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Eine kleine Wahlnachlese

Eigentlich ist schon alles zur Landtagswahl NRW geschrieben worden und meine Motivation, noch etwas originäres hinzuzufügen äußerst gering. Wahlgewinner sind CDU und Bündnis 90/Die Grünen, Wählerstimmen verloren haben die anderen Parteien, und DIE LINKE hat deutlich den Einzug in den Landtag verpasst. Beklagt wird allenthalben die niedrige Wahlbeteiligung – offenkundig verliert die repräsentative Demokratie zunehmend ihre Anhänger. Wenn man im Landtag nur die Anzahl der Sitze entsprechend der Wahlbeteiligung besetzen würde, dann blieben fast die Hälfte der Sitze unbesetzt.

In Gelsenkirchen ist die Situation noch etwas anders als im Land, hier hat die SPD mit 27.633 Zweitstimmen (37,48 %) die Nase vorn. Nach der CDU kommen an dritter Stelle die Bündnisgrünen mit 8.816 Stimmen (11,96 %), gefolgt von der AfD mit 7.695 Stimmen (10,44 %). DIE LINKE erhielt nur noch 1.402 Zweitstimmen (1,90 %) – aber 1.767 Erststimmen (2,40 %). Allerdings lag die Wahlbeteiligung in Gelsenkirchen bei unterirdischen 44,45 %, das heißt, mehr als jeder Zweite ist nicht zur Wahl gegangen. Wie die WAZ berichtet, ist das die zweitgeringste Wahlbeteiligung in ganz NRW und macht als Ursache die soziale Ungleichheit aus.

Als Illustration habe ich ein nur noch in Teilen aktuelles Plakat der Linkspartei gewählt. Oskar kann man nicht mehr wählen, aber möglicherweise wird sich der eine oder andere Wähler der Bündnisgrünen Schwarz ärgern. Vielleicht ist es aber auch ein Ergebnis, dass den Bündnisgrünen mehr entspricht, als man glaubt. Werden die Grünen doch größtenteils von Akademiker:innen und Beamt:innen gewählt.

„Eine interessante Biographie kann man ihm sicher nicht absprechen.“

Interview mit Valentin Zill

Valentin Zill (Quelle: Facebook).

Kürzlich stieß ich in der örtlichen WAZ auf einen Artikel über Kandidatinnen und Kandidaten der kleinen Parteien zur Landtagswahl NRW am kommenden Sonntag, deren Chance, tatsächlich in den Düsseldorfer Landtag einzuziehen, eher gering ist. Einer dieser Kandidaten ist der mir bekannte Valentin Zill, der erst kürzlich von Hessen nach Gelsenkirchen gezogen ist. Da der Artikel in der WAZ offenkundig aufgrund einer reinen Online-Recherche entstanden ist („Wer über den gebürtigen Göttinger im Netz nachforscht“), ohne dass der Kandidat selbst befragt worden ist, nutzte ich journalistischer Amateur die Chance, ihn selbst zu interviewen. Die Überschrift zu diesem Beitrag ist übrigens dem oben genannten WAZ-Artikel entnommen.

Knut: Hallo Valentin, kürzlich hat die Gelsenkirchener WAZ kurz über verschiedene Kandidatinnen und Kandidaten zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 berichtet. Du hast mir gegenüber den Text deutlich kritisiert. Wie würdest du dich und deine Biografie kurz vorstellen?

Valentin: Die WAZ-Notiz hat mich vor allem deshalb gestört, weil sie oberflächlich recherchiert war und der Autor sich nicht bei mir gemeldet hat – politische Inhalte fehlen da völlig. Das ich nach meiner Bundestagskandidatur im Wahlkreis Rheingau-Taunus – Limburg für die Linkspartei „noch weiter nach links gerückt“ sei, ist falsch. Ich war als Student schon einmal Mitglied der DKP, hatte mich in Limburg nur in der Linkspartei engagiert, weil die DKP dort nicht aktiv ist, und war innerhalb der Linkspartei in der Kommunistischen Plattform organisiert.
Richtig ist, dass ich ursprünglich aus Göttingen komme. Ich bin Jahrgang Tschernobyl. Meine Familie ist an den Chiemsee gezogen, als ich sieben war. Ich habe zwei Berufsausbildungen in München gemacht, in Traunstein Abitur nachgeholt und in Heidelberg, Bayreuth und München studiert. Ich habe einen Bachelor of Arts in Ethnologie, Soziologie und Afrikanistik.
Nach dem Studium habe ich zunächst freischaffend als Musikjournalist gearbeitet und längere Zeit in Côte d’Ivoire und Äthiopien gelebt. Zurück in Deutschland habe ich im Tourismus gearbeitet. Dann kam Corona. Ich musste mich beruflich neu orientieren, habe mich auf meine Talente besonnen und entschieden, wieder Journalist zu werden. Jetzt schreibe ich über Politik statt über Musik, mit klarem proletarischem Klassenstandpunkt.
Das Wichtigste aber: Ich bin seit meinem 14. Geburtstag politisch aktiv. Gegen Faschismus, für Frieden, als Gewerkschaftsmitglied.

