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„Wer nicht feiert, hat verloren!“ – Aktionswoche 8. Mai erfolgreich gestartet!

Fahrräder und Abstand – auch hier beim Zwischenstopp auf dem Heinrich-König-Platz, wo es um Widerstand aus den Reihen der katholischen und evangelischen Kirche ging.

Als Erfolg kann das Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung den Start der Aktionswoche am heutigen 2. Mai verbuchen. Etwa 20 radfahrende Teilnehmende begleiteten den Referenten auf der Tour quer durch die Stadt Gelsenkirchen. Auch das Wetter hielt was der Wetterbericht versprochen hatte. Lediglich am Startpunkt gab es ein oder zwei Minuten Regen sowie zwischendurch einmal ein paar Regentropfen.

Begleitet wurde die Fahrrad-Demo, die an verschiedenen Orten an den Widerstand von Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener erinnerte, von sechs radfahrenden Polizeibeamtinnen und -beamten, die dafür sorgten, dass der Autoverkehr dem Fahrrad-Korso nicht zu nahe kam. Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle ganz herzlich für den freundlichen Einsatz der Polizei.

Startpunkt war die Goldbergstraße 84 in Buer vor dem Haus der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, wo zugleich an die Zerschlagung der freien Gewerkschaften am 2. Mai 1933 durch die Nazis erinnert wurde. Von dort aus ging es zu insgesamt neun Orten, die an den Widerstand in Gelsenkirchen erinnern. Zunächst in Buer zur Schlenkhoffstraße, die an den Widerstand vor 1933 und aus der SPD erinnert, und dann in einer längeren Fahrt nach Horst zum Rudolf-Bertram-Platz vor dem St.-Josef-Hospital, der an den Retter von 17 jüdischen Zwangsarbeiterinnen erinnert. In Horst wurden noch Stolpersteine für den kommunistischen Widerstandskämpfer Johann Eichenauer in der Schlangenwallstraße und für den belgischen Zwangsarbeiter Charles Ganty Am Bugapark aufgesucht.

Auch in der Schlenkhoffstraße hieß es Abstand halten, während der Referent über den Widerstand vor 1933 und der SPD berichtete.

Von dort ging es wieder mit einer längeren Strecke in den Stadtteil Schalke, hier erinnern zwei Stolpersteine in der Liebfrauenstraße an die beiden kommunistischen Widerstandskämpfer Rudolf Littek und Fritz Rahkob, wobei auch die Ehefrau Emma Rahkob nicht vergessen wurde. Über das Alfred-Zingler-Haus im Stadtteil Bulmke, wo eine Erinnerungsortetafel an das sozialdemokratische Ehepaar Margarethe und Alfred Zingler erinnert, ging es in die Innenstadt, vorbei am Margarethe-Zingler- und Fritz-Rahkob- auf den Heinrich-König-Platz. Hier wurde an den Widerstand aus der katholischen wie der evangelischen Kirche erinnert und an den Ernst-Käsemann-Platz im Stadtteil Rotthausen hingewiesen, der zu weit außerhalb lag und daher nicht in die Tour aufgenommen wurde. Nach dem Stolperstein für Erich Lange, einem jungen Mann der bereits im Sommer 1932 von der SS zum kommunistischen Kampfbund gegen den Faschismus übergetreten war, ging es zum letzten Halt am Werner-Goldschmidt-Salon, der an den jüdischen Widerstandskämpfer Werner Goldschmidt erinnert.

In der Liebfrauenstraße in Schalke standen zwei kommunistische Widerstandskämpfer für die hier Stolpersteine verlegt sind im Mittelpunkt.

Als weitere Aktivitäten sind zwei Online-Podiumsdebatten zur Historischen Verantwortung am 7. Mai sowie zum aktuellen faschistischen Terror am 8. Mai vorgesehen, sowie drei Stadtrundgänge in Gelsenkirchen, Buer und Horst am 9. bzw. 13. Mai. Zwei geplante Filmvorführungen, die vor den Podiumsdiskussionen geplant waren, musste das Bündnis leider auf einen späteren Termin verschieben, da sie unter den derzeitigen Einschränkungen nicht durchgeführt werden können. Eine Programmübersicht (Flyer) kann von der Seite der VVN-BdA Gelsenkirchen heruntergeladen werden.

Fotos Marco Langfeldt

Kriegerdenkmale und Kriegsvorbereitung in Gelsenkirchen (III) – Das Nazi-Schwert vom Schalker Verein

Das Nazi-Schwert vom Schalker Verein an seinem alten Standort – zugewachsen und vergessen hinter den Torhäusern.

In der Stadt Gelsenkirchen wurde ein 1937 errichtetes und lange vergessenes Denkmal, mit dem die Nazis die „gefallenen Arbeitskameraden“ (Inschrift) des Ersten Weltkrieges in den Dienst ihrer faschistischen Kriegspolitik gestellt hatten, 2015 unter Denkmalschutz gestellt und an einen öffentlichen Weg platziert.

Bei dem in den Sitzungsvorlagen der Stadtverwaltung wahlweise als Kriegerdenkmal oder Ehrenmal bezeichneten Nazi-Objekt handelt es sich um eine 6 Meter hohe Stele aus sechs grauen Granitquadern, an der ein 5 Meter hohes gusseisernes, steil aufgerichtetes und lorbeerumkränztes Schwert angebracht ist. Das künstlerisch anspruchslose Schwert wurde vermutlich im Werk selbst hergestellt. Das Schwertmotiv bezieht sich höchstwahrscheinlich auf die im Ersten Weltkrieg in vielen Städten aufgestellten Holzschwerter, in die gegen Spenden für die Unterstützung von Kriegshinterbliebenen Nägel eingeschlagen werden durften. In Gelsenkirchen stand ein solches „Schwert von Gelsenkirchen“ 1915 auf dem Neumarkt.

