Persönliche Eindrücke vom Antikriegstag

Zum diesjährigen Antikriegstag am 1. September 2011 in Gelsenkirchen gab es – meines Wissens – eine Premiere. Ein gemeinsamer Aufruf eines Personenbündnisses von Mitgliedern verschiedener Parteien und Organisationen aus Die Linke, MLPD und AUF, DKP, VVN und anderen warb für eine gemeinsame Kundgebung, Demonstration und Gedenkveranstaltung.

Ab 17.15 Uhr gab es auf dem Preuteplatz Infostände sowie eine Kundgebung mit Rede- und Kulturbeiträgen. Moderiert wurde sie von Martina Reichmann und Hartmut Hering, die das hervorragend geleistet haben. Teilgenommen haben etwa 100 bis 200 Personen, eine gewisse Fluktuation war natürlich auf der Bahnhofstraße am „langen“ Donnerstag vorhanden.

Dies ist kein Bericht der Kundgebung, der hoffentlich an anderen Stellen geleistet wird. In der Zusammenschau der Berichte auf der Homepage der Die Linke, der MLPD und AUF, der DKP und der VVN wird sich sicherlich ein differenziertes Gesamtbild der Veranstaltung ergeben.

Gegen 18.30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug durch die Innenstadt in Richtung Stadtgarten zum VVN-Mahnmal für die Opfer der Nazi-Diktatur in Bewegung, wo Pfarrer im Ruhestand Rolf Heinrich im Rahmen der Gedenkfeier eine beeindruckende Rede hielt.

Bemerkenswert fand ich die „Aktionseinheit“ mit Genossinnen und Genossen der MLPD. In Gesprächen mit verschiedenen Teilnehmern wurde deutlich, dass die Angst, dies könne eine reine MLPD-Veranstaltung sein, vorhanden war. Hier bestehen – auch bei mir – erhebliche Berührungsängste sowie die Befürchtung, vereinnahmt zu werden. Die Beiträge waren aber insgesamt unterschiedlich genug und ausgewogen, trotz der Bauchschmerzen bei dem Thema „ungerechte Kriege“. Meiner Meinung nach gibt es keinen gerechten Krieg!

Mir persönlich hat der Redebeitrag der Linke-Sprecherin Ayten Kaplan am besten gefallen, er war obwohl sprachlich nicht perfekt (oder vielleicht gerade deswegen), der emotionalste und bewegendste. Sie stellte die Frage, ob Frieden mehr als die Abwesenheit von Krieg sei. Es tat richtig gut, ihr zuzuhören. Ich hoffe, Die Linke druckt die Rede auf ihrer Homepage zum nachlesen ab. Es freut mich sehr, dass es solche guten Wortbeiträge wieder aus der örtlichen Linkspartei gibt.

Unerwartet getroffen hat mich ein kleiner Wortwechsel am Ende der Veranstaltung, im Stadtgarten. Im kurzen Gespräch mit einer Genossin erwähnte ich, dass ich einen lokalen Blog, den roten Emscherboten betreibe, und erhielt darauf hin die Erwiderung: „Du bist das! Du hetzt immer gegen die Montagsdemonstration.“ Nun, ich erwiderte, dass ich nicht hetze, sondern sie kritisiere.

Es sind ja oftmals kleine Ereignisse, die einen zum nachdenken bringen, und dieser zeigt, dass die verschiedenen Linken in dieser Stadt – und dazu zähle ich auch die MLPD, auch wenn ich ihre Positionen nicht teile – sich teilweise kaum kennen und offenbar unterschiedliche Vorstellungen von Kritik haben. Vielleicht ist mein Kritikverständnis manchen zu bürgerlich, vielleicht bin ich aber auch zu hart mit GenossInnen, die seit 7 Jahren jeden Montag demonstrieren?

In diesem Sinne war es sicherlich gut, mit diesem breiten Personenbündnis zu demonstrieren. Vielleicht ergibt sich in Zukunft häufiger die Möglichkeit zu wirklich gemeinsamen Veranstaltungen, die nicht von einer Partei und ihrem Wahlbündnis dominiert werden? Wenn man sich besser kennenlernt, glättet das zwar nicht die Unterschiede in den Positionen, aber es weckt vielleicht den gegenseitigen Respekt für die Leistungen der anderen. Was auch nicht schlecht wäre und ein guter Lernerfolg dieses Antikriegstages sein könnte …

Fotos: Lina & Knut