Knut: Warum kandidierst du für die DKP und warum gerade in Gelsenkirchen?

Valentin: Für die DKP kandidiere ich, weil ich davon überzeugt bin, dass unser Bundesland – und unser Land – eine kommunistische Partei braucht. Unser Widerstand gegen Kapitalismus und Imperialismus, gegen Krieg und Umweltzerstörung ist wichtiger denn je.
Wir treten aber nicht zur Landtagswahl an, um am Parlamentsbetrieb teilzuhaben. Der Wahlkampf ist Teil unserer außerparlamentarischen Strategie. Wir unterstützen gewerkschaftliche und soziale Kämpfe, die Friedensbewegung und antifaschistische Arbeit.
Im Wahlkreis Gelsenkirchen I – Recklinghausen V trete ich an, weil es mich beruflich vor knapp einem Jahr nach Gelsenkirchen verschlagen hat, ich mich hier wohl fühle und politisch engagieren möchte. Die „Stadt der zehntausend Gefeuerten“ ist nach dem verpassten Strukturwandel die ärmste Deutschlands. Hier ist die Not besonders groß. Dafür sind die Menschen hier freundlich, offen und vor allem solidarisch.

Knut: Was sind für dich die 3 wichtigsten politischen Themen/Fragen der Gegenwart?

Valentin: Zuvorderst die Frage nach Krieg und Frieden. Der deutsche Imperialismus rüstet massiv auf. Der deutsche Rüstungshaushalt wird dieses Jahr der drittgrößte der Welt sein. Die NATO-Staaten geben 16-mal mehr für Rüstung aus als Russland. Deutschland alleine wird in diesem Jahr mehr Geld in Waffen und Militär stecken als das so viel größere Russland. Wer solche Rüstungsorgien feiert, der bläst zum Krieg. Dem müssen wir uns entschieden entgegen stellen. Die DKP fordert den Austritt der BRD aus der NATO, das Verbot sämtlicher Rüstungsexporte und die Beschlagnahmung der Gewinne der Rüstungsindustrie. In Nordrhein-Westfalen setzen wir uns für die Schließung der AWACS-Air-Base in Geilenkirchen, der NATO-Basis in Kalkar und die Auflösung des deutsch-niederländischen Korps in Münster ein.
Dann die Verelendung breiter Massen im Spätkapitalismus. Die Energiepreise galoppieren, die Lebensmittelpreise wachsen rasant, die Mieten steigen auch immerzu. Hartz-IV-Empfängern war ein menschenwürdiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe schon immer verwehrt. Jetzt sinkt auch der Lebensstandard von Arbeitern und Angestellten deutlich, die sich bisher zur Mittelschicht zählten. Immer mehr Menschen stellt sich die Frage: Hungern oder Frieren? Gleichzeitig werden die Reichen immer reicher. Im Jahr 2020 zum Beispiel wuchs das Vermögen der Superreichen um sagenhafte 60 Prozent. Im gleichen Zeitraum fielen über 100 Millionen Menschen auf der Welt in absolute Armut. Da besteht natürlich ein Zusammenhang, der in den Medien allerdings kaum thematisiert wird. Wir Kommunisten fordern eine Millionärssteuer, Energiezuschläge für Sozialleistungsempfänger und ein Verbot von Strom- und Gassperren.
Der dritte wichtige Punkt ist die Ausländerfeindlichkeit und der Rassismus in Deutschland und die wachsende faschistische Gefahr. Krieg und Faschismus gehören zusammen. Ich bin dem Schwur von Buchenwald verpflichtet, den Nazismus mit seinen Wurzeln zu vernichten und eine neue Welt des Friedens und der Freiheit aufzubauen. Die DKP kämpft für ein Verbot sämtlicher faschistischer Parteien und für eine Auflösung des so genannten „Verfassungsschutzes“, der Nazis mit Geld und Waffen versorgt und vor Strafverfolgung schützt. Wir setzen uns dafür ein, den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus zum gesetzlichen Feiertag zu machen.

