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„Eine interessante Biographie kann man ihm sicher nicht absprechen.“

Interview mit Valentin Zill

Valentin Zill (Quelle: Facebook).

Kürzlich stieß ich in der örtlichen WAZ auf einen Artikel über Kandidatinnen und Kandidaten der kleinen Parteien zur Landtagswahl NRW am kommenden Sonntag, deren Chance, tatsächlich in den Düsseldorfer Landtag einzuziehen, eher gering ist. Einer dieser Kandidaten ist der mir bekannte Valentin Zill, der erst kürzlich von Hessen nach Gelsenkirchen gezogen ist. Da der Artikel in der WAZ offenkundig aufgrund einer reinen Online-Recherche entstanden ist („Wer über den gebürtigen Göttinger im Netz nachforscht“), ohne dass der Kandidat selbst befragt worden ist, nutzte ich journalistischer Amateur die Chance, ihn selbst zu interviewen. Die Überschrift zu diesem Beitrag ist übrigens dem oben genannten WAZ-Artikel entnommen.

Knut: Hallo Valentin, kürzlich hat die Gelsenkirchener WAZ kurz über verschiedene Kandidatinnen und Kandidaten zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 berichtet. Du hast mir gegenüber den Text deutlich kritisiert. Wie würdest du dich und deine Biografie kurz vorstellen?

Valentin: Die WAZ-Notiz hat mich vor allem deshalb gestört, weil sie oberflächlich recherchiert war und der Autor sich nicht bei mir gemeldet hat – politische Inhalte fehlen da völlig. Das ich nach meiner Bundestagskandidatur im Wahlkreis Rheingau-Taunus – Limburg für die Linkspartei „noch weiter nach links gerückt“ sei, ist falsch. Ich war als Student schon einmal Mitglied der DKP, hatte mich in Limburg nur in der Linkspartei engagiert, weil die DKP dort nicht aktiv ist, und war innerhalb der Linkspartei in der Kommunistischen Plattform organisiert.
Richtig ist, dass ich ursprünglich aus Göttingen komme. Ich bin Jahrgang Tschernobyl. Meine Familie ist an den Chiemsee gezogen, als ich sieben war. Ich habe zwei Berufsausbildungen in München gemacht, in Traunstein Abitur nachgeholt und in Heidelberg, Bayreuth und München studiert. Ich habe einen Bachelor of Arts in Ethnologie, Soziologie und Afrikanistik.
Nach dem Studium habe ich zunächst freischaffend als Musikjournalist gearbeitet und längere Zeit in Côte d’Ivoire und Äthiopien gelebt. Zurück in Deutschland habe ich im Tourismus gearbeitet. Dann kam Corona. Ich musste mich beruflich neu orientieren, habe mich auf meine Talente besonnen und entschieden, wieder Journalist zu werden. Jetzt schreibe ich über Politik statt über Musik, mit klarem proletarischem Klassenstandpunkt.
Das Wichtigste aber: Ich bin seit meinem 14. Geburtstag politisch aktiv. Gegen Faschismus, für Frieden, als Gewerkschaftsmitglied.

Knut: Warum kandidierst du für die DKP und warum gerade in Gelsenkirchen?

Valentin: Für die DKP kandidiere ich, weil ich davon überzeugt bin, dass unser Bundesland – und unser Land – eine kommunistische Partei braucht. Unser Widerstand gegen Kapitalismus und Imperialismus, gegen Krieg und Umweltzerstörung ist wichtiger denn je.
Wir treten aber nicht zur Landtagswahl an, um am Parlamentsbetrieb teilzuhaben. Der Wahlkampf ist Teil unserer außerparlamentarischen Strategie. Wir unterstützen gewerkschaftliche und soziale Kämpfe, die Friedensbewegung und antifaschistische Arbeit.
Im Wahlkreis Gelsenkirchen I – Recklinghausen V trete ich an, weil es mich beruflich vor knapp einem Jahr nach Gelsenkirchen verschlagen hat, ich mich hier wohl fühle und politisch engagieren möchte. Die „Stadt der zehntausend Gefeuerten“ ist nach dem verpassten Strukturwandel die ärmste Deutschlands. Hier ist die Not besonders groß. Dafür sind die Menschen hier freundlich, offen und vor allem solidarisch.

Knut: Was sind für dich die 3 wichtigsten politischen Themen/Fragen der Gegenwart?

Valentin: Zuvorderst die Frage nach Krieg und Frieden. Der deutsche Imperialismus rüstet massiv auf. Der deutsche Rüstungshaushalt wird dieses Jahr der drittgrößte der Welt sein. Die NATO-Staaten geben 16-mal mehr für Rüstung aus als Russland. Deutschland alleine wird in diesem Jahr mehr Geld in Waffen und Militär stecken als das so viel größere Russland. Wer solche Rüstungsorgien feiert, der bläst zum Krieg. Dem müssen wir uns entschieden entgegen stellen. Die DKP fordert den Austritt der BRD aus der NATO, das Verbot sämtlicher Rüstungsexporte und die Beschlagnahmung der Gewinne der Rüstungsindustrie. In Nordrhein-Westfalen setzen wir uns für die Schließung der AWACS-Air-Base in Geilenkirchen, der NATO-Basis in Kalkar und die Auflösung des deutsch-niederländischen Korps in Münster ein.
Dann die Verelendung breiter Massen im Spätkapitalismus. Die Energiepreise galoppieren, die Lebensmittelpreise wachsen rasant, die Mieten steigen auch immerzu. Hartz-IV-Empfängern war ein menschenwürdiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe schon immer verwehrt. Jetzt sinkt auch der Lebensstandard von Arbeitern und Angestellten deutlich, die sich bisher zur Mittelschicht zählten. Immer mehr Menschen stellt sich die Frage: Hungern oder Frieren? Gleichzeitig werden die Reichen immer reicher. Im Jahr 2020 zum Beispiel wuchs das Vermögen der Superreichen um sagenhafte 60 Prozent. Im gleichen Zeitraum fielen über 100 Millionen Menschen auf der Welt in absolute Armut. Da besteht natürlich ein Zusammenhang, der in den Medien allerdings kaum thematisiert wird. Wir Kommunisten fordern eine Millionärssteuer, Energiezuschläge für Sozialleistungsempfänger und ein Verbot von Strom- und Gassperren.
Der dritte wichtige Punkt ist die Ausländerfeindlichkeit und der Rassismus in Deutschland und die wachsende faschistische Gefahr. Krieg und Faschismus gehören zusammen. Ich bin dem Schwur von Buchenwald verpflichtet, den Nazismus mit seinen Wurzeln zu vernichten und eine neue Welt des Friedens und der Freiheit aufzubauen. Die DKP kämpft für ein Verbot sämtlicher faschistischer Parteien und für eine Auflösung des so genannten „Verfassungsschutzes“, der Nazis mit Geld und Waffen versorgt und vor Strafverfolgung schützt. Wir setzen uns dafür ein, den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus zum gesetzlichen Feiertag zu machen.

