Archiv der Kategorie: ProNRW

Von Alternativen, Allianzen und (anderen) Rechten

Blick aus der Gegendemonstration in die Kundgebung der AfD am 12. Mai 2017 in Gelsenkirchen-Buer.

17 % der Stimmen für die sogenannte „Alternative für Deutschland“ (AfD) bei der letzten Bundestagswahl in Gelsenkirchen haben für bundesweite Aufmerksamkeit gesorgt. In Gelsenkirchen, der AfD-Hochburg im Westen der Republik, haben wir es jedoch im Rat der Stadt nicht nur mit einer – inzwischen zerstrittenen – AfD-Ratsfraktion zu tun, sondern auch mit einer ehemaligen Pro-NRW-Fraktion. Ende des vergangenen Jahres hat sich zudem ein Kreisverband Gelsenkirchen/Recklinghausen der Partei „Die Rechte“ gegründet.

Der Erfolg rechter Parteien ist auch in Gelsenkirchen keine Besonderheit. Zur Kommunalwahl 1989 bekamen „Die Republikaner“ 7,4 % der Stimmen in unserer Stadt. Zwar sanken diese zwischen 1994 und 2004 auf zwischen 3,1 und 4,0 %, doch blieb ihnen auch über Parteiwechsel hinweg eine rechte Kernwählerschaft treu. 2007 wechselte Kevin Hauer von den Republikanern zu Pro NRW und zog zur Kommunalwahl 2009 mit 4,3 % der Stimmen erneut in den Rat der Stadt ein.

Seit der Kommunalwahl 2014 sitzen neben den drei Fraktionsmitgliedern von Pro NRW auch drei Mitglieder der AfD im Rat der Stadt, letztere bilden allerdings seit 2015 einen zerstrittenen Haufen aus einer zweiköpfigen Ratsgruppe und einem Einzelmandatsträger, die alle drei dennoch Mitglied der AfD sind. Auch innerhalb der Pro-„Bürgerbewegungen“ (Pro Köln, Pro NRW, Pro Deutschland) gab es offenbar personale Auseinandersetzungen, die 2015 nicht nur in Gelsenkirchen zu einem Wechsel der Mitgliedschaft und Umbenennung der Fraktion Pro NRW in Fraktion Pro Deutschland führte. Mit der Auflösung von Pro Deutschland, die erfolgte, um die AfD nicht durch Konkurrenzkandidaturen bei Wahlen zu schwächen, musste sich die nun namenlose, ehemalige Fraktion Pro NRW erneut umbenennen. Sie nennt sich nun „Allianz für Gelsenkirchen“.

Ende des letzten Jahres hat die Partei „Die Rechte“ einen Kreisverband Gelsenkirchen/Recklinghausen gegründet. Personell und politischer Orientierung nach handelt es sich in Dortmund und Hamm um eine Fortführung verbotener „Kameradschaften“, die sich mit dem „Parteienprivileg“ vor einem neuerlichen Verbot nach dem Vereinsgesetz schützen. Bei einem Versuch am 1. Mai 2015 von Essen-Kray nach Gelsenkirchen-Rotthausen zu marschieren, scheiterten die Rechten am Widerstand der Gegendemonstranten. Am 7. April 2018 wollen sie einen zweiten Versuch einer Kundgebung in Gelsenkirchen auf dem Bahnhofsvorplatz starten, um für eine europaweite Demonstration von Rechtsextremen am 14. April 2018 in Dortmund zu werben. Dagegen regt sich wie schon 2015 Widerstand in unserer Stadt.

Antifaschistischer Protest erfolgreich!

Für den heutigen Halloween-Samstag hatten sich als rechtes Doppelpack AfD Gelsenkirchen und ProNRW angekündigt. Die AfD hatte im Rahmen ihrer „Herbstoffensive“ einen Infostand im Stadtteil Resse geplant, der aber nicht stattfand. ProNRW zog mit 4 Demonstranten von Bochum über Bottrop nach Gelsenkirchen und wurde hier von rund 50 Gegendemonstranten emfangen, die ihnen „Nazis raus!“ und „Haut ab!“ entgegenriefen.