Knut: Du schreibst für die Zeitung „Unsere Zeit“. Was ist deine Motivation?

Valentin: Bei der UZ mache ich ein Volontariat, also eine Ausbildung zum Redakteur. Hier darf ich mich spannenden Themen widmen und einen kleinen Beitrag dazu leisten, proletarisches Klassenbewusstsein zu fördern, Perspektiven für eine bessere Welt aufzuzeigen und Aufklärung zu betreiben – was die Mainstream-Medien, alle im Besitz weniger Konzerne, ja nicht tun.

Knut: Du bist auch Mitglied der VVN-BdA. Was hat dazu geführt, hier Mitglied zu sein?

Valentin: Mit der VVN-BdA bin ich erstmals in Kontakt gekommen, als ich im Rahmen meines Abiturs eine Seminararbeit zum Thema „Die Problematik des öffentlichen Gedenkens an Opfer des Faschismus im Landkreis Traunstein“ geschrieben habe. Die einzige Monographie, auf die ich mich stützen konnte, war ein Buch von Friedbert Mühldorfer von der VVN-BdA München. Er hat mich unterstützt und hervorragende Tipps gegeben. Für meine Seminararbeit habe ich dann einen lokalen Geschichtspreis gewonnen. Als Dank bin ich der VVN beigetreten. Das war damals aber schon lange überfällig. Meine politische Sozialisation hatte schließlich mit Antifaschismus begonnen.
Mitglied eines Verbands zu sein, der von Überlebenden der faschistischen deutschen Barbarei gegründet wurde, war und ist für mich eine Ehre, die mir eigentlich nicht zusteht. In der VVN durfte ich Menschen wie Martin Löwenberg und Prof. Kurt Pätzold kennenlernen – Begegnungen, die mich geprägt haben.

Knut: Vielen Dank für das Gespräch!

Die Qual der (Landtags-)Wahl?!

Plakate zur Landtagswahl NRW 2022 in Gelsenkirchen.

Anders als bei früheren Wahlkämpfen habe ich mir nicht mehr die Mühe gemacht, die einschlägigen Plakate der Parteien zu fotografieren und zu kommentieren, irgendwie sind mir die meisten Plakate zu nichtssagend, zu langweilig geworden. Mehrfach ins Auge gestochen ist mir dagegen die oben abgebildete Aufstellung dreier Plakatwände an der Kreuzung Overwegstraße/Florastraße (im Hintergrund das Musiktheater im Revier).

Während SPD und CDU hier ihre Spitzenkandidaten Hendrik Wüst (CDU), der Ministerpräsident bleiben will und Thomas Kutschaty (SPD), der Ministerpräsident werden will zeigen, haben die Bündnisgrünen ganz selbstverständlich ihre Gelsenkirchener Kandidatin Ilayda Bostancieri daneben postiert. Während ich Ilayda bereits bei mehren lokalen Demonstrationen gegen Rechts gesehen habe, sind mir weder Hendrik Wüst noch Thomas Kutschaty jemals in Gelsenkirchen begegnet. Daraus folgt erst einmal keine Wahlentscheidung, bemerkenswert ist die Schwerpunktsetzung der Bündnisgrünen allemal.

Ganz rechts und nicht mehr im Bild befindet sich übrigens ein Plakat der FDP, deren Kandidatin ist mir jedoch noch nicht einmal dem Namen nach bekannt. Woran auch immer das liegen mag.

Update: Thomas Kuschaty bin ich tatsächlich dann doch noch in Gelsenkirchen begegnet. Am Samstag vor der Landtagswahl verteilte er auf dem Heinrich-König-Platz beim Streetfood-Festival rote Rosen. Meine Freundin bekam auch eine verbunden mit der Bitte, am nächsten Tag zu wählen.

