut Maßmann für die VVN-BdA Gelsenkirchen auf dem Fritz-Rahkob-Platz am 24.08.2016

Liebe Anwesende,

insgesamt vier innerstädtische Plätze wurden zwischen 1986 und 1988 nach Opfern und Gegnern des Nazi-Regimes benannt, um dauerhaft an Widerstand und Verfolgung in Gelsenkirchen zu erinnern.

Außer dem Fritz-Rahkob-Platz sind dies noch der Margarethe-Zingler-Platz, der Heinrich-König-Platz und der Leopold-Neuwald-Platz. Diese vier Plätze stehen stellvertretend für den kommunistischen, den sozialdemokratischen und den christlichen Widerstand sowie für die Verfolgung der jüdischen Gelsenkirchener.

Heute stehen wir am 72. Jahrestag seiner Ermordung auf dem Fritz-Rahkob-Platz. Wir wollen an ihn und an seinen Kampf gegen den Faschismus erinnern.

Friederich Rahkob wurde am 25. Juli 1885 in der damals selbständigen Gemeinde Rotthausen geboren. Er erkannte früh, dass in der Industrie des Ruhrgebiets höhere Löhne als in der Landwirtschaft gezahlt wurden. Als Bergmann wurde Fritz Rahkob 1905 in einer Arbeiterbewegung aktiv, die noch nicht in Sozialdemokraten und Kommunisten gespalten war. Nach einer zweijährigen Militärzeit im 1. Weltkrieg, die wegen einer Verwundung 1916 endete, kehrte er in seinen alten Beruf zurück und wurde während der Revolution 1918 Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates in Rotthausen und 1920 Mitglied der KPD, der Kommunistischen Partei Deutschlands.

Seit der Eingemeindung Rotthausens 1924 nahm Fritz Rahkob an den Arbeiterkämpfen in Gelsenkirchen teil, wurde Mitglied im Einheitsverband der Bergarbeiter in der RGO, der KPD-nahen Gewerkschaft. Nach einem schweren Arbeitsunfall musste er die Arbeit im Bergbau aufgeben. Die kommunistische Tageszeitung „Ruhr-Echo“ beschäftigte ihn erst als Kassierer, später im Versand.

Mit Beginn der Machtübernahme der Nazis im Jahre 1933 verbrachte der bekannte Kommunist Fritz Rahkob die Jahre von 1933 bis 1938 wie viele seiner Genossen in sogenannter „Schutzhaft“. Seine Ehefrau Emma Rahkob beteiligte sich während der Haft ihres Mannes aktiv am Widerstand. Dafür wurde sie am 20. November 1934 zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Entlassung arbeitete Fritz Rahkob auf der Baustelle eines Düsseldorfer Unternehmens und lernte Franz Zielasko kennen.

Franz Zielasko, Bergmann aus Gladbeck, Kämpfer in der „Roten Ruhrarmee“ 1920 gegen Kapp-Putsch und Freikorps, Mitglied erst der USPD (1918) und der SPD (1922) und später der KPD (1926/27), emigrierte 1932 in die Sowjetunion. Er kämpfte 1937 bis 1939 im Spanischen Bürgerkrieg gegen die Franco-Putschisten und wurde im März 1943 von der Sowjetunion mit dem Fallschirm über Polen abgesetzt, um im Ruhrgebiet Kontakt mit Gleichgesinnten aufzunehmen. In der festen Überzeugung, man müsse den Krieg und den Faschismus aktiv bekämpfen, schloss sich Rahkob der Widerstandsgruppe um Franz Zielasko an, der in mehreren Städten Kontakte knüpfte. Die Gruppe wurde verraten, im August 1943 verhaftete die Gestapo 45 Antifaschisten, darunter auch Fritz Rahkob.

Franz Zielasko wurde schon bei den Verhören brutal zu Tode gefoltert. Fritz Rahkob und andere Kameraden wurden wegen „Vorbereitung zum Hochverrat u.a.“ vom sogenannten „Volksgerichtshof“ zum Tode verurteilt. Am 24. August 1944 erfolgte in Stuttgart Rahkobs Hinrichtung durch Enthauptung, mit der zynischen Begründung, die Angeklagten seien es nicht wert, mit einer Kugel erschossen zu werden. Am Tag der Hinrichtung wurde auch seine Frau Emma verhaftet und erfuhr im Gestapo-Gefängnis von der Hinrichtung ihres Mannes. Kurz vor der Deportation in ein Konzentrationslager wurde sie von alliierten Truppen aus dem Münchener Polizeigefängnis befreit.

Rahkobs Kopf bewahrten die Nazis in Spiritus auf. Nach der Einäscherung am 1. Juli 1947 in Reutingen wurde die Urne von alliierte Soldaten nach Gelsenkirchen überführt, wo sie am 14. September 1947 feierlich auf dem Rotthauser Friedhof beigesetzt wurde.