Antifaschistischer Protest gegen ProNRW am 31.10.2015

Antifaschistischer Protest gegen ProNRW am 31.10.2015

Nach ihren erfolglosen Aktionen im Stadtteil Rotthausen ließ die sogenannte „Alternative für Deutschland“ ihren für 10 Uhr angekündigten Infostand auf der Ewaldstraße in Gelsenkirchen-Resse wohl ersatzlos ausfallen. Da sie keinen Infostand vorfanden, konnten die engagierten Antifaschistinnen und Antifaschisten ein zweites Frühstück einnehmen und damit auch die heimische Wirtschaft unterstützen.

ProNRW zog dagegen ihre für diesen Halloween-Samstag angekündigte „Mahnwache gegen Asylmissbrauch“ in Bochum, Bottrop und Gelsenkirchen durch. Der Autokorso bestand jedoch aus lediglich einem Wagen, der von zwei PKWs des Staatsschutzes begleitet wurde. In Bochum standen ihnen Berichten zufolge über hundert Demonstranten gegenüber und in Bottrop vierhundert einschließlich des Oberbürgermeisters Bernd Tischler (SPD). Gelsenkirchen konnte rund fünfzig Antifaschistinnen und Antifaschisten mobilisieren. Übrigens trat auch in Bottrop die AfD mit ihrem angekündigten Infostand nicht in Erscheinung.

Das Bündnis gegen Krieg und Faschismus hatte ab 15.30 Uhr am Übergang Bahnhofstraße/Bahnhofsvorplatz zu einer Kundgebung gegen die Asylrechtsverschärfung der Bundesregierung aufgerufen und postierte sich damit den gegen 16 Uhr eintreffenden ProNRWlern direkt gegenüber. Deren scheinheilige Parolen kamen nicht durch, angesichts unserer Musik- und Redebeiträge, die das Thema Flucht und Asyl von verschiedenen Seiten beleuchteten. Wir setzten Fakten und Erfahrungsberichte gegen rechtspopulistische Propaganda, die sich die Angst der Menschen zunutze machen will.

Antifaschistischer Protest gegen ProNRW am 31.10.2015

Antifaschistischer Protest gegen ProNRW am 31.10.2015

Neben vielen anderen Rednerinnen und Rednern sprachen zwei Stadtverordnete der Die Linke über ihre Erfahrungen im Rat der Stadt zu diesem Thema. Auf Transparenten fand sich die Forderung nach dem „Verbot aller faschistischen Parteien“ (MLPD), die klassische Aussage zur Asylpolitik „kein mensch ist illegal“ sowie das Logo der „Antispeziesistischen Aktion“ gegen die Ausbeutung von Mensch und Tier. Ferner wurden „Refugees welcome“-Schilder hochgehalten sowie ein Pappfuß mit der Aufschrift „Kein Fussbreit den Faschisten“. Gegen Ende der Kundgebung wurde noch ein Solidaritätsfoto für die Inhaftierten vom Hambacher Forst gemacht.

"Mahnwache" der ProNRW am 31.10.2015

„Mahnwache“ der ProNRW am 31.10.2015

Peinlich verhielt sich die Sozialistische Jugend Deutschland – Die Falken in Gelsenkirchen, die auf ihrer Facebookseite „Stell dir vor Pro NRW kommt und NIEMAND geht hin“ postete. Zum Glück handelt es sich wohl um einen wenn auch merkwürdigen Ausreißer, da sich die Falken sonst erfahrungsgemäß stark gegen Rechts engagieren.

Flüchtlingskrise ermuntert AfD und ProNRW

Wahlplakat der "Alternative für Deutschland" zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen 2014

Wahlplakat der „Alternative für Deutschland“ zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen 2014

Die weltweite Flüchtlingskrise, die seit August auch Deutschland erreicht, ermuntert die rechten Parteien AfD und ProNRW, in erneuten Versuchen ihre politischen Vorstellungen an den Mann und an die Frau zu bringen. Dagegen wehren sich Gelsenkirchener Antifaschistinnen und Antifaschisten verschiedener politischer Couleur.