Die Geschichte

Das Nazi-Denkmal wurde 1937 auf dem Betriebsgelände des Schalker Vereins, einem Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie, im Stadtteil Bulmke-Hüllen errichtet. Es entstand vermutlich als Auftragsarbeit der Werksleitung und wurde nach Entwürfen des Bildhauers Hubert Nietsch, der durch weitere nazi-affine Kunst bekannt ist, gestaltet. Eingeweiht wurde es inmitten eines sogenannten „Ehrenhofes“ mit einer Feier am 1. Mai 1937, den von der internationalen Arbeiterbewegung gestohlenen und von den Nazis zum „Tag der nationalen Arbeit“ umgedeuteten Mai-Feiertag.

Die berüchtigte Inschrift „Sie starben für Deutschland“ weist auf die Intention hin, die ideologische Kriegsvorbereitung für den faschistischen Krieg.

Die beiden Seiten der Stele sind mit „Unseren gefallenen Arbeitskameraden 1914 1918“ und „Sie starben für Deutschland“ beschriftet und zeigen überdeutlich den Zweck des Objektes, nämlich mit der Errichtung von Kriegerdenkmalen an den Ersten Weltkrieg den folgenden Eroberungs- und Vernichtungskrieg, den wir heute als Zweiten Weltkrieg kennen, ideologisch vorzubereiten. Dies wurde von den Nazis auch offen bei den Einweihungsreden ausgesprochen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Jahreszahlen „1939 1945“ hinzugefügt. Danach geriet das Nazi-Schwert völlig in Vergessenheit und wuchs an einer unbeachteten Stelle hinter den Torhäusern zu. Erst nach dem Verkauf des Schalker Vereins an die Firma Saint-Gobain und aufgrund der Umgestaltung des Werksgeländes geriet es wieder in den öffentlichen Fokus.

Die Inschrift „Den gefallenen Arbeitskameraden 1914 1918“ stellt die Toten des Ersten Weltkriegs in den Dienst der faschistischen Kriegsvorbereitung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Jahreszahlen 1939 und 1945 ergänzt.

Standortverlagerung an einen öffentlichen Weg

Erstmalig erfuhr die Gelsenkirchener VVN-BdA von dem Nazi-Schwert 2014, als ein Mitglied an einer Führung zu Denkmalen des Ersten Weltkrieges teilnahm. Allerdings konnte das Nazi-Objekt, da es sich auf dem Firmengelände befand, nicht besichtigt werden.

Am 4. März 2015 wurde die Eintragung in die Denkmalliste durch die Bezirksvertretung Gelsenkirchen-Mitte beschlossen. Die Beschlussvorlage enthält eine ausführliche Begründung des Denkmalwerts und nennt historische und kunstgeschichtliche Gründe, die für die „Erhaltung und Nutzung“ des Nazi-Schwerts sprächen.

In derselben Sitzung wurde mit einer weiteren Beschlussvorlage die geplante Verlagerung des Denkmals an einen öffentlichen Fußweg vorgestellt. Als Grund wird angegeben, dass es am jetzigen Standort „einer Vermarktung und Entwicklung eines Gewerbe- und Industrieparks im Wege“ stünde. Die Kosten der Verlagerung in Höhe von rund 30.500 Euro würden sich der Eigentümer, die Firma Saint-Gobain und die Stadt Gelsenkirchen teilen.

Mit der Standortverlagerung werde das Nazi-Schwert zugleich in einen neuen Kontext gestellt. Ohne eine Änderung der Ästhetik, nur mit einer einfallslosen „künstlerischen Ergänzung“ durch eine Stahlplatte, der Inschrift „Die Opfer der Kriege mahnen zum Frieden“ sowie einer den Hintergrund erläuternden Tafel soll es nun „zu Frieden und Völkerverständigung … mahnen“.

Der Skandal

War dieser Vorgang schon unverständlich und unerträglich genug, schaffte die etablierte Stadtgesellschaft noch eine völlig unerwartete Steigerung. Anlass für die folgenden Aktivitäten der Gelsenkirchener VVN-BdA war eine Randbemerkung in einer weiteren Beschlussvorlage der Stadtverwaltung. Ein in Gelsenkirchen als unbequemer linker Sozialdemokrat bekannter Petent regte an, dass Nazi-Schwert zu entsorgen und die eingesparten Kosten sinnvoll zu verwenden. Erwartungsgemäß wurde diese Anregung in der Sitzung des Kulturausschusses am 16. September 2015 von der Mehrheit abgelehnt. Darüber hinaus wurde mit einer bodenlosen Unverschämtheit das Ansinnen, das Nazi-Objekt zu zerstören, mit der Strategie der „Taliban oder religiösen Eiferern“ verglichen. Schließlich wurde mitgeteilt, dass die „Demokratische Initiative“ beschlossen habe, ihre jährliche Veranstaltung am 9. November zur Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938 an eben diesem Nazi-Schwert enden zu lassen. Bei dieser „Demokratischen Initiative gegen Diskriminierung und Gewalt, für Menschenrechte und Demokratie“ handelt es sich um einen losen Verbund Gelsenkirchener Parteien und weiterer Organisationen unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters.

Am neuen Standort neben einem öffentlichen Weg soll das Nazi-Schwert nun zu Frieden und Völkerverständigung mahnen.

Die VVN-BdA Gelsenkirchen reagierte mit einem Offenen Brief an den Oberbürgermeister und forderte ihn auf, den geplanten Kundgebungsort zu verlegen, da ein Denkmal für die gefallenen Soldaten eines Krieges niemals ein adäquates Denkmal für jüdische Opfer des Krieges sein könne. Ferner forderte sie den Oberbürgermeister auf, sich dafür einzusetzen, dass aus dem Nazi-Schwert durch eine radikale Verfremdung ein antifaschistisches Gesamtkunstwerk werde. Vorgeschlagen wurde ein Aufruf an Gelsenkirchener Künstler und Bürger, „um das wertlose Schandmal durch ganz unterschiedliche Installationen phantasievoll und kreativ einzurahmen und zu kommentieren“.