Eindrücke von der FriedensFahrradtour 2021

Unterwegs mit der FriedensFahrradtour 2021 der DFG-VK NRW, hier auf dem Weg nach Dülmen.

Unter dem Motto „Auf Achse für Frieden & Abrüstung“ führte die traditionsreiche Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) NRW ihre inzwischen 8. FriedensFahrradtour durch Nordrhein-Westfalen durch. Vom 31. Juli bis zum 8. August ging es von Bielefeld über Wewelsburg, Soest, Dortmund, Dülmen, Hamminkeln, Kalkar und Xanten nach Düsseldorf. Die mehrere hundert Kilometer lange Tour verband die Erinnerung an den Vernichtungskrieg, der mit dem faschistischen Überfall auf die Sowjetunion vor 80 Jahren begann, mit dem Protest gegen die Bereithaltung und Entwicklung aktueller militärischer Potentiale. Nicht zuletzt wurde auch darauf hingewiesen, dass das Militär einer der Hauptverursacher für den Klimawandel ist.

Gut 20 Teilnehmende fuhren wie ich die gesamte oder den größten Teil der Strecke mit, hinzu kamen weitere Friedensradler:innen, die uns auf Teilstrecken begleiteten. So holten uns beispielsweise zwei Dortmunder in Soest ab, auch die Friedensfreunde Dülmen kamen uns bereits auf dem Weg zu ihnen entgegen. Die meisten Radler:innen kamen aus NRW, Gelsenkirchen stellte mit vier Radler:innen sogar die größte Einzelgruppe. Das Alter der gut 20 Teilnehmenden reichte von erstaunlichen 14 (!) bis 71 Jahren.

Auftaktkundgebung in Bielefeld.

Die Tour begann nach der je individuellen Anreise (ich fuhr mit dem Zug über Hamm) am 31. Juli in Bielefeld mit einer Auftaktkundgebung am Alten Rathaus, daran schloss sich eine Fahrrad-Demo durch Bielefeld an. Mittags erreichten wir die Gedenkstätte in Stukenbrock, wo der von den Überlebenden sowjetischen Kriegsgefangenen errichtete Obelisk und die daneben liegenden und kaum noch erkennbaren Massengräbern an die Geschichte erinnern. Ein hochbetagtes Gründungsmitglied der Initiative „Blumen für Stukenbrock“, die sich seit den 1960er Jahren der Versöhnung über Gräbern verschrieben hat, führte uns über den Friedhof, erzählte wie sie ihre Arbeit damals begonnen hatten und erläuterte kritisch die gegenwärtige Gestaltung. (Mehr zu Stukenbrock in meinem früheren Beitrag hier.)

Die FriedensFahrradtour am Obelisken in Stukenbrock.

Von Stukenbrock aus ging es weiter zur Wewelsburg, wo nach jahrelangem Streit in den 1980er Jahren die erste Gedenkstätte, die sich zentral mit den Tätern beschäftigt, eröffnet wurde. In der Wewelsburg selbst sind ein heimatkundliches historisches Museum und eine Jugendherberge untergebracht, die Ausstellung zur SS ist im damals von der SS errichteten Wachgebäude untergebracht. In der Jugendherberge, in der ich immer schon mal übernachten wollte, verbrachten wir insgesamt zwei Nächte und nutzen den Folgetag zunächst zu einer geführten Besichtigung der Ausstellung zur SS im Wachgebäude. Zur Führung gehörte auch die Besichtigung der beiden Räume, die die SS von KZ-Zwangsarbeitern errichten ließ: der „Obergruppenführersaal“ mit der sogenannten „Schwarzen Sonne“ im Fußboden und die „Gruft“ im Untergeschoss. (Mehr zur Wewelsburg in meinem früheren Beitrag hier.)

Besuch der Ausstellung zur SS im ehemaligen Wachgebäude der SS.

Während der Mittagspause nutzten wir mit einem Teil der Gruppe die freie Zeit, um das Gelände des ehemaligen KZ Niederhagen und des SS-Schießstandes aufzusuchen. Das ehemalige KZ-Gelände ist nach dem Kriegsende zu einem neuen Stadtteil geworden und Teile der Gebäude wurden umgebaut und weiter genutzt. Nach auch hier jahrzehntelangem Streit war auf dem früheren Appellplatz ein Mahnmal errichtet worden. Für uns nicht mehr zu erkennen war, welches der beiden heutigen Wohngebäude das frühere Torhaus zum KZ gewesen ist.