Die aufgrund interner Auseinandersetzungen nicht mehr als Fraktion im Rat der Stadt vertretene AfD Gelsenkirchen führt derzeit wöchentliche Infostände in verschiedenen Stadtteilen durch. Sie bezeichnet diese Reihe mit dem militärischen Begriff „Herbstoffensive“. Letzten Samstag begegneten ihnen rund 20 Antifaschistinnen und Antifaschisten auf dem Rotthauser Markt, die ihren Stand friedlich umzingelten, mit ihnen – wenn auch sinnlose – Diskussionen führten und flugblattverteilende AFDler begleitete, um Diskussionen mit Passanten nicht zu einseitig werden zu lassen. Fur AfD-Flyer hatten wir extra Mülleimer mitgebracht, um sie gleich entsorgen zu können.

Mut zur Wahrheit?

Die für letzten Mittwoch von der AfD Gelsenkirchen angekündigte Diskussionsveranstaltung im Rotthauser „Haus Steinfurt“ sagte der Wirt selbst ab. Trotzdem erschienen am Mittwoch abend rund 10 Antifaschistinnen und Antifaschisten friedlich vor der Gaststätte in der Belforter Straße, die von zwei bulligen Türstehern bewacht wurde. Wie wir inzwischen erfuhren, hatte die AfD Gelsenkirchen einen anderen Veranstaltungsort gefunden. Auf ihrer Homepage beklagte sie, dass sie die Veranstaltung wegen „Gewaltandrohungen“ verlegt hätte und so nur Mitglieder und Interessierte hätten teilnehmen können. An die behauptete „Gewaltandrohung“ glaube ich nicht. Hier zeigt sich nur, wie wenig „Mut zur Wahrheit“ sie doch hat. Oder welches taktische Verständnis von Wahrheit sie besitzt.

Am morgigen Samstag, 31.10.2015, sind beide rechte Parteien, AfD und ProNRW, gleichzeitig in Gelsenkirchen aktiv. Die AfD Gelsenkirchen führt im beschaulichen Stadtteil Resse auf der Ewaldstraße ab 10 Uhr einen weiteren Infostand im Rahmen ihrer „Herbstoffensive“ durch, während ProNRW ihre samstägliche Mahnwachenserie im Ruhrgebiet fortsetzt. Letzten Samstag war ProNRW in Duisburg, Oberhausen und Mülheim, an diesem Samstag will sie Bochum, Bottrop und Gelsenkirchen besuchen. Ihre sogenannte „Mahnwache gegen Asylmissbrauch“ will die sich selbst „Bürgerbewegung“ nennende Organisation nach längerer Suche eines geeigneten Platzes auf dem Bahnhofsvorplatz durchführen. Nach Erfahrungen vom letzten Samstag muss man wohl mit 5 bis 10 bewegten ProNRWlern rechnen. Nicht daran teilnehmen wird wohl der Gelsenkirchener Kevin Hauer, da sich die Gelsenkirchener „Bürgerbewegung“ ProNRW nach Streitigkeiten innerhalb der Pro-Bewegung der ebenso rechten „Bürgerbewegung“ Pro Deutschland angeschlossen hatte. Im Augenblick herrscht wohl mehr Bewegung zwischen den ProXYs.

Das Gelsenkirchener Bündnis gegen Krieg und Faschismus hat ab 15.30 Uhr eine Kundgebung „Stopp Asylrechtsverschärfung“ auf der Bahnhofstraße vor Backwerk angemeldet.