Knut: Du schreibst für die Zeitung „Unsere Zeit“. Was ist deine Motivation?

Valentin: Bei der UZ mache ich ein Volontariat, also eine Ausbildung zum Redakteur. Hier darf ich mich spannenden Themen widmen und einen kleinen Beitrag dazu leisten, proletarisches Klassenbewusstsein zu fördern, Perspektiven für eine bessere Welt aufzuzeigen und Aufklärung zu betreiben – was die Mainstream-Medien, alle im Besitz weniger Konzerne, ja nicht tun.

Knut: Du bist auch Mitglied der VVN-BdA. Was hat dazu geführt, hier Mitglied zu sein?

Valentin: Mit der VVN-BdA bin ich erstmals in Kontakt gekommen, als ich im Rahmen meines Abiturs eine Seminararbeit zum Thema „Die Problematik des öffentlichen Gedenkens an Opfer des Faschismus im Landkreis Traunstein“ geschrieben habe. Die einzige Monographie, auf die ich mich stützen konnte, war ein Buch von Friedbert Mühldorfer von der VVN-BdA München. Er hat mich unterstützt und hervorragende Tipps gegeben. Für meine Seminararbeit habe ich dann einen lokalen Geschichtspreis gewonnen. Als Dank bin ich der VVN beigetreten. Das war damals aber schon lange überfällig. Meine politische Sozialisation hatte schließlich mit Antifaschismus begonnen.
Mitglied eines Verbands zu sein, der von Überlebenden der faschistischen deutschen Barbarei gegründet wurde, war und ist für mich eine Ehre, die mir eigentlich nicht zusteht. In der VVN durfte ich Menschen wie Martin Löwenberg und Prof. Kurt Pätzold kennenlernen – Begegnungen, die mich geprägt haben.

Knut: Vielen Dank für das Gespräch!

Antikriegstag in Gelsenkirchen 2019 – 80 Jahre nach Entfesselung des Zweiten Weltkrieges (mit Update)

Aus Anlass des Antikriegstages ruft der Deutsche Gewerkschaftsbund dazu auf, sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen und die Friedensinitiative „Abrüsten statt Aufrüsten“ zu unterstützen. In Gelsenkirchen lädt die DGB-Jugend Emscher-Lippe zur Kundgebung auf dem Platz der Alten Synagoge ein. Zwei weitere Veranstaltungen finden am 1. September auf dem Westfriedhof und am 2. September auf dem Neumarkt statt. Der Antikriegstag erinnert in jedem Jahr an die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges durch Nazi-Deutschland am 1. September 1939 und ruft dazu auf, sich auch in der Gegenwart für den Frieden einzusetzen.

In seiner Erklärung ruft der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes nicht nur dazu auf, sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen, sondern spannt einen weiten Bogen zum Einsatz für soziale Sicherheit und gegen Rechtsextremismus. Die Bundesregierung wird konkret aufgefordert, statt „mit Unsummen das Wettrüsten anzuheizen, (…) die dafür vorgesehenen Mittel in ein sozial gerechtes Deutschland und Europa mit nachhaltigen Zukunftsperspektiven zu investieren. Soziale Gerechtigkeit und sichere Zukunftsperspektiven für alle – das ist zugleich die wirksamste Antwort auf die Spaltungs- und Ausgrenzungsparolen von Rechtsextremisten und Rechtspopulisten.“ Der DGB weist darauf hin, dass weltweit die Feinde der Demokratie auf dem Vormarsch sind. „Sie instrumentalisieren die tiefe Verunsicherung, die das Gefühl bei vielen Menschen auslöst, in einer Welt zu leben, die völlig aus den Fugen geraten ist.“ Diese Probleme, so der DGB weiter, lassen sich „nur mit weniger statt mit mehr Waffen lösen.“ Der DGB ruft dazu auf, den Aufruf der Friedensinitiative „Abrüsten statt Aufrüsten“, der sich gegen das Zwei-Prozent-Ziel der NATO wendet und bereits von mehr als 150.000 Menschen unterschrieben, zu unterzeichnen und sich an den Friedensaktivitäten zu beteiligen. (Die vollständige, lesenswerte Erklärung ist hier nachzulesen.)

In Gelsenkirchen lädt die DGB-Jugend Emscher-Lippe am Freitag, dem 30. August 2019 von 16.00 bis 17.30 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Platz der Alten Synagoge, Georgstraße 2 in 45879 Gelsenkirchen ein.