Die Gelsenkirchener WAZ thematisierte in ihrer Ausgabe am 4. November 2015 und an den folgenden Tagen sowohl das Nazi-Schwert wie auch die Kritik der VVN-BdA.

Die „Demokratische Initiative“ änderte aufgrund der öffentlichen Kritik ihre Route ein wenig. Sie hielt am Nazi-Schwert eine Zwischenkundgebung ab und verlegte die Abschlusskundgebung auf den nahe gelegenen Alten Jüdischen Friedhof. Aus der als Reminiszenz an den Schalker Verein geplanten Stahlplatte war übrigens ein Steinblock mit der Aufschrift „Die Toten mahnen zum Frieden“ geworden.

In der Nacht zum 9. November überwand eine nicht näher bekannte „Aktionsgruppe Kunst und Kampf“ die Absperrungen und verübte einen Farbanschlag auf das Nazi-Objekt. Am 9. November selbst demonstrierten SJD – Die Falken direkt am Nazi-Schwert, während das „Bündnis gegen Krieg und Faschismus“, in dem Mitglieder der VVN-BdA vertreten sind, zu einer unabhängigen Zwischenkundgebung vor dem Haus einer in der Reichspogromnacht verfolgten jüdischen Familie aufgerufen hatte.

Für eine eigene Antwort auf den Offenen Brief war sich der OB zu fein und beauftragte den Leiter des Instituts für Stadtgeschichte mit einer schriftlichen Antwort, der nach einer Antwort seitens der VVN-BdA zu einem Gespräch im Institut für Stadtgeschichte führte. Ergebnis: Für die Stadt Gelsenkirchen handele es sich um einen abgeschlossen Vorgang.

Fazit

Das Nazi-Schwert steht nun am neuen Ort. Flankiert wird es von je zwei neu gepflanzten Bäumen rechts und links. Böse Zungen sagen, es fehle nur ein Gartenzaun und ein paar Gartenzwerge.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Seite „Verbrechen der Wirtschaft“.

Kriegerdenkmale und Kriegsvorbereitung in Gelsenkirchen

Das Ehrenmal in Gelsenkirchen-Buer, Zum Ehrenmal.

Das Ehrenmal in Gelsenkirchen-Buer, Zum Ehrenmal.

Vor einhundert Jahren tobte der Erste Weltkrieg nun schon seit fast zwei Jahren. 1914 begonnen, war ein Ende nicht absehbar, waren sogar weitere Staaten 1915 und 1916 in den Weltkrieg eingetreten. In unserer Gegenwart wird die öffentliche Wahrnehmung des Ersten Weltkrieges in diesem Jahr von zwei Ereignissen bestimmt: der Schlacht vor Verdun und dem Völkermord an den Armeniern. In Westeuropa schickten die jeweiligen militärischen Oberbefehlshaber 1916 deutsche und französische Truppen vor Verdun in den Tod einer sinnlosen „Materialschlacht“. Im Orient schickten 1915/16 staatliche Stellen die seit Jahrhunderten in Anatolien siedelnden christlichen Armenier in den Tod und löschten die westarmenische Kultur aus.

Auch an Gelsenkirchen und seinen Bürgern ging der Erste Weltkrieg nicht spurlos vorüber, wenn die Stadt auch von militärischen Kämpfen verschont blieb. Die Bevölkerung litt unter der zunehmend schlechter werdenden Ernährung und unter verschlechterten Arbeitsbedingungen. Die Lücken in den Zechen und Industriebetrieben durch die in den Krieg eingezogenen Männer wurden nicht nur durch Mehrarbeit der verbliebenen Männer ausgeglichen, sondern auch durch den Einsatz von Kriegsgefangenen und durch Frauenarbeit. Die für den Krieg produzierenden Industrieellen konnten ihre Gewinne steigern, während mehr als 7300 Soldaten aus den Gemeinden Gelsenkirchen, Buer und Horst in den Jahren 1914 bis 1918 auf den Schlachtfeldern starben.

Kriegerdenkmal des „Turner-Club Gelsenkirchen von 1874 e.V.“ aus dem Jahr 1924, Hauptstraße 50 am Grillo-Gymnasium

Kriegerdenkmal des „Turner-Club Gelsenkirchen 1874 e.V.“ aus dem Jahr 1924, Hauptstraße 50 am Grillo-Gymnasium.

Heute erinnern an den Ersten Weltkrieg in Gelsenkirchen noch einige steinerne Zeugen, in der Denkmalliste der Stadt Gelsenkirchen (vom 17.05.2011) sind sie als „Kriegerdenkmal“ aufgeführt. Nun könnte man meinen, die Denkmale dienten nur der Erinnerung an die gefallenen Soldaten aus Gelsenkirchen. Mehrere von ihnen wurden jedoch nach 1933 errichtet. Mit ihnen stellten die Nazis die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten in den Dienst ihrer innenpolitischen Kriegsvorbereitung für den Zweiten Weltkrieg. Ein vergessenes Kriegerdenkmal aus der Nazi-Zeit wurde sogar erst 2015 von einem nichtöffentlichen Werksgelände in den öffentlichen Raum der Stadt versetzt.

Kriegerdenkmal am Grillo-Gymnasium

Zum Antikriegstag, der traditionell an die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges durch Nazi-Deutschland erinnert, war am 1. September 2014 erstmals mit einer Abschlusskundgebung vor dem fast vergessenen und zugewachsenen Denkmal am Grillo-Gymnasium auch an den Ersten Weltkrieg erinnert worden. Dieses Denkmal war vom „Turner-Club Gelsenkirchen 1874 e.V.“ bereits im Jahre 1924 für „unserer im Weltkriege 1914-1918 gefallenen 71 Turnbrüder“ errichtet worden. Wie der Inschrift auf dem Denkmal weiter zu entnehmen ist, war der 50. Jahrestag der Vereinsgründung am 27. Juli 1924 der Anlass der Denkmalstiftung. Wie auch andere Kriegerdenkmale des Ersten Weltkrieges wurde seine Widmung nach dem Zweiten Weltkrieg ergänzt. In diesem Fall um „54 gefallene Turnbrüder 1939-1945“. Die Gestaltung zeigt unter anderem einen Stahlhelm und ein Eisernes Kreuz. Zum Antikriegstag 2014 ist es in ein temporäres Denkmal für den unbekannten Deserteuer umgewandelt worden.