Raider heißt jetzt Twix – Etikettenwechsel bei „Pro Gelsenkirchen“

Monumento a Cervantes (Madrid) 10

Bronze-Statue von Don Quichotte und seinem getreuen Sancho Panza auf dem Plaza de Espana in Madrid

Wie inzwischen im Ratsinformationssystem der Stadt nachzulesen ist, hat sich die Gelsenkirchener Fraktion von „Pro NRW“ zur Fraktion „Pro Deutschland“ umbenannt. Hintergrund ist keine reine Namensänderung, sondern sind offenbar personale Auseinandersetzungen innerhalb der verschiedenen Pro-Organisationen (Pro Köln, Pro NRW und Pro Deutschland). Abgesehen davon hat sich an der inhaltlichen Ausrichtung der „rechtsextremen Kleinpartei“ Pro Deutschland nichts geändert.

Verständlicherweise taucht auf der Internetseite der „rechtsextremen Kleinpartei“ Pro NRW ihr früherer stellvertretende Vorsitzende Kevin Hauer, zuvor auch Vorsitzender des Pro NRW Kreisverbandes Gelsenkirchen, des Pro NRW Bezirksverbandes Ruhrgebiet und Fraktionsvorsitzender von Pro NRW im Rat der Stadt Gelsenkirchen nicht mehr auf.

Dagegen wird auf der Internetseite von Pro Deutschland Kevin Hauer in einem Artikel als Fraktionsvorsitzender genannt, während Fraktionsgeschäftsführer Christian Schaaf zusätzlich im Bild hervorgehoben wird. Zeichnen sich hier personelle Veränderungen ab? Im gleichen Beitrag wird übrigens die erfolgte Umbenennung als großer Erfolg gefeiert, die „rot geführte Gelsenkirchener Stadtverwaltung“ habe nachgegeben und die Fraktion Pro Deutschland „anerkannt“. So kann man die Umbenennung natürlich auch bezeichnen, wenn man als Pro Deutschland sonst keine besonderen Erfolge zu vermelden hat. Die Gelsenkirchener Stadtverwaltung dagegen mag vieles sein, aber sie ist mit Sicherheit nicht „rot geführt“.

Als E-Mail-Adresse der neuen Ratsfraktion Pro Deutschland wird im Ratsinformationssystem noch immer „fraktion-pro-nrw“ angegeben. Da steht möglicherweise der nächste Umbenennungskampf gegen die „rot geführte Gelsenkirchener Stadtverwaltung“ an. Erinnert mich irgendwie an Cervantes‘ verspäteten Ritter Don Quichotte in seinem Kampf gegen vermeintliche Riesen, die sich dann doch nur als Windmühlenflügel entpuppten. Nur war Cervantes‘ Ritter eine wesentlich sympathischere Figur, als es die Herrschaften von Pro-wie-auch-immer sind!

Fotoquelle

„Pro Deutschland“ contra „Pro NRW“?

Demonstration gegen ProNRW am 10. Mai 2014 (Foto: Piratenpartei Gelsenkirchen)

Demonstration gegen ProNRW am 10. Mai 2014 (Foto: Piratenpartei Gelsenkirchen)

Für Außenstehende eher belustigend wirkt die aktuelle Umorientierung im Lager der selbsternannten „Bürgerbewegung“. Bei „Pro NRW“, hervorgegangen aus „Pro Köln“, zeigen sich Absetzbewegungen in Richtung „pro Deutschland“. Auch bei „Pro Gelsenkirchen“.

So berichtet die WAZ Gelsenkirchen in ihrer Ausgabe vom 14.08.2015 über eine beantragte Umbenennung der Pro-NRW-Ratsfraktion in Pro-Deutschland-Ratsfraktion. Sieht man im Internet auf der Homepage – sie werden es wohl „Heimatseite“ nennen – von Pro Deutschland nach, so freut man sich dort über die Austritte aus der „Regionalpartei“ und die damit verbundenen Übertritte zur „Bürgerbewegung pro Deutschland“. Aufgezählt werden Übertritte aus zahlreichen Städten und Kreisen, darunter auch aus Gelsenkirchen. Wie weiter zu lesen ist, plant „pro Deutschland“ die Gründung eines Landesverbandes NRW und die Gewinnung weiterer Patrioten. Worin der inhaltliche Unterschied zwischen „Pro NRW“ und einem Landesverband NRW von „pro Deutschland“ besteht, erschließt sich wohl nur eingeweihten – Patrioten.