Auf Facebook ruft die DGB-Jugend mit folgender Erklärung auf: „Demokratie, Frieden und Freiheit sind nicht selbstverständlich, sondern müssen entschlossen verteidigt werden – gerade jetzt. Denn während die Atommächte ihre Nuklearwaffen modernisieren, steigen die USA aus wichtigen friedenssichernden Verträgen mit Iran und Russland aus. Darum ist unser gewerkschaftlicher Einsatz für eine starke Friedensbewegung aktuell besonders gefordert.
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Das sind seit 1957 die Antworten der Gewerkschaften auf das menschliche Leid, das Nazi-Deutschland über die Welt gebracht hat. Am 1. September 2019 jähren sich der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen und damit der Beginn des Zweiten Weltkriegs zum achtzigsten Mal. Daran erinnert der DGB anlässlich des Antikriegstages und setzt ein Zeichen für Frieden und Abrüstung.

Setz auch Du ein Zeichen.
Komm zum Antikriegstag!“

Grabstätten für Gefallene des Ersten Weltkriegs auf dem Westfriedhof in Gelsenkirchen-Heßler. Die Kreuze im Hintergrund erinnern an die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges. (Foto aus 2016)

Dreimal Antikriegstag in Gelsenkirchen

In diesem Jahr finden drei Veranstaltungen zum Antikriegstag statt. Neben der oben genannten der DGB-Jugend kündigten WAZ und Stadtspiegel für den 1. September ab 14 Uhr eine Gedenkstunde des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf dem Westfriedhof in Gelsenkirchen-Heßler in Kooperation mit der Gesamtschule Berger Feld und dem Institut für Stadtgeschichte an. Dort ruhen insgesamt 1143 Tote aus beiden Weltkriegen. darunter, wie die WAZ schreibt auch „zivile Bombenopfer, ausländische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, deutsche Soldaten und ausländische Kriegsgefangene, Opfer der ‚Euthanasie‘ und der Konzentrationslager sowie Opfer des Widerstandes.“ Im Rahmen der Gedenkstunde präsentiert der Volksbund eine Informationstafel für die fünf Kriegsgräberstätten. Schülerinnen und Schüler führen die Gäste zu den Kriegstoten und erläutern historische Hintergründe.

„Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker!“

Die dritte Veranstaltung aus diesem Anlass findet am Montag, dem 2. September ab 17.15 Uhr auf dem Neumarkt statt. Veranstalter ist das Gelsenkirchener Bündnis gegen Krieg und Faschismus, das seit 2011 Kundgebungen zum Antikriegstag durchführt. In einem bemerkenswert kurzen und prägnanten Aufruf warnt das Bündnis angesichts aktueller Kriegsvorbereitungen auch der Bundeswehr vor der Gefahr eines 3. Weltkrieges und sieht die USA als Hauptkriegstreiberin. Die Forderungen wenden sich gegen Massenvernichtungswaffen, Auslandseinsätze der Bundeswehr und Rüstungsexporte, gefordert wird eine Umwidmung der Rüstungs-Milliarden für soziale Aufgaben, Klima- und Umweltschutz sowie ein Verbot aller faschistischer Organisationen und ihrer Propaganda. Konkret stellt sich das Bündnis gegen den drohenden Angriff des NATO-Partners Türkei in Nordsyrien und ruft mit einem Zitat Che Guevaras „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“ zu Frieden, Völkerfreundschaft und internationale Solidarität auf. Die Unterstützerinnen und Unterstützer finden sich aus den Reihen der drei linken Parteien in Gelsenkirchen und ihnen nahestehenden Organisationen.

Mit Ergänzungen vom 31.08.2019. In der ursprünglichen Fassung des Artikels wurde nur auf die Kundgebung der DGB-Jugend hingewiesen.

Kleine Geschichte des Antikriegstages

Klassisches Bildmotiv zum Antikriegstag (Käthe Kollwitz, 1924).

Seit 1957 erinnern Friedensgruppen und Gewerkschaften an die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges durch Nazi-Deutschland mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939. Im Zentrum stehen jeweils aktuelle friedens- und gesellschaftspolitische Themen, verbunden mit der Mahnung, dass von deutschen Boden nie wieder Krieg ausgehen darf.

Schon nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) riefen die „Deutsche Friedensgesellschaft“ (heute DFG/VK) und weitere Organisationen der Friedensbewegung, der Arbeiterjugend und der Jungsozialisten zum 1. August 1920 zu einer Kundgebung unter der Parole „Nie wieder Krieg“ auf. Nach großen Kundgebungen 1920 und 1921 zeigte sich jedoch, dass die Parole „Nie wieder Krieg“ als Integrationsformel nicht ausreichte. Die Parole entwickelte sich mit zunehmendem Abstand zum Ersten Weltkrieg immer stärker zu einer Kompromißformel, die nur noch die unterschiedlichen Standpunkte verdeckte. Die SPD unterstützte sogar 1928 (unter Bruch ihres Wahlversprechens) die Wiederaufrüstung Deutschlands mit dem Beschluss zum Panzerkreuzerbau. Und ohnmächtig musste die Friedensbewegung den Aufstieg der NSDAP mit Beginn der Weltwirtschaftskrise mit ansehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945), der von Nazi-Deutschland bewusst als Eroberungs- und Vernichtungskrieg entfesselt und mit einer nie gekannten Zerstörungsgewalt auf Deutschland zurückgefallen war, schien eine Wiederbewaffnung Deutschlands zunächst undenkbar. Doch der „Kalte Krieg“ zwischen den Supermächten USA und UdSSR, die Teilung des Landes und die Integration der beiden deutschen Staaten in zwei unterschiedlichen militärischen Bündnissystemen führten zur Grundung der Bundeswehr und der NVA. Im Juli 1956 wurde in der Bundesrepublik Deutschland die allgemeine Wehrpflicht beschlossen und am 1. April 1957 rückten die ersten Wehrpflichtigen in die Kasernen der Bundeswehr ein. In der DDR wurde – ebenfalls 1956 – die Gründung der „Nationalen Volksarmee“ (NVA) beschlossen.