Kriegerdenkmal am Machensplatz

Kriegerdenkmal am Machensplatz in Erinnerung an das Reserveregiment 56 aus dem Jahre 1934.

Kriegerdenkmal am Machensplatz in Erinnerung an das Reserveregiment 56 aus dem Jahre 1934.

Am Machensplatz, gegenüber dem früheren Gelsenkirchener Rathaus, war im Jahre 1934 ein Kriegerdenkmal dem Reserveregiment 56 gewidmet worden. Wie dem Beitrag „Auf den Spuren des Ersten Weltkrieges“ zu entnehmen ist, waren die Gelsenkirchener Soldaten des Regiments in der damaligen Georgschule in der Altstadt versammelt und ausgerüstet worden. Sie wurden am 6. August 1914 verladen und kamen zusammen mit der 13. Reservedivision zur Westfront. Die Einheit erlitt schwere Verluste beim ersten Kampfeinsatz im September 1914 und wurde auch 1916 in der Schlacht um Verdun eingesetzt. Das Denkmal wurde genau 20 Jahre nach dem ersten Kampfeinsatz eingeweiht, um der Verluste bei der sogenannten „Feuertaufe“ zu gedenken. (Der ursprüngliche Beitrag ist auf der Internet-Seite der Stadt Gelsenkirchen nicht mehr vorhanden, aber im Wiki der Gelsenkirchener Geschichten dokumentiert.)

Dahlbuschdenkmal aus dem Jahre 1937, heute im Dahlbuschpark an der Beethovenstraße in Gelsenkirchen-Rotthausen

Dahlbuschdenkmal aus dem Jahre 1937, heute im Dahlbuschpark an der Beethovenstraße in Gelsenkirchen-Rotthausen.

Kriegerdenkmal Zeche Dahlbusch

Im heutigen Dahlbusch-Park befindet sich das Ehrenmal der Zeche Dahlbusch sowie eine erläuternde Tafel nach dem städtischen Konzept der Erinnerungsorte. Danach war das Ehrenmal 1937 durch die Bergwerksgesellschaft Dahlbusch zur Erinnerung an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Werksangehörigen errichtet worden. Es stand ursprünglich vor der Schachtanlage 8 an der Rotthauser Straße. Der heute noch vorhandene Steinquader war vom Halfmannshofer Künstler Hubert Nietsch, der auch das Kriegerdenkmal Schalker Verein (weiter unten) und weitere Nazi-Kunst geschaffen hat, gestaltet worden.

Es zeigt einen Soldaten und einen Bergmann, die ursprünglich von einem Eisernen Kreuz und einem Hakenkreuz flankiert waren. Der Kriegstod der Bergleute wurde durch die Bildsprache und die Inschriften „Unseren gefallenen Arbeitskameraden“ und „Sie starben für Deutschland“ heroisiert und mit dem Nationalsozialismus verknüpft. Nach der Schließung der Zeche wurde der Steinquader in den heutigen Dahlbusch-Park versetzt und soll nun, so heißt es zumindest auf der Tafel, an die Toten des Ersten Weltkrieges wie an deren Instrumentalisierung durch die Nazis erinnern. Wie man sich das vorzustellen hat, bleibt allerdings der Phantasie des Besuchers überlassen.

Kriegerdenkmal „Ehrenmal“ in Buer

Das größte und auch über Gelsenkirchen hinaus bekannte Kriegerdenkmal ist das oft einfach nur „Ehrenmal“ genannte Denkmal in Gelsenkirchen-Buer auf einer Anhöhe am Berger See gelegen. Auch hier findet sich eine erläuternde Tafel nach dem städtischen Konzept der Erinnerungsorte. Danach ging die ursprüngliche Initiative 1925 von der Bueraner Bürgerschaft aus um die im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 und die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten sowie die Toten der französisch-belgischen Ruhrbesetzung von 1923 zu ehren. Als das Denkmal am 13. Mai 1934 feierlich eingeweiht wurde, hatten die Nazis die Gestaltung geprägt, neben einem Hakenkreuz fanden sich auch sogenannte „Märtyrern“ der NSDAP in den Inschriften. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden alle Nazi-Inschriften und -Symbole entfernt, sowie Inschriften ergänzt, die an die Opfer des Zweiten Weltkrieges erinnern und zum Frieden mahnen. Das Ehrenmal hat einen eigenen Eintrag in der Wikipedia.

Das Ehrenmal in Gelsenkirchen-Buer, Zum Ehrenmal.

Das Ehrenmal in Gelsenkirchen-Buer, Zum Ehrenmal.

Kriegerdenkmal des Schalker Vereins

Neben diesen bereits im öffentlichen Raum befindlichen Denkmalen versetzte die Stadt Gelsenkirchen im Jahre 2015 ein zuvor auf dem Werksgelände des ehemaligen Schalker Vereins vergessenes Kriegerdenkmal an einen öffentlichen Weg. Wieder findet sich eine erläuternde Tafel nach dem städtischen Konzept der Erinnerungsorte sowie ein Stein mit der  Inschrift „Die Toten mahnen zum Frieden“.