Für den Kreis- und Ratsfraktionsvorsitzenden Kevin Hauer dürfte der fliegende Wechsel mithin kein Problem darstellen. Hat er doch 2007 die „Die Republikaner“ unter Mitnahme seines Rats-Mandates verlassen und den Gelsenkirchener Pro-NRW-Ableger gegründet. Bei den Wählerstimmen hat sich dadurch nicht viel verändert. Erzielten „Die Republikaner“ 2004 4,0 % der Stimmen, so kam der Pro-Ableger 2009 auf 4,3 % und 2014 wieder auf 4,0 % der Stimmen, was in allen Fällen 3 Sitze im Rat der Stadt ergab. Seine Erfahrungen stellt Hauer sicherlich auch weiteren Interessenten zur Verfügung. So hat – wir nennen es jetzt einfach mal temporär „Pro Gelsenkirchen“ – gleich die verbliebenen Ratsmitglieder der AfD eingeladen, „Teil einer starken patriotischen Opposition zu werden“. Vielleicht macht man ja ein gemeinsames Gruppenfoto mit Hauer und einem gerahmten Hitlerbild in der Mitte oder so?

Für Demonstranten gegen rechte Politik dürfte sich dagegen nichts ändern, egal mit welchem Parteinamen rechte Politiker daher kommen.

Demonstration gegen ProNRW am 10. Mai 2014 (Foto: Piratenpartei Gelsenkirchen)

Demonstration gegen ProNRW am 10. Mai 2014 (Foto: Piratenpartei Gelsenkirchen)

AfD-Fraktion im Gelsenkirchener Rathaus ist zerfallen

Wahlplakat der "Alternative für Deutschland" zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen 2014

Wahlplakat der „Alternative für Deutschland“ zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen 2014

Als viertstärkste Partei hatte die sogenannte „Alternative für Deutschland“ seit der letzten Kommunalwahl 2014 im Rat der Stadt Gelsenkirchen gesessen, nach SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist es vorbei.

Mit 5 Prozent der abgegebenen Stimmen waren Hartmut Preuß, Martin Jansen und Dietmar Dillhardt damals gleich im ersten Anlauf für ihre Partei in Fraktionsstärke in den Stadrat eingezogen. Damit gab es mit der mit 4 % ebenfalls in Fraktionsstärke erneut eingezogenen selbsternannten „Bürgerbewegung“ Pro NRW gleich zwei rechte Parteien in der örtlichen Gemeindevertretung. Bei der Besetzung der Ausschüsse und Beiräte im Juli 2014 stimmten dann auch folgerichtig beide rechte Parteien gemeinsam ab, um sich Sitze in den Gremien zu sichern.

Zuvor hatten sich rechte Gruppierungen in Gelsenkirchen, wie z.B. die Republikaner, nach Wahlerfolgen jeweils selbst zerlegt, auch die Fraktion von Pro NRW war vor der Kommunalwahl 2014 durch Austritt eines Mitglieds zerbrochen. Und auch bei der Gelsenkirchener AfD scheint man sich indessen zerstritten zu haben. Wie heute in der Online-WAZ zu lesen ist, ist Hartmut Preuß im Dezember 2014 als Fraktionsvorsitzender abgelöst worden und hat nun auch die gemeinsame AfD-Fraktion verlassen, die damit den Fraktionsstatus und Finanzmittel verliert. Preuß will sein Ratsmandat behalten und Mitglied der AfD bleiben.

Im Ratsinformationssystem ist die AfD bereits nicht mehr als Ratsfraktion eingetragen, Preuß als fraktionsloser Einzelmandatsträger. So schnell kann die Verwaltung arbeiten!

„Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!“

Wahlplakat der "Alternative für Deutschland" zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen 2014

Wahlplakat der „Alternative für Deutschland“ zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen 2014

Es ist schon amüsant, wie manche Leute auf Artikel in der WAZ reagieren. Zugegeben, ich habe auch schon lange aufgehört, mir regelmäßig die Papierausgabe zuzulegen und schaue nur noch höchst gelegentlich im www nach. Unter der Überschrift „Die AfD ist keine Alternative für Gelsenkirchen“ fand sich ein Zeitungsartikel über das Paktieren der „Alternative für Deutschland“ mit der rechtsextremen Pro NRW in Gelsenkirchen. Friedhelm Pothoff kam zu folgender Aussage: „Die AfD-Stadtverordneten Hartmut Preuß, Martin Jansen und Dietmar Dillhardt bildeten eine Abstimmungsgemeinschaft mit Pro NRW, einer Partei, die als verfassungsfeindlich eingestuft und beobachtet wird.“

Weiter wird in diesem Artikel dargestellt, dass dieser Vorgang seitens eines AfD-Politikers (Marcus Pretzell) bestritten wird, während ein Pro NRW-Politiker (Markus Beisicht) genau das Gegenteil sagt: “ ‚Denn natürlich hat es in Gelsenkirchen, Duisburg und anderen Städten vor Gremienwahlen gezielte Absprachen zwischen unseren Ratsmitgliedern und Ratsmitgliedern der AfD gegeben.‘ Diese Absprachen seien anschließend in den Abstimmungen von beiden Seiten penibel eingehalten worden.“

Die vier Kommentatoren unter dem Online-Artikel in derwesten.de jedoch gehen auf den Inhalt des Zeitungsartikel überhaupt nicht ein. Dem Inhalt nach sind sie klar als AfD-Anhänger zu erkennen, doch „Mut zur Wahrheit“, den Slogan, den ihre Partei zum Wahlspruch erkoren hat, beweisen sie nicht.

„Chamser“ behauptet einfach nur, ob die AfD eine Alternative für Gelsenkirchen sei, hätten in einer Demokratie einzig und allein nur die Wähler zu entscheiden und fügt 6 Minuten später nach seinem Kurzschluß noch hinzu „bzw. in letzter Instanz das Bundesverfassungsgericht!“ Das ist schon lustig, denn das Bundesverfassungsgericht ist genau dafür nicht zuständig, sondern höchstens für das Verbot einer verfassungsfeindlichen Partei. Darüber diskutieren und seine Meinung frei äußern darf jeder, sogar ein Redakteur der WAZ. Aber es ist schon bezeichnend, das jener „Chamser“ die Frage, die die WAZ in der Überschrift verneint, gleich mit einem Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vergleicht. Die Kritikfähigkeit bzw. die Fähigkeit, Kritik an der eigenen Partei oder den eigenen Positionen auszuhalten, scheint hier sehr wenig ausgeprägt zu sein.

„Telgter“ kommt es genauso wenig in den Sinn, auf den Inhalt des WAZ-Artikels einzugehen, sondern fährt gleich schwere Geschütze auf, spricht von einer „nahezu gleichgeschalteten Presse“, die „verkleistern“ würde, dass die AfD demokratisch in die Parlamente gewählt worden sei. Nun, in diesem Artikel ging es darum, was die demokratisch in die Parlamente gewählte AfD dort tut, nämlich, so die WAZ, mit der rechtsextremen Pro NRW gemeinsam abzustimmen. Darüber verliert er jedoch kein Wort. Kein Mut zur Wahrheit, nirgends.

Auch Kommentar #4 von „Heimatliebend“ findet nur, dass der Artikel die „Gesinnung des Verfassers“ entlarve. Das ist bequem, denn dann muss man nicht mehr weiter nachdenken oder argumentieren.