Zum 1. September 1957 rief die „Antimilitaristische Aktion“, ein Bündnis der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken, der Solidaritätsjugend, der Naturfreundejugend und der Verband der Wehrdienstverweigerer zum Antkriegstag in Erinnerung an den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 auf. In den 1950er und 1960er Jahren stand der Antikriegstag meist im Schatten der Ostermärsche. Seinen Höhepunkt erreichte er in den 1980er Jahren, als mehrere Zehntausend Menschen an den Kundgebungen teilnahmen und sich auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zentral beteiligte. Zum 1. September 1980 veröffentlichte der DGB-Bundesvorstand erstmals einen zentralen Aufruf.

Antikriegstagsplakat des DGB von 1987.

Themen in den 1980er Jahren waren u.a. die Rüstungspolitik der „Supermächte“ und die NATO-Nachrüstung, alternative Sicherheitskonzepte, die Einstellung der Rüstungsexporte und die Umstellung der Rüstungs- auf Friedensproduktion (Rüstungskonversion). Die Hinwendung des DGB zu einem stärkeren friedenspolitischen Engagement vollzog sich natürlich nicht ohne Konflikte innerhalb des DGB, die sich insbesondere zwischen der Jugendabteilung und der Gesamtorganisation zeigten.

In der Gegenwart

Mit der vorgeblichen „Normalisierung“ und damit verbundenen Militarisierung der deutschen Außenpolitik seit der Vereinigung beider deutscher Staaten war kein erneuter Aufschwung der Friedensbewegung verbunden. Die auch von Pazifisten mitgegründete Partei Die Grünen tat sich in den 1990ern mit der Diskussion um „Out of Area“-Einsätze der Bundeswehr hervor und befürwortet sie mehrheitlich, ideologisch unterfüttert als Einsatz für die Menschenrechte. Pervertiert wurde diese Ansicht 1998 in der „Neuen Auschwitzlüge“ , in der das Verbrechen von Auschwitz für die Begründung des NATO-Bombardements gegen Jugoslawien missbraucht wurde.

Friedensforum Gelsenkirchen

Angesichts des sogenannten „Krieg gegen den Terror“ seit den Anschlägen vom 11. September 2001, den Militärschlägen gegen Afghanistan (2001) und den Irak (seit 2001 erwogen, 2003 mit einer Lüge begründet)  gründete sich in Gelsenkirchen 2002 das Friedensforum Gelsenkirchen als überparteiliches Bündnis von Personen, die sich für eine friedliche Politik nach innen und außen einsetzen. Das Bündnis engagiert sich nach der Maxime, dass Krieg kein Mittel der Politik sein darf, sondern dass es immer auch friedliche Möglichkeiten gibt, Konflikte zu lösen. Das Friedensforum organisiert seitdem  jedes Jahr den Gelsenkirchener Beitrag zum Ostermarsch Rhein-Ruhr im Stadtgarten und in unterschiedlicher Häufigkeit weitere Veranstaltungen zu aktuellen, friedenspolitischen Themen, zuletzt zum Bundeswehreinsatz in Syrien. Von 2003 bis 2006 gehörten auch Veranstaltungen anlässlich des Antikriegstages dazu.

Nachdem zum Antikriegstag 2002 das „Bündnis gegen Rechts“ den Irak-Krieg in einem Flugblatt thematisierte, veranstaltete das Friedensforum zum Antikriegstag 2003 eine öffentliche Kundgebung auf dem Neumarkt, zu der auch die Gelsenkirchener Jusos aufriefen. Anlässlich des Antikriegstages 2004 lud das Friedensforum zu einem Vortrag am 31. August 2004 in die flora ein. Roger Reinhard aus Havixbeck, Mitglied der Friedensinitiative Nottuln, berichtete von einem 3monatigen Aufenthalt im Frühjahr 2004 im Auftrag des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Palästina und Israel.

Zum Thema Krieg gegen den Iran lud das Friedensforum am 1. September 2005 zu einem Vortrag von Clemens Ronnefeldt, Friedensreferent beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes in die flora ein. Zu „Hiroshima und die Abschaffung von Atomwaffen“ luden zum 1. September 2006 das Friedensforum gemeinsam mit der in Gelsenkirchen wieder gegründeten VVN-BdA Gelsenkirchen zu einem Bericht über die Friedensbewegung in Japan durch Hannelore Tölke, Landesprecherin der VVN-BdA NRW ein. Im Flugblatt erinnerten beide Organisationen an die Erklärung deutscher Bürgermeister zur Abschaffung von Atomwaffen Mayors for Peace, die Frank Baranowski im Jahr 2005 mit weiteren Bürgermeistern des Ruhrgebietes unterschrieben hat.

Bündnis gegen Krieg und Faschismus

Seit 2011 organisiert ein Antikriegstagsbündnis aus Mitgliedern linker Parteien und Organisationen (DKP, Die Linke, MLPD) und der überparteilichen VVN-BdA eine öffentliche Kundgebung am 1. September auf dem Preuteplatz in der Gelsenkirchener Innenstadt. Zog man in den ersten drei Jahren anschließend zum antifaschistischen Mahnmal im Stadtgarten, veränderte das Bündnis seit 2014 das Veranstaltungsformat. 2014 zog man nach der Kundgebung zu einem Kriegerdenkmal des hundert Jahre zuvor begonnenen Ersten Weltkrieges und erinnerte auch an Deserteure beider Kriege, 2015 zog man durch die Innenstadt und besuchte Stolpersteine, an denen die jeweiligen Paten an die dahinterstehenden Lebensgeschichten erinnerten. Die Abschlusskundgebung fand vor dem Hans-Sachs-Haus statt.

Antikriegstag 2015 – Zwischenkundgebung am Stolperstein für Erich Lange Ecke Am Rundhöfchen/Heinrich-König-Platz

Seit 2015 wendet es sich als „Bündnis gegen Krieg und Faschismus“ auch gegen Auftritte rechtsextremer und rechtspopulistischer Parteien wie „Die Rechte“, „Pro NRW“ und die „AfD“. Zu den erfolgreichsten Aktivitäten gehört die Blockade der „Die Rechte“, die am 1. Mai 2015 von Essen nach Gelsenkirchen marschieren wollte. Der Versuch, zum Antikriegstag 2016 ein stark verändertes Veranstaltungsformat zu etablieren, führte zu Spannungen zwischen den Bündnispartnern. Zum Antikriegstag 2017 wird derzeit ein Demonstrationszug vorbereitet.