Es handelt sich um ein 5 Meter hohes, lorbeergeschmücktes Schwert aus Gussstahl, angebracht an einer 6 Meter hohen Granitstele. Ursprünglich war es am 1. Mai 1937 auf dem Gelände des Schalker Vereins feierlich eingeweiht worden. Mit den Inschriften wie beim Dahlbusch-Denkmal (weiter oben) „Den gefallenen Arbeitskameraden 1914-1918“ und „Sie starben für Deutschland“ wurden die im Ersten Weltkrieg gefallenen Werksangehörigen in den Dienst der innenpolitischen Kriegsvorbereitung der Nazis gestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Jahre 1939-1945 ergänzt. Danach geriet es in Vergessenheit und wuchs in einer Ecke des Geländes zu.

Kriegerdenkmal des Schalker Vereins - ein Nazi-Schwert aus dem Jahre 1937 wurden 2015 an einen öffentlichen Weg umgesetzt.

Kriegerdenkmal des Schalker Vereins – ein Nazi-Schwert aus dem Jahre 1937, wurde 2015 an einen öffentlichen Weg umgesetzt.

Nach dem Verkauf des Schalker Vereins vor einigen Jahren und während der Umgestaltung des früheren Werksgeländes wurde es wiederentdeckt. Es wurde unter Denkmalschutz gestellt und kurz vor dem 9. November 2015 an einen öffentlichen Weg in der Nähe des alten Standortes umgesetzt. Dagegen fordert die Gelsenkirchener VVN -BdA eine öffentliche Diskussion und die Umgestaltung in ein antifaschistisches Denkmal. Gerade auf dem Gelände des Schalker Vereins bietet sich die Thematisierung von Rüstungsproduktion, Zwangsarbeit, Widerstand und Bombenkrieg an, um aus der Geschichte zu lernen, dass und warum sie sich nicht wiederholen darf. (Eine ausführliche Berichterstattung dazu findet sich hier.)

Weitere Erinnerungsorte in Kirchen und Schulen

Als Antwort auf meine Frage im Forum der „Gelsenkirchener Geschichten“ erhielt ich neben dem bei diesem Thema fast schon zu erwartenden Troll aus dem rechten Spektrum wertvolle Hinweise auf weitere Erinnerungsorte in Gelsenkirchen an weniger öffentlichen Orten. So hat es in Kirchen und Schulen Gedenktafeln oder in einem Fall ein Gedenkbuch der Gefallenen gegeben, die teilweise durch Umbauten verschwunden sind, teilweise noch heute vorhanden sind. Unterscheiden lässt sich meines Erachtens zwischen einem namentlichen Gedenken, in dem die einzelnen Personen im Vordergrund stehen, und der Verklärung der Toten des Ersten Weltkrieges durch Nazi-affine Denkmale und summarische Inschriften wie „Den gefallenen Arbeitskameraden“ und „Sie starben für Deutschland.“ Dabei sind die Grenzen sicherlich fließend, denn auch vor 1933 gab es eine nationalistische Verklärung der Toten des Ersten Weltkrieges.

Offener Brief

VVN-BdA Gelsenkirchen

An den
Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen
und Schirmherrn der „Demokratischen Initiative“
Herrn Frank Baranowski
45875 Gelsenkirchen

22.10.2015

Offener Brief zur geplanten Kundgebung der „Demokratischen Initiative“ am
9. November 2015 am sogenannten „Kriegerdenkmal Schalker Verein“

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Baranowski,

die Kreisvereinigung Gelsenkirchen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) möchte mit diesem Schreiben ihr Unverständnis über die geplante Kundgebung der „Demokratischen Initiative“ (DI) am 9. November 2015 am sogenannten „Kriegerdenkmal Schalker Verein“ ausdrücken und Sie zugleich als Schirmherr der DI auffordern, den geplanten Kundgebungsort zu verlegen.

Am 9. November 2015 wird an den 9. November 1938 erinnert. Es handelt sich bei diesem Tag um einen frühen Höhepunkt der Judenverfolgung in Nazi-Deutschland, in dessen Verlauf nicht nur Synagogen zerstört und jüdische Geschäfte geplündert wurden, sondern jüdische Deutsche verhaftet und in Konzentrationslager gesperrt, ermordet, vergewaltigt, gedemütigt oder in den Tod getrieben wurden. Seit ihrer Machtübertragung 1933 war es Politik der Nazis, von ihnen als jüdisch definierte Menschen aus der sogenannten „Volksgemeinschaft“ auszuschließen. Diese Politik mündete in der Ermordung von 6 Millionen Juden in Europa, Männer, Frauen und Kinder.

Ein Gedenktag, der an diese Ereignisse erinnert, sollte unseres Erachtens würdevoll begangen werden. Dies ist jedoch am geplanten Ort nicht möglich.

Ein Denkmal für die gefallenen Soldaten eines Krieges kann niemals ein adäquates Denkmal für jüdische Opfer der Nazis sein.

Denkmal und Gedenkveranstaltung passen thematisch überhaupt nicht zueinander. Bei dem sogenannten „Kriegerdenkmal Schalker Verein“ handelt es sich um ein – übrigens künstlerisch anspruchsloses – 5 Meter hohes Schwert aus Gussstahl, welches an einer 6 Meter hohen Stele angebracht ist. Eingeweiht wurde es von den Nazis am 1. Mai 1937, dem von der internationalen Arbeiterbewegung gestohlenen und zum „Tag der nationalen Arbeit“ umgedeuteten Feiertag. Das Schwertmotiv erinnert an die im Ersten Weltkrieg in zahlreichen Städten, auch in Gelsenkirchen, aufgestellten monumentalen Holzschwerter, die für die Fortführung des Krieges warben. Zugleich nahmen die Nazis die Erinnerung an die rund 400 „gefallenen Arbeitskameraden“ (Inschrift) des Ersten Weltkriegs in den Dienst ihrer eigenen faschistischen Kriegspolitik und ließen eine Seite der Stele mit dem berüchtigten Satz „Sie starben für Deutschland“ beschriften.