Wenn diese vier Kommentare typisch für die Anhänger der „Alternative für Deutschland“ sind, dann können wir feststellen, dass der normale AfD-Anhänger kein Interesse an einer kritischen Berichterstattung über seine Partei hat oder vielleicht auch gar nicht in der Lage zu einer sachbezogenen Auseinandersetzung ist. Beides ist im Hinblick auf unsere Demokratie nicht von Vorteil, die von inhaltlichen Auseinandersetzungen um die richtige Position lebt.

Hauer und Hitler

Screenshot Hauer mit Hitler-Portrait

Screenshot Hauer mit Hitler-Portrait

Das im Internet veröffentlichte Foto, welches den Gelsenkirchener Stadtverordneten und stellvertretenden Vorsitzenden von Pro NRW, Kevin Hauer, mit einem „großformatigen, gerahmten Hitlerbild“ zeigt, ist nach dem Urteil des Landgerichts Essen von „erheblichem öffentlichem Interesse“.

Hauer hatte im Mai 2014 gegen den Internet-Provider „Blogsport“ geklagt, weil dieser zwei Fotos veröffentlicht hatte, die nach Meinung Hauers seine Persönlichkeitsrechte verletzen. Für das eine Foto, welches ihn in Unterhose und mit hochgerecktem rechtem Arm zeigt, erhielt Hauer Recht. Nicht jedoch für das Foto, in dem er mit einem großformatigen Hitlerbild vor der Kamera posiert. Hier urteilte das Gericht, müsse es dem interessierten Wähler und Internetnutzer möglich sein, sich über die politischen Einstellungen Hauers ein Bild zu machen. Da Pro NRW als rechtsextrem beurteilt wird, sei das Foto mit dem Hitlerbild von „erheblichem öffentlichem Interesse“.

In einem Interview mit der „jungen Welt“ hatte der Geschäftsführer von Blogsport, Georg Klauda, bereits nach der Klageerhebung Hauers sein Unverständnis erklärt, schließlich sei Hauer eine Person des öffentlichen Lebens. Und weiter führte er aus, dass Pro NRW seit Jahren versuche, ihren extrem rechten Hintergrund durch Klagen zu kaschieren.

Letzteres haben auch schon der Gelsenkirchener Linke-Politker Wolfgang Meyer sowie die Stadtverordnete Monika Gärtner-Engel (AUF Gelsenkirchen) erfahren.

Gegen Wolfgang Meyer klagte Kevin Hauer 2007/08 vergeblich, um ihm zu untersagen, ihn einen „alten Nazi“ zu nennen. Gegen Monika Gärtner-Engel klagt der Pro-NRW-Politiker, weil sie während der ersten Ratssitzung am 16.06.2014 das Foto hochhielt, welches Hauer mit dem Hitlerbild zeigt. Nachdem die gegen Blogsport anhängige Klage zu diesem Foto abgewiesen wurde und die Strafanzeige Hauers gegen Gärtner-Engel durch die Staatsanwaltschaft niedergeschlagen worden ist, klagt Hauer nun zivilrechtlich gegen die AUF-Politikerin.

Von alten Nazis, Hitlerbildern und Führergrüßen

VVN-Plakat Verbot aller Nazigruppen

Das Originalplakat wurde 1974 veröffentlicht, eine Überarbeitung mit neuem Text im Jahre 1993. Die Ausgabe zum 8. Mai 2013 hat den Text von 1993 beibehalten.

Pro-NRW-Politiker Kevin Hauer, der 2007/08 vergeblich dem Linke-Politiker Wolfgang Meyer verbieten wollte, ihn einen „alten Nazi“ zu nennen, zeigten zwei im Internet kursierende Fotos mit Hitlerbild beziehungsweise hochgerecktem rechten Arm.