Seit 2014 führt auch wieder der Deutsche Gewerkschaftsbund eine öffentliche Veranstaltung zum Antikriegstag in Gelsenkirchen durch.

Quelle zum überregionalen Teil

Artikel um Inhalte der Veranstaltungen des Friedensforums Gelsenkirchen ergänzt.

Eindrücke aus der Buerschen Anti-AfD-Demo

Blick durch den Polizeikordon in die Veranstaltung der AfD

Am heutigen späten Freitagnachmittag hat es die sogenannte „Alternative für Deutschland“ geschafft, sehr viele unterschiedliche Gegendemonstranten in Gelsenkirchen-Buer zu mobilisieren. Ich habe sie nicht alle zählen können, saß und stand ich doch mitten drin.

Es war eine bunte, laute und lebendige Gruppe, die vom Goldbergplatz aus am Beginn der Hochstraße, auf der Rückseite der AfD-Bühne, gegen eben diese AfD demonstrierte. Zu erkennen war, dass am anderen Ende der AfD-Veranstaltung auf der Hochstraße ebenfalls demonstriert wurde.

Als zwischenzeitlich der von der SPD zur AfD übergetretene Guido Reil auftauchte, um von der Polizei geschützt den Veranstaltungsort zu erreichen und später wieder zu verlassen, wurde er massiv ausgebuht und mit skandierten Rufen wie „Arbeiterverräter“ überschüttet. Zu Verwirrung unter den Demonstranten kam es, als ein Teil unserer eigenen Demonstranten über unsere Sitzdemo hinweg stürmte und glaubte, die Polizisten überrennen zu können.

Blick auf einen Teil der entstehenden Anti-AfD-Demo hinter der AfD-Bühne auf der Hochstraße.

Da die angekündigten Regenschauer ausblieben und die Sonne schien, war es ein herrliches kleines Volksfest für Demokratie, Freiheit und gute Laune – und im Übrigen auch meine erste Sitzblockade. Die Bundestagswahl kann kommen …

Supplement
Einen Beitrag gibt es von Inge Ansahl in der WAZ und noch einen mit vielen Fotos auf Buer total. Weitere Fotos nebst seinen Kommentaren hat ein Nutzer der Gelsenkirchener Geschichten ebenda veröffentlicht.

Nein zu Pro NRW

27.03.2010 Schloss HorstDas neue „Bündnis gegen Rechts Gelsenkirchen“ ruft mit folgendem Aufruf zur Kundgebung gegen Pro NRW auf.

Früher: Roma durch Nazis ermordet!

Heute: diskriminiert und in Elend und Armut getrieben!

Kein Platz für Geschichtswiederholung!

Nein zu Pro NRW!

Dienstag 12. März 2013 ab 13.30 Uhr

Gelsenkirchen-Buer,

Horster Straße Ecke Beckeradsdelle

Zur Strategie der fremdenfeindlichen Partei „Pro NRW“ gehört das gezielte Schüren ras­sistischer Ängste. „Pro NRW“ will im März rassistische Aktionen vor Flüchtlingsunterkünften durchführen. Wir setzen dieser Hasskampagne die Forde­rung nach Besonnenheit und Solidarität ent­gegen. Wir wollen eine Gesellschaft, in der jeder frei von Diskriminierungen leben kann und Asylsuchende und Flüchtlinge ein Recht auf Schutz haben.

Was heißt hier „Asylmissbrauch“?

Es ist kein Geheimnis, dass viele Menschen fliehen, weil sie in ihrer Heimat in bitterster Armut leben. Insbesondere Angehörige an­gefeindeter Bevölkerungsgruppen wie Roma und Sinti werden systematisch diskriminiert. Nach EU-Recht ist das eine Form politischer Verfolgung. Deswegen erhalten viele von ih­nen ebenso wie Bürgerkriegsflüchtlinge eine Duldung. Das zeigt, dass sie eben keinen „Asylmissbrauch“ begehen, sondern ernst zu nehmende Fluchtgründe haben.

Biedermänner als geistige Brandstifter

Dass „ProNRW“ ausgerechnet vor Flücht­lingsunterkünften demonstrieren will, zeugt von der Menschenverachtung dieser ras­sistischen Truppe. Sie suchen sich den schwächsten Gegner – Menschen, die aus schierer Not ihr Heimatland verlassen muss­ten und die Sprache jener, die gegen sie het­zen, kaum verstehen. „ProNRW“ weiß genau, dass Provokation keinen einzigen Flucht­grund aus der Welt schafft. Kein Mensch flieht ohne Notwendigkeit, und die Armut in vielen Ländern der Welt ist geradezu die Grundlage für den relativen Reichtum hierzu­lande. Aber das einzige, was „Pro NRW“ will, ist ein rassistisches Feindbild verbreiten.

Zeigen Sie mit uns Flagge:

Gegen Diskriminierung und Rassismus

Für Demokratie und Menschenwürde

Verbot aller faschistischen Organisationen und ihrer Propaganda!

Pro NRW mal nicht im Schloß Horst

27.03.2010 Schloss HorstDie Rechtspopulisten der selbsternannten „Bürgerbewegung“ Pro NRW touren mal wieder durch NRW und versuchen auf ihre ewig gestrigen Positionen aufmerksam zu machen. Dieses Mal nennen sie ihre Rundreise „Volksinitiative gegen Asylmissbrauch“. In Gelsenkirchen versammeln sie sich dieses Mal nicht zu einem „Anti-Minarett-Parteitag“ im Schloss Horst, sondern wollen vor einem Übergangsheim in Buer gegen „Asylmissbrauch“ demonstrieren.