An diesem Täterdenkmal eine Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die verfolgten und ermordeten Juden des 9. November 1938 abzuhalten, können wir entweder nur als gedankenlos oder als naiv bezeichnen. Darum wiederholen wir unsere Forderung noch einmal: Wählen Sie einen anderen und geeigneten Ort für die Kundgebung der „Demokratischen Initiative“ am 9. November 2015 aus.

Das Denkmal strahlt weiterhin eine militaristische Botschaft aus.

Dass das Denkmal nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geraten ist, spricht gegen seine Bedeutung. Nach Aussagen eines früheren Betriebsrats des Schalker Vereins spielte es spätestens seit den 1960er Jahren im Bewusstsein der Belegschaft keine Rolle (mehr). Vielen war es gar nicht bekannt, auch wuchs es auf dem Werksgelände hinter den Torhäusern verborgen weitgehend zu. Es war nicht einmal mehr ein Ort der stillen Trauer, wie eine Vorlage der Stadtverwaltung den Ausschüssen weismachen will, sondern es stand schlicht und einfach vergessen in einer Ecke des Werksgeländes herum.

Mit der geplanten Verlagerung in den öffentlichen Raum verschafft die Stadt Gelsenkirchen diesem Denkmal neue Aufmerksamkeit. Die geplante Erinnerungstafel und die einfallslose „künstlerische Ergänzung“ in Form einer Stahlplatte mit der Inschrift „Die Opfer der Kriege mahnen zum Frieden“ reichen unseres Erachtens überhaupt nicht aus, um die ursprüngliche Intention des Denkmals zu brechen.

Weithin sichtbar wird die 6 Meter hohe, hässliche Stele aus Granitquadern mit dem 5 Meter hohen, aufgereckten lorbeerumkränzten Nazi-Schwert aus Gussstahl sein. Die kümmerliche „Ergänzung“ wird daneben verblassen, der in den Vorlagen der Verwaltung behauptete „Bedeutungswandel“ wird nicht sichtbar sein.

Vielmehr wird es Rechtsextremisten und Neofaschisten als willkommene Einladung für „Nationale Mai-Feiern“ oder „Nationale Antikriegstage“ dienen. Unpolitische Bürger, die es von weitem sehen, werden nur seinen heroischen Sinn erkennen. Wollen Sie der Stadt und vor allem unseren Kindern wirklich dieses gigantische Phallussymbol antun?

Daher fordern wir Sie nicht nur erneut auf, die Kundgebung der „Demokratischen Initiative“ am 9. November 2015 an einen anderen Ort zu verlegen, sondern auch, sich dafür einzusetzen, dass aus dem Nazi-Schwert durch eine wirklich radikale Verfremdung ein antifaschistisches Gesamtkunstwerk wird. Hierzu bedarf es einer Aufforderung an die Künstler und Bürger der Stadt, um das wertlose Schandmal durch ganz unterschiedliche Installationen phantasievoll und kreativ einzurahmen und zu kommentieren. Dies mindert nicht den Denkmalwert, schafft aber eine klare Aussage aus der Gegenwart zum Objekt der Nazi-Barbarei. Der Materialwert dieser Installationen dürfte weitaus geringer sein, als die Kosten der jetzigen Verlagerung für die Stadt betragen.

Mit freundlichen Grüßen
für die VVN-BdA Gelsenkirchen

Andreas Jordan        Knut Maßmann

Neuer Denkmalstandort des Nazi-Schwerts nimmt Gestalt an

Der neue Standort des sogenannten „Kriegerdenkmals Schalker Verein“ auf der Rückseite der Torhäuser nimmt langsam Gestalt an. Wie links im Bild zu sehen ist, wurde bereits ein Sockel für das Nazi-Schwert aufgestellt.

Fußweg auf der Rückseite der Torgebäude des früheren Schalker Vereins im Oktober 2015. Links im Bild der Untersatz für das Nazi-Schwert aus dem Jahre 1937, rechts im Bild die "Göttin der Wasserwirtschaft" des Gelsenkirchener Künstlers Achim Wagner aus dem Jahre 1992

Fußweg auf der Rückseite der Torgebäude des früheren Schalker Vereins im Oktober 2015. Links im Bild der Untersatz für das Nazi-Schwert aus dem Jahre 1937, rechts im Bild die „Göttin der Wasserwirtschaft“ des Gelsenkirchener Künstlers Achim Wagner aus dem Jahre 1992.

Es handelt sich bei dem Nazi-Schwert um eine lange in Vergessenheit geratene, wuchtige, sechs Meter hohe vierkantige Säule aus sechs Granitquadern mit einem fünf Meter langem lorbeerumringten Schwert aus Gussstahl aus dem Jahre 1937. Denkmäler dieser Art dienten den Nazis in den 1930er Jahren zur innenpolitischen Vorbereitung des geplanten, neuen Eroberungskrieges, den wir heute als Zweiten Weltkrieg kennen und in dessen Schatten der Holocaust stattfand.

In einem früheren Beitrag berichtete ich entsetzt über die Pläne der „Demokratischen Initiative gegen Diskriminierung und Gewalt, für Menschenrechte und Demokratie – Gelsenkirchen (DI)“, ausgerechnet an diesem Schandmal am 9. November 2015 eine Kundgebung anlässlich der Reichspogromnacht 1938 durchzuführen.

In der DI haben sich unter der Schirmherrschaft des jeweiligen Oberbürgermeisters seit 1992 insgesamt 23 Organisationen, „demokratische Parteien, Kirchen, karitative Einrichtungen, Gewerkschaften und weitere Gruppen zusammengeschlossen, um für ein demokratisches Miteinander in unserer Stadt einzutreten“. Zuletzt hatte die DI am 1. Mai 2015 in Ermangelung eigener Aktivitäten zur Teilnahme an der Veranstaltung der Evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde gegen den Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ auf dem Rotthauser Ernst-Käsemann-Platz aufgerufen.