Mahnmal auf dem früheren Appellplatz des KZ Niederhagen, heute einem Stadtteil von Wewelsburg.

Der weitere Tag diente dem gegenseitigen Kennenlernen, Absprachen und der Vorbereitung eines Straßentheaterstücks, welches im weiteren Verlauf der Fahrt in Soest und in Dülmen aufgeführt wurde. Inhalt des Stücks war die Darstellung einer militärischen Drohne, die spielerisch von Honigbienendrohnen überwältigt wurde. Nach einer ersten Probe wurden in großer Runde Kritik und Änderungsvorschläge unterbreitet, die schließlich zu einigen Verbesserungen führten.

Aktionsvorbereitung in der Jugendherberge Wewelsburg.

Am nächsten Tag, dem 2. August fuhren wir von Wewelsburg nach Soest. Insgesamt hatten wir während der Fahrt viel Glück mit dem Wetter, meist war es trocken oder gar sonnig, gelegentlich hatten wir Sprühregen. Nur an diesem Vormittag während der Abfahrt von der Wewelsburg regnete es längere Zeit.

Kundgebung auf dem Marktplatz in Soest.

In Soest wurden wir auf dem Marktplatz von der dortigen Friedensinitiative empfangen, die Cafes des Platzes waren gut besucht und die Kundgebung war nicht zu übersehen. Das in der Jugendherberge Wewelsburg geprobte „Drohnentheater“ wurde hier erstmals öffentlich aufgeführt. Nachdem ein jonglierender Teilnehmer erste Aufmerksamkeit erweckt hatte, stellten sich die militärische Kampfdrohne und die biologische Bienendrohne vor. In einem kleinen Zwischenspiel treibt ein Finanzbeamter Steuergelder ein, während die Bienen Blumen bestäuben. Als die Kampfdrohne immer aggressiver wird, umringen die Bienen sie und ringen sie mit lautem Summen nieder.

Am Schluss der Vorstellung verbeugen sich die Darsteller:innen vor dem Publikum.

Der Kundgebung auf dem Marktplatz folgte eine Fahrrad-Demo mit einem eher unglücklichen Zwischenhalt an einer engen, vielbefahrenen Brücke und zu einer Gedenkkundgebung auf dem Osthofenfriedhof. Der Tag endete mit unserer Fahrt zur Jugendherberge, in der wir die Nacht verbrachten.

Nach der „Action“ auf dem Marktplatz würdevolles Gedenken auf dem Friedhof in Soest.

Der 3. August führte uns von Soest nach Dortmund. Wie oben bereits erwähnt holten uns zwei Dortmunder in der Soester Jugendherberge morgens ab und fuhren gemeinsam mit uns nach Dortmund. Mit einer Kundgebung an der Westfalenhalle und einer Kranzniederlegung am Gedenkstein wurde erneut an den faschistischen Überfall auf die Sowjetunion vor 80 Jahren gedacht. Daran anschließend fuhren wir in die Dortmunder Innenstadt zum Hansaplatz, wo wir – gegenüber vom „Platz von Hiroshima“ – vom Dortmunder Friedensforum zu einer Kundgebung begrüßt wurden.

Kranzniederlegung am Gedenkstein an der Westfalenhalle, Dortmund.

In der Jugendherberge unweit davon verbrachten wir nicht nur die Nacht. Dmitriy Kostovarov berichtete in einer Abendveranstaltung über seine Arbeit, die darin besteht Familien in Russland Fotos vom Grab des Vaters oder Großvaters zu schicken. Falsche Schreibweisen von Namen und unterschiedliche Gestaltung der in kommunaler Zuständigkeit befindlichen Gräber sind dabei ein großes Problem. Einmal mehr wurde wie schon in Stukenbrock deutlich, dass die Versöhnung mit Russland trotz der großen Verbrechen aufgrund des Kalten Kriegs keine Priorität hatte.

Dmitriy Kostovarov berichtet an der Dortmunder Westfalenhalle von seiner Arbeit gegen das Vergessen.