Wie die WAZ beispielhaft berichtet, hat sich in der Nachbarstadt Essen bereits im Vorfeld ein breites Bündnis „Essen stellt sich quer“ gebildet, das zu einer Gegendemonstration am 9. März 2013 ab 13 Uhr in Essen-Haarzopf aufruft.

Am Dienstag, 12. März 2013 wollen die Rechtspopulisten zuerst in Duisburg-Rheinhausen im Ortsteil Bergheim vor dem dortigen „Problemhaus“ In den Peschen 3-5 um 11 Uhr demonstrieren, um anschließend um 14 Uhr an der Beckeradsdelle 9 in Gelsenkirchen-Buer aufzutreten.

SJD – Die Falken haben in Gelsenkirchen schnell reagiert und im Innenhof des Übergangsheims ein Kinderfest geplant. Vertreter von Gelsenzentrum, der Die Linke, der DKP und der MLPD in Gelsenkirchen haben dagegen eine kleine Neuauflage eines „Bündnisses gegen Rechts Gelsenkirchen“ gegründet und rufen zu einer Demonstration auf. Dieses neue, kleine Bündnis ist allerdings nicht zu verwechseln mit dem alten „Bündnis gegen Rechts“, eines Personenbündnisses getragen von Menschen aus den Jusos, der SPD, den Grünen, der Grünen Jugend, der Linken bzw. der Linken Alternative, der DKP, der VVN-BdA, Gelsenzentrum, der Schokofront, der SJD – Die Falken , der Schalker Fan-Ini und der Antifa sowie Gewerkschaftern.

Und: wenn man auf die „Aktionen“ von Pro NRW im Jahre 2010 zurückblickt, lässt sich feststellen, dass die selbsternannte „Bürgerbewegung“ nur wenig Menschen zu ihren Aktionen mobilisieren konnte und die Gegendemonstranten wesentlich zahlreicher waren, als die Ewiggestrigen!

Faschisten in unserer Stadt (II)

Hakenkreuz-Schmierereien Fritz-Erler-HausÜber die bundesweit aktive „Zwickauer Terrorzelle“ haben die Medien ausführlich berichtet. Inzwischen wird in weiteren ungeklärten Mordfällen und Attentaten überprüft, ob diese auch auf das Konto der Terroristen gehen. Dazu gehört beispielsweise auch ein bislang ungeklärter Mordversuch in Duisburg-Meiderich aus dem Jahre 2003 an einem türkischstämmigen Gastwirt.

In Gelsenkirchen dürfte der Anschlag auf ein Jugendheim der Falken in Gelsenkirchen noch vielen in Erinnerung sein. Ganz vergessen haben werden aber die meisten einen Brandanschlag auf Wohnwagen der Sinti und Roma im November 2010. Die örtliche WAZ schrieb damals u.a.: „19 brennende Wohnwagen verwandelten einen Parkplatz an der Katernbergerstraße zwischen Essen und Gelsenkirchen in der Nacht zum Freitag in ein Flammenmeer. Zahlreiche Sinti- und Roma-Familien hatten ihre Wohnmobile hier abgestellt. Der Sachschaden beträgt rund 200.000 Euro. Die Polizei geht nicht von einer Tat mit fremdenfeindlichem Hintergrund aus. Klicken Sie sich durch unsere Fotostrecke von Thomas Schmidtke.“ Feuerwehren aus Essen und Gelsenkirchen löschten in einem Großeinsatz den Brand, der rasch um sich griff, da die Wohnwagen dicht an dicht standen. Nach zwei Stunden hatten die Feuerwehrleute den Brand gelöscht, übrig blieb ein Trümmerfeld. (Ausführlicher Bericht damals in der WAZ.) Doch schon damals erschien es mir unerklärlich, warum die Ermittlungsbehörden so schnell einen rechtsextremen Hintergrund ausschließen konnten.

Die Gelsenkirchener DKP hat angesichts der jüngsten, beispiellosen Enthüllungen über die Verbrechen der Terroristen aus Zwickau nachgefasst und die örtliche Polizeibehörde  und die Staatsanwaltschaft Essen nach dem Stand der Ermittlungen zum Brandanschlag  gefragt. In einem am 5. Januar 2012 per E-Mail versandten Schreiben an den Polizeipräsidenten und die Staatsanwaltschaft Essen heißt es:

Sehr geehrter Herr von Schönfeld,
vor etwa einem Jahr brannten an der Katernberger Straße zwischen Essen und Gelsenkirchen 19 Wohnwagen ab. In dem Viertel lebten vor allem Sinti- und Roma-Familien, von denen viele ihre Wohnmobile auf dem Parkplatz über den Winter abgestellt hatten. Da es „eine Feuerschneise zwischen dem Brand gab“ (waz), ging die Polizei von Brandstiftung aus. In der Nacht sollen weglaufende Personen gesehen worden sein. Obwohl zahlreiche Sinti- und Roma-Familien von dem Brand betroffen waren, ging die Polizei – nach Presseberichten – „von Anfang an“ (!) nicht von einer Tat mit fremdenfeindlichem Hintergrund aus. Wie intensiv damals überhaupt in diese Richtung ermittelt wurde, ist uns bisher nicht bekannt.
Inzwischen hat sich herausgestellt: Fast ein Jahrzehnt lang sind deutsche Neofaschisten raubend und mordend durch das Land gezogen. Mindestens neun Männer türkischer und griechischer Herkunft und eine Polizistin sind seit 1998 der Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) zum Opfer gefallen – über 20 Menschen wurden bei Sprengstoffanschlägen der NSU verletzt. Die Bilanz des 20 jährigen Neonazi-Terrors unter den Augen der staatlichen Organe ist erschreckend: Über 140 Morde seit 1990, verschwiegene Tausende von Verletzten, unzählige oft unaufgeklärte Brandanschläge und Überfälle.
Wir fordern, dass vor dem Hintergrund dieses in den letzten Wochen ein Stück weit offengelegten braunen Terrors in unserem Land die bisherigen Ermittlungen hinsichtlich des Brandanschlages Anfang November 2010 in Gelsenkirchen öffentlich dargestellt, im Lichte heutiger Erkenntnisse überprüft und gegebenenfalls neu aufgenommen werden.
Hochachtungsvoll
gez. Rolf Jüngermann
(Sprecher der DKP Gelsenkirchen)