Stichstraße auf der Rückseite der Torgebäude des früheren Schalker Vereins im Oktober 2015. Hinter dem Wendekreis auf der linken Seite des Fußweges ist der neue Standort des Nazi-Schwerts.

Stichstraße auf der Rückseite der Torgebäude des früheren Schalker Vereins im Oktober 2015. Hinter dem Wendekreis auf der linken Seite des Fußweges entsteht der neue Standort des Nazi-Schwerts.

„Demokratische Initiative“ will Gedenktag an die Reichspogromnacht am Nazi-Schwert feiern

Ein unglaublich widerwärtiges Ereignis wirft in Gelsenkirchen seine Schatten voraus. Am 9. November 2015, dem jährlichen Erinnerungstag an die sogenannte „Reichskristallnacht“, die 1938 einen neuen Höhepunkt der Judenverfolgung in Nazi-Deutschland markierte, plant die „Demokratische Initiative“ ihre Veranstaltung am sogenannten „Kriegerdenkmal Schalker Verein“ enden zu lassen. Bei diesem Denkmal handelt es sich um eine lange in Vergessenheit geratene, wuchtige, sechs Meter hohe vierkantige Steele aus sechs Granitquadern mit dem fünf Meter langem lorbeerumringten Schwert aus Gussstahl aus dem Jahre 1937. Denkmäler dieser Art dienten den Nazis in den 1930er Jahren zur innenpolitischen Vorbereitung des geplanten, neuen Eroberungskrieges, den wir heute als Zweiten Weltkrieg kennen und in dessen Schatten der Holocaust stattfand.

Inschriften beidseits des lorbeerumkränzten Nazi-Schwerts

Inschriften beidseits des lorbeerumkränzten Nazi-Schwerts

Nach derzeitigen Erkenntnissen wurde das Nazi-Schwert, das in den Vorlagen der Stadtverwaltung wahlweise als „Kriegerehrenmal“ bzw. „Kriegerdenkmal Schalker Verein“ bezeichnet wird, im Jahre 1937 auf dem Gelände des Schalker Vereins an der Wanner Straße in Gelsenkirchen-Bulmke errichtet. Das Denkmal wurde von Hubert Nietsch gestaltet, der in Gelsenkirchen für weitere NS-affine Kunst bekannt und berüchtigt ist. Eingeweiht wurde es am 1. Mai 1937, dem von den Nazis als “Tag der nationalen Arbeit” instrumentalisierten 1. Mai der Gewerkschaften. Das Denkmal erinnert mit einer Inschrift an die im Ersten Weltkrieg „gefallenen Arbeitskameraden“ und instrumentalisiert ihren Tod mit der von den Nazis gerne bemühten Inschrift „Sie starben für Deutschland“ im Sinne der Nazi-Ideologie.

Das Schwert erinnert zugleich an die Aufstellung von monumentalen Holzschwertern während des Ersten Weltkrieges in vielen Städten auf öffentlichen Plätzen und in Gelsenkirchen auf dem Neumarkt. Diese dienten dem Beschlagen mit Nägeln, die durch Spenden für die Unterstützung von Kriegshinterbliebenen erworben wurden und auf diese Art für die Fortführung des Krieges warben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Denkmal um die Erinnerung an die „gefallenen Arbeitskameraden“ der Jahre 1939 bis 1945 ergänzt und im Laufe der Zeit vergessen. Heute ist von dem ursprünglichen Platz rund um die Säule nichts mehr zu erkennen, das Ensemble zu einem stillen Ort unter Bäumen geworden. Auch für den Historiker Dr. Schmidt (Institut für Stadtgeschichte) war es eine Neuentdeckung, die mit der Öffnung des ehemaligen Werksgeländes zusammenfiel.

Denkmal an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Werksangehörigen des Schalker Vereins aus der Nazi-Zeit (1937)

Denkmal an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Werksangehörigen des Schalker Vereins aus der Nazi-Zeit (1937)

Doch dort soll es nicht bleiben. Mit dem Antrag auf Eintragung in die Denkmalliste lag der Bezirksvertretung Mitte am 04. März 2015 auch ein Antrag auf Verlagerung („Translozierung“) und Umgestaltung vor, der im Laufe des Monats auch noch im Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss beraten und im Kulturausschuss am 18. März 2015 zur Entscheidung vorlag: da das Denkmal an seinem Standort hinter den Torhäusern an der Wanner Straße “einer Vermarktung und Entwicklung eines Gewerbe- und Industrieparks im Wege steht” plane die Eigentürmerin, die Firma Saint-Gobain, unter Beteiligung des Instituts für Stadtgeschichte und der zuständigen Denkmalbehörde die Verlagerung des Denkmals. Außerdem solle der historische Hintergrund durch eine künstlerische Ergänzung in Form einer Platte aus Stahl mit der Inschrift “Die Opfer der Kriege mahnen zum Frieden” und eine ISG-Erinnerungsortetafel erklärt werden. Die Kosten der Verlagerung wurden mit rund 30.500 Euro veranschlagt, der städtische Anteil daran mit 17.300 Euro.

Rückseitige Ansicht des Geländes der Torgebäude des ehemaligen Schalker Vereins

Rückseitige Ansicht des Geländes der Torgebäude des ehemaligen Schalker Vereins, linker Hand nach dem Wendehammer soll der neue Standort des Denkmals sein.