Am 4. August stand die Fahrt von Dortmund nach Dülmen auf dem Programm. Auch hier kamen uns unterwegs einige Mitglieder der Friedensfreunde Dülmen entgegen und fuhren mit uns gemeinsam zuerst zu einem Standort eines US-Waffendepots, wo wir eine Kundgebung und eine Blockade durchführten. Daran anschließend wurde unsere FriedensFahrradtour vom Dülmener Bürgermeister begrüßt. Der Tag endete mit einem Friedensfest im DJK-Clubheim, wo erneut das „Drohnentheater“ aufgeführt wurde. Die Übernachtung fand auf dem Sportplatz statt und erstmals bei dieser Tour in Zelten. Ich hatte Glück.

Blockade eines US-Waffendepots in Dülmen.

Der folgende Tag, der 5. August, führte uns nach Hamminkeln. An diesem Tag gab es keine weitere Aktion. In Hamminkeln stand lediglich eine Übernachtung auf dem Campingplatz an. Waren wir in den Jugendherbergen und auf dem Sportplatz verpflegt worden, musste nun – mit Unterstützung aus der Gruppe – für die gesamte Gruppe gekocht werden. Ich betätigte mich als Küchenhilfe. Aufgrund der Corona-Pandemie musste jeder einen eigenen Teller, eine eigene Tasse und eigenes Besteck mitbringen, so dass die Küchen-Crew anschließend nur die großen Töpfe und was sonst noch angefallen war spülen musste. Schließlich wurde für den Folgetag noch die Performance „Hiroshima mahnt!“ vorbereitet und die Verteilung der Buchstaben abgesprochen.

Das Schandmal in Kalkar, wer genau hinschaut, kann noch die Spuren der jüngsten Aktionen erkennen.

Am 6. August, dem Hiroshima-Gedenktag, ging es zuerst nach Kalkar und anschließend nach Xanten. In Kalkar fand auf dem Marktplatz eine Kundgebung statt. Unter anderem berichtete dort der Aktionskünstler Wilfried Porwol über den aktuellen Stand der Klagen wegen Sachbeschädigung und erläuterte die übrig gebliebenen Spuren seiner beiden jüngsten Aktivitäten, die wir später am Denkmal besichtigen konnten. (Mehr zu den ersten Aktionen in meinem früheren Beitrag hier.)

„Hiroshima mahnt!“ auf dem Marktplatz in Xanten.

In Xanten wurden wir auf dem Marktplatz von einer Kundgebung mit Friedensliedern empfangen. Ähnlich wie in Soest war die Innenstadt gut besucht und unsere in Hamminkeln vorbereitete Performance „Hiroshima mahnt!“ fand durchaus Aufmerksamkeit. Wie besprochen erhielt jeder der Teilnehmenden einen großen Pappbuchstaben und fiel sobald die Sirene ertönte wie tot um. Begleitet vom Song „Hiroshima“ erhob sich in Buchstabenreihenfolge jeder der „Toten“ und stellte sich nacheinander zum Slogan „Hiroshima mahnt!“ auf.

„Hiroshima mahnt!“ auf dem Marktplatz in Xanten.

Die Übernachtung fand in einem Heuhotel statt, wo wir in Schlafsäcken und im Vergleich zu den Isomatten und den Zelten weich und warm schlafen konnten. Der nächste Tag bestand wieder aus einer langen Fahrradfahrt, die uns zu einem Campingplatz nach Düsseldorf führte.

Letzte gemeinsame Übernachtung auf dem Campingplatz in Düsseldorf.

Von hier aus ging es am folgenden Tag, dem 8. August zum Johannes-Rau-Platz in Düsseldorf. Hier wurden wir wiederum vom örtlichen Friedensforum begrüßt. Erneut wurde die Performance „Hiroshima mahnt!“ aufgeführt. Hier endete die FriedensFahrradtour und jeder trat seine Rückreise an. Wir fuhren noch gemeinsam mit einer kleinen Gruppe mit den Rädern zum Düsseldorfer Hauptbahnhof, wo drei von uns in den Zug stiegen, der uns nach Essen, Gelsenkirchen bzw. Münster brachte.

Letzte Vorbereitungen für die letzte Kundgebung der FriedensFahrradtour 2021.

Insgesamt war es für mich eine sehr beeindruckende Tour. Bemerkenswert ist in jedem Fall, dass trotz unvorhergesehener Zwischenfälle und Verspätungen das gesamte Programm der FriedensFahrradtour durchgeführt werden konnte. Mir hat es gefallen – im nächsten Jahr bin ich gerne wieder mit dabei!