Auf die Antworten der Polizei und der Staatsanwaltschaft Essen bin ich gespannt. Wie die WAZ heute in ihrer Printausgabe berichtet, halten sich diese bislang bedeckt: Dem Staatsanwalt Marcus Schütz lag das per E-Mail versandte Schreiben noch nicht vor, Polizeisprecher Konrad Kordts konnte immerhin den Eingang bestätigen, doch da sein Chef am Freitag nicht im Präsidium war, gab es keine weitere Stellungnahme.

Wer die oben dargestellte Forderung unterstützen will, kann sich an die poststelle.gelsenkirchen@polizei.nrw.de wenden.

Die rote Großmutter erzählt …

Marianne KonzeEs sind nicht immer nur die „roten Großväter“, die viel erlebt haben. Marianne Konze, am 13. Februar 1929 geboren, inzwischen 82 Jahre alt, hat in ihrem Leben Faschismus und Krieg, die Befreiung durch alliierte Truppen und die Restaurationspolitik in der Nachkriegszeit erlebt. Geprägt wurde sie von Kindesbeinen an durch die politische Arbeit ihres Vaters. Dieser verließ Ende der 1920er Jahre Bayern und ging nach Thüringen, wurde von den Nazis zweimal inhaftiert und war unter anderem auch im „Strafbataillon 999“. Nach Kriegsende und Befreiung engagierte er sich dann beim Aufbau der DDR.

1953 kam Marianne ins Ruhrgebiet, der Liebe wegen, und heiratete Robert Konze. Ihr Mann wurde aus politischen Gründen vor Gericht gestellt und eineinhalb Jahre inhaftiert. Marianne engagierte sich Zeitlebens im gewerkschaftlichen, sozialistischen, friedens- und frauenpolitischen Spektrum. Seit der Gründung 1968 ist sie Mitglied der DKP. Und: In einem Alter, in dem sich andere bereits aufs Altenteil zurückgezogen haben, trat Marianne 2004 als Kandidatin der PDS/Offene Liste für die Bezirksvertretung Nord an und zog – selbst von ihrem Erfolg überrascht – dort ein. Bis 2009 vertrat sie dort die PDS bzw. ab 2007 Die Linke.

Ostermarsch 2010 Marianne Konze spricht2009 feierte sie ihren 80. Geburtstag und ein Jahr später hielt sie beim Ostermarsch 2010 in Gelsenkirchen eine Rede zu 50 Jahren Ostermarsch. Hier erinnerte sie sich: „Ich selbst, 1929 geboren, habe Faschismus und Krieg erleben müssen. Am 13. Februar 1945, meinem 16. Geburtstag, brannte Dresden. Phosphor. Die Menschen sprangen brennend in die Elbe, doch sie brannten im Wasser weiter – da hab ich mir vorgenommen: Du wirst dein Leben lang mithelfen, dass so was nie wieder passiert. Und solch hart Gesottene gibt’s zum Glück ganz viele. Auch wenn wir uns oft anhören müssen: Quatsch, ihr könnt ja doch nichts ändern. Aber, liebe Anwesende, haben wir nicht schon viel geändert? Gerade deshalb werden unsere Aktionen und Forderungen heruntergespielt, kaum erwähnt. Die Herrschenden nehmen sie ernster, als wir das oft selbst tun.“

Mehr wird sie sicherlich am Donnerstag, 17. November 2011, ab 19 Uhr, im „Café liberté“ im Hinterhof des DGB-Hauses der Jugend, Gabelsberger Str. 12, 45879 Gelsenkirchen berichten. Die VVN Gelsenkirchen hat Marianne eingeladen und gebeten, aus ihrem Leben zu berichten. Eine Einladung, die sie gerne angenommen hat.

Persönliche Eindrücke vom Antikriegstag

Zum diesjährigen Antikriegstag am 1. September 2011 in Gelsenkirchen gab es – meines Wissens – eine Premiere. Ein gemeinsamer Aufruf eines Personenbündnisses von Mitgliedern verschiedener Parteien und Organisationen aus Die Linke, MLPD und AUF, DKP, VVN und anderen warb für eine gemeinsame Kundgebung, Demonstration und Gedenkveranstaltung.

Ab 17.15 Uhr gab es auf dem Preuteplatz Infostände sowie eine Kundgebung mit Rede- und Kulturbeiträgen. Moderiert wurde sie von Martina Reichmann und Hartmut Hering, die das hervorragend geleistet haben. Teilgenommen haben etwa 100 bis 200 Personen, eine gewisse Fluktuation war natürlich auf der Bahnhofstraße am „langen“ Donnerstag vorhanden.

Dies ist kein Bericht der Kundgebung, der hoffentlich an anderen Stellen geleistet wird. In der Zusammenschau der Berichte auf der Homepage der Die Linke, der MLPD und AUF, der DKP und der VVN wird sich sicherlich ein differenziertes Gesamtbild der Veranstaltung ergeben.

Gegen 18.30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug durch die Innenstadt in Richtung Stadtgarten zum VVN-Mahnmal für die Opfer der Nazi-Diktatur in Bewegung, wo Pfarrer im Ruhestand Rolf Heinrich im Rahmen der Gedenkfeier eine beeindruckende Rede hielt.