Die Stadt Gelsenkirchen tat sich – wie übrigens die gesamte alte Bundesrepublik Deutschland – lange Zeit äußerst schwer mit der Erinnerung an kommunistische Widerstandskämpfer gegen Nazi-Deutschland. Erst 1987, über 30 Jahre nach dem Ende der Nazi-Herrschaft, und im nächsten Jahr genau 30 Jahre her, benannte der Rat der Stadt Gelsenkirchen diesen Platz nach Fritz Rahkob. Auf der Gedenktafel könnt ihr lesen: „Fritz Rahkob, kommunistischer Widerstandskämpfer, wurde am 24. August 1944 durch die Terrorjustiz des Naziregimes hingerichtet.“

Fritz Rahkob hat die Befreiung vom Faschismus im Jahre 1945 nicht mehr erlebt. Wir können uns heute glücklich schätzen, den Faschismus an der Macht nicht am eigenen Leib erlebt zu haben. Desto wachsamer müssen wir auf das Auftreten alter und neuer Nazis reagieren, in welcher Verkleidung sie auch immer erscheinen.

Lasst mich mit einem Zitat Theodor W. Adornos schließen, der, katholisch getauft, erst von den Nazis mit ihren sogenannten „Rassegesetzen“ zum Halbjuden gemacht wurde: „Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten.“

Vielen Dank!

Gedenken auf dem Fritz-Rahkob-Platz

Fast 30 Jahre alt: Gedenktafel auf dem Fritz-Rahkob-Platz aus dem Jahre 1987 (Foto Juni 2016).

Fast 30 Jahre alt: Gedenktafel auf dem Fritz-Rahkob-Platz aus dem Jahre 1987 (Foto Juni 2016).

Am 24. August 2016 erinnert die VVN-BdA Gelsenkirchen ab 18 Uhr an den mutigen Widerstandskämpfer Fritz Rahkob. Fritz Rahkob wurde am 24. August 1944 durch die Terrorjustiz des Naziregimes hingerichtet. Der Fritz-Rahkob-Platz zwischen Hans-Sachs-Haus und Bildungszentrum erinnert seit 1987 an den kommunistischen Widerstandskämpfer.

Insgesamt vier innerstädtische Plätze wurden zwischen 1986 und 1988 nach Opfern und Gegnern des NS-Regimes benannt, neben dem Fritz-Rahkob-Platz sind dies noch der Margarethe-Zingler-Platz, der Heinrich-König-Platz und der Leopold-Neuwald-Platz. Die vier Plätze stehen stellvertretend für den kommunistischen, den sozialdemokratischen und den christlichen Widerstand sowie für die Verfolgung der jüdischen Gelsenkirchener.

Im Rahmen der Gedenkveranstaltung unterstützt die VVN-BdA auch den von Andreas Jordan gestellten Antrag, einen fünften innerstädtischen Platz nach dem am 13. August 1943 im KZ Auschwitz ermordeten Gelsenkirchener Sintikind Rosa Böhmer, in Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma, zu benennen.

Widerstand und Verfolgung in Duisburg 1933-1945

Anlässlich der Sitzung des Landesausschusses der nordrhein-westfälischen VVN-BdA gab es die Gelegenheit, die Ausstellung zu Widerstand und Verfolgung in Duisburg 1933-1945 anzusehen. Die Sitzung fand aus aktuellem Anlass im Duisburger Stadtteil Kaßlerfeld statt, nachdem das Immobilienmanagement der Stadt Duisburg der Duisburger VVN-BdA die Räume in den beiden Pavillions auf dem Gelände der Grundschule Wrangelstraße gekündigt hatte. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen.

Blick in einen der beiden Ausstellungsräume

Blick in einen der beiden Ausstellungsräume

Die Bezeichnung der Ausstellung variiert: Vor dem rückwärtigen Eingang zum Schulgelände wird auf die Ausstellung mit einem Schild „Tatort Duisburg 1933-1945“ hingewiesen. Auf der Eingangstür selbst ist „Dokumentationszentrum Wilhelmine Struth/Mathias Thesen“ zu lesen. Dessen ungeachtet handelt es sich um eine der bemerkenswertesten und ungewöhnlichsten Ausstellungen, die ich bislang gesehen habe.

Teile der Ausstellung zu Frauen im Widerstand

Teile der Ausstellung zu Frauen im Widerstand

Bestehen Ausstellungen für gewöhnlich aus großen Tafeln mit Bildern und Texten in einheitlichem und professionell wirkendem Layout, zeigt sich die Duisburger Ausstellung in abwechslungsreicher Gestaltung der Tafeln mit erkennbaren selbstgemachten Anteilen. Bilder, Texte, Überschriften, Kopien von Dokumenten und Zeitungsartikeln wurden zusammenmontiert und in großen Bilderrahmen hinter Glas eingefasst. Die Ausstellungstafeln selbst sind an einem umlaufenden Holzgerüst angebracht. Weiter finden sich wie in einem Privathaushalt eine Reihe weiterer Fotos in Bilderrahmen.

Teile der AUsstellung zum KZ-Außenlager Ratingsee in Duisbrg-Meiderich

Teile der Ausstellung zum KZ-Außenlager Ratingsee in Duisburg-Meiderich

Die Ausstellung selbst ist in Schwerpunkte gegliedert. So findet sich zum Beispiel eine Abteilung über Duisburger Frauen im Widerstand und eine weitere Abteilung über das KZ-Außenlager Ratingsee im Duisburger Stadtteil Meiderich. Zu den Ausstellungsstücken gehören unter anderem auch die in einem Wandschrank eingebaute Schreibmaschine inklusive der Vervielfältigungsmaschine, auf der in der Nazi-Zeit illegal Flugblätter hergestellt wurden, sowie ein Modell in KZ-Kleidung.

Ausstellungsstücke in der Duisburger Ausstellung der VVN-BdA

Ausstellungsstücke in der Duisburger Ausstellung der VVN-BdA