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Vortrag über Wilhelm Tenholt, GESTAPO-Leitstelle Recklinghausen und Gelsenkirchen 1933-1936

Zeichnung eines Gerichtsreporters von Wilhelm Tenholt während des Verfahrens im Gerichtssaal 1949.

Zeichnung eines Gerichtsreporters von Wilhelm Tenholt während des Verfahrens im Gerichtssaal 1949.

Die Recklinghäuser Leitstelle der Geheimen Staatspolizei zählte zu den brutalsten Verhörorten in Westfalen im „Dritten Reich“. Der Kriminalrat Wilhelm Tenholt war nicht nur überzeugter Nazi und Leiter der Dienstelle, er war auch einer der gefürchtetsten Beamten. Die in sogenannte „Schutzhaft“ genommenen politischen Gegner wurden von ihm misshandelt und gefoltert, für einige Häftlinge endeten die Verhörmethoden tödlich. 1949 wurde Tenholt vor dem Bochumer Landgericht wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit verurteilt, allerdings kurz vor dem KPD-Verbot mit dem Hinweis, ob man den gefolterten Kommunisten „alles glauben könne“, typischerweise begnadigt.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Instituts für Stadtgeschichte (ISG) wird der Referent Ortwin Bickhove-Swiderski Stationen des beruflichen Werdegangs Tenholts nachzeichnen und anhand eidesstattlicher Zeugenaussagen dessen Verbrechen deutlich machen. Wilhelm Tenholt war schon ab 1931 illegal Mitglied der NSDAP. Nach der Machtübertragung an die Nazis wurden hunderte von KPD-Mitgliedern im Recklinghäuser Polizeipräsidium brutal gefoltert. Außerdem war Tenholt verantwortlich für die Todessprünge des KPD-Reichstagsabgeordneten Albert Funk sowie des KPD-Funktionärs Vörding aus Coesfeld. Bei seinen Recherchen zu einer Buchveröffentlichung über Albert Funk hat Bickhove-Swiderski bisher unveröffentlichte Dokumente im Bundesarchiv in Berlin ausgewertet; außerdem liegen ihm 180 Aussagen ehemaliger KPD-Mitglieder vor. Diese Akte hat die Zeit des KPD-Verbotes von 1956 im Haus eines Recklinghäuser KPD-Funktionärs eingemauert überdauert.

In einer der Aussagen wird berichtet: „Während die anderen Kriminal-Beamten die Wohnung durchsuchten, wurde ich von T e n h o l d  verhört. Dabei versetzte er mir dauernd Faustschläge ins Gesicht. (…) Im Laufe des Verhörs, forderte T e n h o l d  meine Frau auf, die Brille abzunehmen, wonach er sie dann mehrere Male ins Gesicht schlug. Wir wurden beide, meine Frau und ich, verhaftet. (…) Noch am Vormittag desgleichen Tages, wurde ich zur Vernehmung vorgeführt. Im Vernehmungszimmer wurde ich kurzerhand über einen Tisch gestoßen und mit Knüppeln und Stahlruten geschlagen. Nach etwa 30 Schlägen, wurde ich von Tenhold aufgefordert, auszusagen. Da ich schwieg, begann die Prozedur von Neuem. Dieses wiederholte sich 5 Mal, wobei ich durchschnittlich jedes Mal 50 Schläge erhielt, die auf Rücken, Gesäß und Beine niedersausten. Neben Kommissar Tenhold waren noch 6 andere Männer im Vernehmungszimmer, von denen jedes Mal 4 schlugen . Auch Tenhold selbst beteiligte sich am Schlagen. Während dieser Vernehmung sagte Tenhold zu mir, dass ein Tag vorher einer durch s Fenster gegangen sei und ich ihm nachfolgen könnte. Bei der letzten Prozedur wurde ich ohnmächtig.“

Der Vortrag findet passenderweise in der Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“, im ehemaligen Polizeigebäude von 1907 in Gelsenkirchen-Erle statt. In der Nazi-Zeit war das Haus unter anderem Sitz der NSDAP-Ortsgruppenleitung Buer-Erle und der Erler SA. Nach dem Fund einer Wandinschrift mit dem Parteiprogramm der NSDAP von 1920 wurde diese unter Denkmalschutz gestellt und am 8. Mai 1994 im Haus eine Dokumentationsstätte mit einer Dauerausstellung über Gelsenkirchen im Nationalsozialismus eröffnet. Hier führt das ISG regelmäßig Veranstaltungen durch, um „mit ausgewiesenen Fachleuten verschiedene Themen aus der Geschichte des Nationalsozialismus und aus der politischen und pädagogischen Auseinandersetzung mit dem ‚Dritten Reich‘ öffentlich zu diskutieren.“

„Wilhelm Tenholt – Chef der Gestapoleitstelle Recklinghausen – Gelsenkirchen von 1933-1936“ von Ortwin Bickhove-Swiderski, Dülmen. Der Vortrag findet am Mittwoch, 24. Februar 2016, ab 19 Uhr in der Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“, Cranger Straße 323 in 45891 Gelsenkirchen statt. Die Einrichtung ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Linien 301, 342, 381, 397,398, Haltestelle „Marktstraße“) gut zu erreichen.

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