Bemerkenswert fand ich die „Aktionseinheit“ mit Genossinnen und Genossen der MLPD. In Gesprächen mit verschiedenen Teilnehmern wurde deutlich, dass die Angst, dies könne eine reine MLPD-Veranstaltung sein, vorhanden war. Hier bestehen – auch bei mir – erhebliche Berührungsängste sowie die Befürchtung, vereinnahmt zu werden. Die Beiträge waren aber insgesamt unterschiedlich genug und ausgewogen, trotz der Bauchschmerzen bei dem Thema „ungerechte Kriege“. Meiner Meinung nach gibt es keinen gerechten Krieg!

Mir persönlich hat der Redebeitrag der Linke-Sprecherin Ayten Kaplan am besten gefallen, er war obwohl sprachlich nicht perfekt (oder vielleicht gerade deswegen), der emotionalste und bewegendste. Sie stellte die Frage, ob Frieden mehr als die Abwesenheit von Krieg sei. Es tat richtig gut, ihr zuzuhören. Ich hoffe, Die Linke druckt die Rede auf ihrer Homepage zum nachlesen ab. Es freut mich sehr, dass es solche guten Wortbeiträge wieder aus der örtlichen Linkspartei gibt.

Unerwartet getroffen hat mich ein kleiner Wortwechsel am Ende der Veranstaltung, im Stadtgarten. Im kurzen Gespräch mit einer Genossin erwähnte ich, dass ich einen lokalen Blog, den roten Emscherboten betreibe, und erhielt darauf hin die Erwiderung: „Du bist das! Du hetzt immer gegen die Montagsdemonstration.“ Nun, ich erwiderte, dass ich nicht hetze, sondern sie kritisiere.

Es sind ja oftmals kleine Ereignisse, die einen zum nachdenken bringen, und dieser zeigt, dass die verschiedenen Linken in dieser Stadt – und dazu zähle ich auch die MLPD, auch wenn ich ihre Positionen nicht teile – sich teilweise kaum kennen und offenbar unterschiedliche Vorstellungen von Kritik haben. Vielleicht ist mein Kritikverständnis manchen zu bürgerlich, vielleicht bin ich aber auch zu hart mit GenossInnen, die seit 7 Jahren jeden Montag demonstrieren?

In diesem Sinne war es sicherlich gut, mit diesem breiten Personenbündnis zu demonstrieren. Vielleicht ergibt sich in Zukunft häufiger die Möglichkeit zu wirklich gemeinsamen Veranstaltungen, die nicht von einer Partei und ihrem Wahlbündnis dominiert werden? Wenn man sich besser kennenlernt, glättet das zwar nicht die Unterschiede in den Positionen, aber es weckt vielleicht den gegenseitigen Respekt für die Leistungen der anderen. Was auch nicht schlecht wäre und ein guter Lernerfolg dieses Antikriegstages sein könnte …

Fotos: Lina & Knut

Breites linkes Personenbündnis ruft zum Antikriegstag auf

Antikriegstag - Nie wieder KriegEin überraschend breites linkes Personenbündnis hat sich in Gelsenkirchen zusammengefunden und ruft auf der Basis eines Minimalkonsensus gemeinsam zum diesjährigen Antikriegstag am 1. September auf. Die Erstunterzeichner stammen unter anderem aus der Die Linke, der MLPD bzw. AUF, der DKP und der VVN.

Hier der Aufruf:

1. September – Internationaler Antikriegstag

Aufruf Gelsenkirchener Bürgerinnen und Bürger

Sehr geehrte Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener,

am 1. September vor 72 Jahren begann Nazideutschland mit dem Überfall auf Polen den II. Weltkrieg. Der faschistische Terror legte große Teile Europas in Schutt und Asche, auch Gelsenkirchen war bei Kriegsende eine Trümmerwüste. Mehr als 20.000 Menschen aus unserer Stadt bezahlten Naziherrschaft und Krieg mit ihrem Leben.

Die Überlebenden zogen damals die Schlussfolgerung:

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg.

Doch heute stehen wieder deutsche Soldaten im Ausland. Allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz geht es dabei vorrangig um die Sicherung von Rohstoffen und Einflusssphären. Mehr als 50 deutsche Soldaten mussten dafür bereits ihr Leben lassen.

Wir begrüßen deshalb die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes:
„Wir fordern die Bundesregierung auf, den Bundeswehreinsatz in Afghanistan zu beenden und die Zivilgesellschaft stärker zu unterstützen!
Der Einsatz in Afghanistan ist der Vorbote für weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr. Ihre Neuausrichtung zur Interventionsarmee lehnen wir ab. … Wir fordern die Bundesregierung einmal mehr auf, Rüstungsexporte in Krisenregionen zu verbieten und Rüstungsausgaben nachhaltig zu senken!“

Die Rüstungsmilliarden fehlen gerade im Ruhrgebiet, um Arbeitslosigkeit und soziale Verarmung zu bekämpfen. Heute wie vor 1933 missbrauchen die Neofaschisten wirtschaftliche Not und Angst vor dem sozialen Abstieg für ihre faschistische Propaganda und rassistischen Terror. Dieser Gefahr müssen wir entschlossen begegnen:

  • Wir treten dafür ein, alle faschistischen Organisationen zu verbieten.
  • Am 3. September wollen Nazis erneut in Dortmund marschieren. Damit dürfen sie nicht durchkommen. Wir rufen alle Demokraten auf: beteiligt euch an den Aktionen „Dortmund stellt sich quer“.
  • Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei den Opfern und Angehörigen des faschisti-schen Terroranschlages in Norwegen.

Die Gelsenkirchener Friedensbewegung lädt Sie herzlich ein, am 1. September gemeinsam mit uns zu diskutieren und zu demonstrieren:

17.15 Uhr Informationen und Aktionen gegen Krieg (Preuteplatz / Bahnhofstraße)
17.30 Uhr Kundgebung auf dem Preuteplatz
18.30 Uhr Demonstration zum Mahnmal für die Opfer des Hitler-Faschismus im Gelsenkirchener Stadtgarten
19.00 Uhr Gedenkfeier für die Opfer von Krieg und Faschismus mit anschließender Blumenniederlegung