In einem früheren Artikel kritisierte ich die Kosten für die den Erhalt alter Nazi-Kunst, die Unklarheit der „künstlerischen Ergänzung“ sowie die Unwägbarkeit der Nutzung durch Rechtsextremisten. Eine weitergehende Kritik am Erhalt des Denkmals formulierte der umtriebige Klaus Brandt in einem seiner Bürgeranträge. Er beantragte, das Denkmal wieder von der Denkmalliste zu streichen und zu „entsorgen“. Erwartungsgemäß wurde der Antrag abgelehnt. Nun muss man nicht der Meinung von Klaus Brandt sein, ich teile sie auch nicht. Doch einfach unverschämt einem demokratisch gesinnten Bürger dieser Stadt gegenüber liest sich die Vorlage der Stadtverwaltung für die Kulturausschussitzung am 16. September 2015. Da wird der Vorschlag zur „Entsorgung“ des Nazi-Schwerts mit der Zerstörung wertvoller kultureller Denkmäler durch die Taliban in Afghanistan und des sogenannten „Islamischen Staat“ in Syrien gleichgesetzt. Ist dem Menschen, der diese Vorlage verfasst hat, nicht bekannt, in welchem Maße die Nazis im besetzten Europa gewütet haben? In ihrer Zerstörungswut sind sie viel eher mit den religiösen Fundamentalisten vergleichbar, als es Klaus Brandt ist.

Das Massaker von Oradour am 10. Juni 1944 war ein durch die Waffen-SS verübtes Kriegsverbrechen an der Bevölkerung des französischen Dorfes Oradour-sur-Glane (Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Car_in_Oradour-sur-Glane.JPG).

Ein Beispiel von vielen für die Zerstörungswut der Nazis im besetzten Europa. Das Massaker von Oradour am 10. Juni 1944 war ein durch die Waffen-SS verübtes Kriegsverbrechen an der Bevölkerung des französischen Dorfes Oradour-sur-Glane (Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Car_in_Oradour-sur-Glane.JPG).

Noch viel unglaublicher finde ich jedoch die Ankündigung in der gleichen Vorlage, dass die „Demokratische Initiative“ beschlossen habe, „ihre Veranstaltung zur Erinnerung an die Verbrechen  der sogenannten Reichskristallnacht im Jahr 2015 an dem Denkmal des Schalker Vereins enden zu lassen.“ Das muss man sich einmal vorstellen: Am Nazi-Schwert, das den Ersten Weltkrieg im Sinne der Nazi-Ideologie instrumentalisiert, innenpolitisch auf den Zweiten Weltkrieg vorbereitet in dessen Schatten der Holocaust stattfand, soll eine Gedenkveranstaltung an die Reichspogromnacht stattfinden, die 1938 einen neuen Höhepunkt der Judenverfolgung markierte. Zynischer geht es wohl kaum noch …

Nazi-Schwert wechselt für 30 000 Euro seinen Standort

Denkmal an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Werksangehörigen des Schalker Vereins aus der Nazi-Zeit (1937)

Denkmal an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Werksangehörigen des Schalker Vereins aus der Nazi-Zeit (1937)

Sie gehörte zu den vergessenen Denkmälern in Gelsenkirchen, die wuchtige, sechs Meter hohe vierkantige Säule aus sechs Granitquadern mit dem fünf Meter langem lorbeerumringten Schwert aus Gussstahl. Auf dem Gelände des ehemaligen Schalker Vereins, hinter den Torhäusern an der Wanner Straße in Gelsenkirchen-Bulmke steht sie unbeachtet und vergessen zwischen Bäumen. Doch dort soll sie nicht bleiben.

Eingeweiht wurde sie am 1. Mai 1937, dem von den Nazis pompös gefeierten „Tag der nationalen Arbeit“. Die Gestaltung geht auf den Bildhauer Hubert Nietsch (Künstlersiedlung Halfmannshof) zurück, von dem weitere NS-affine Kunst bekannt ist. Ihr Zweck ist eindeutig: Verklärung der Gefallenen des Ersten Weltkrieges im Sinne der Nazi-Ideologie, unzweideutig an der Gestaltung und der von den Nazis gerne verwendeten Inschrift „Sie starben für Deutschland“ zu erkennen.

InschriftenNach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Denkmal um die Erinnerung an die gefallenen Werksangehörigen der Jahre 1939 bis 1945 ergänzt. Heute ist von dem ursprünglichen Platz rund um die Säule nichts mehr zu erkennen, das Ensemble zu einem stillen Ort geworden. Auch für den Historiker Dr. Schmidt (Institut für Stadtgeschichte) war es eine Neuentdeckung, die mit der Öffnung des ehemaligen Werksgeländes zusammenfiel. Da das Denkmal an seinem jetzigen Standort „einer Vermarktung und Entwicklung eines Gewerbe- und Industrieparks im Wege steht“ plant die Eigentürmerin, die Firma Saint-Gobain, unter Beteiligung des Instituts für Stadtgeschichte und der zuständigen Denkmalbehörde die Verlagerung des Denkmals. Außerdem soll der historische Hintergrund durch eine künstlerische Ergänzung in Form einer Platte aus Stahl mit der Inschrift „Die Opfer der Kriege mahnen zum Frieden“ und eine ISG-Erinnerungsortetafel erklärt werden.

Die Kosten der Verlagerung betragen rund 30.500 Euro, der städtische Anteil daran beträgt 17.300 Euro. Ziemlich viel Geld für den Erhalt von alter Nazi-Kunst. Wie die „künstlerische Ergänzung“ genau aussehen und wirken wird, muss sich erst noch zeigen. Hoffen wir, dass das verlagerte Denkmal kein Anlaufpunkt für heutige Rechtsextremisten wird und „Die Rechte“ nicht am 1. Mai 2016 dort ihren „Tag der nationalen Arbeit“ feiert.

Die Wandinschrift „Nieder mit dem BRD-Imperialismus“ an der Vorderseite der Torhäuser wird wohl weder als Zeugin der politischen Auseinandersetzungen der 1970er Jahre noch als Kontrapunkt zum Nazi-Schwert denkmalwürdig sein und wahrscheinlich spurlos verschwinden. Kritische Stimmen wünschen das auch dem Nazi-Schwert.

Wandschrift am Tor 1 des früheren Schalker Vereins, später Saint Gobain, Wanner Straße 172, Gelsenkirchen-Bulmke

Wandschrift am Tor 1 des früheren Schalker Vereins, später Saint Gobain, Wanner Straße 172, Gelsenkirchen-Bulmke