„Dass Du ein alter Nazi bist, wissen wir doch!“
Es ist noch gar nicht so lange her, da klagte Kevin Hauer, Ex-Mitglied der Republikaner und inzwischen für Pro NRW im Rat der Stadt Gelsenkirchen, gegen Wolfgang Meyer (Die Linke). Hintergrund war ein Wortwechsel am 04. 11.2007 während einer Demonstration gegen eine “multikulti-kritische Anhörung zum Thema Zuwanderung und Integration” am Zaun des GAFÖG-Gebäudes an der Emscherstraße in Gelsenkirchen. Etwa 40 Demonstranten hatten gegen die rechtslastige Veranstaltung im damaligen Ratssaal protestiert, als die Äußerung: „Dass Du ein alter Nazi bist, wissen wir doch!“ fiel. Nachdem das Landgericht Essen zunächst Wolfgang Meyer bei hoher Geldstrafe untersagt hatte, Hauer einen “alten Nazi” zu nennen, gab das Oberlandesgericht Hamm im Juli 2008 in in der Revision Wolfgang Meyer Recht. Es machte klar, dass es sich um einen politischen Hintergrund in dem Verfahren handelte, den das Landgericht nicht genügend gewürdigt habe. Wolfgang Meyers Anwalt hatte u.a. auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen, in dem festgestellt worden war, dass dem Rechtsgut der Meinungsfreiheit sehr hohe Priorität zukomme und es u.U. sehr weit auszulegen sei. In seiner Abwägung zwischen Ehrverletzung und Freiheit der Meinungsäußerung maß es letzterer, unter Berücksichtigung der besonderen Umstände, unter denen die Äußerung gefallen sei, eine höhere Priorität zu und erklärte das Urteil des Landgerichts Essen für nichtig.

In der schriftlichen Urteilsbegründung heißt es u.a.: „Denn in der konkreten Situation, in der diese Äußerung gefallen ist, war sie durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (…) gedeckt.” Auch wenn durch den Begriff „Nazi” eine derart bezeichnete Person in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen werde, gebühre dem Recht auf die freie Meinungsäußerung der Vorrang. Der konkrete Zusammenhang der „Nazi”-Äußerung – die Demo gegen Pro NRW – lege die Deutung nahe, so das OLG, dass öffentlich auf Bezüge aufmerksam gemacht werden sollte, die jedenfalls aus Sicht Meyers zwischen dem NS-Gedankengut und den Positionen Hauers beziehungsweise den Positionen von Pro Gelsenkirchen und Pro NRW bestünden.
„Der Verfügungsbeklagte [d.i. Wolfgang Meyer] hat dies durch die Hinweise auf Veröffentlichungen der Bürgerbewegung Pro NRW und der ihr angeschlossenen oder nahestehenden kommunalen ‚Pro-Vereinigungen‘ verdeutlicht, durch die nach seiner Meinung gezielt Ängste vor ‚Überfremdung‘ und ‚Islamisierung‘, sowie Hass gegenüber Menschen ausländischer Herkunft und islamischer Religionszugehörigkeit und Kultur geschürt werden, indem diese Menschen pauschal und demagogisch für Arbeitslosigkeit, Kriminalität, steigende Kosten für Sozialleistungen etc. verantwortlich gemacht und allgemein für ’nicht integrierbar‘ erklärt werden, und indem ein ‚Zuwanderungsstopp‘ sowie die Abschiebung aller Migranten in ihre Heimatländer gefordert werden.“ (Oberlandesgericht Hamm 6 U 77/08 OLG Hamm).

Kevin Hauer mit Burschenschaftsmütze und Hitlerbild
Aktuell beschäftigt die interessierte Öffentlichkeit zwei Fotos mit Kevin Hauer, die im Internet kursierten und ihn einmal mit der Mütze einer Burschenschaft und Hitlerbild und ein anderes Mal mit nacktem Oberkörper und dem hochgerecktem rechten Arm, einer Geste, die als Hitlergruß bekannt sein dürfte, zeigt. Wie die WAZ am 12.05.2014 berichtete, lastet Hauer ihre Verbreitung seiner ehemaligen Lebensgefährtin Stefanie Wohlfahrt an und beabsichtige die Veröffentlichung der Fotos abzumahnen. Bereits wenige Tage später konnte die WAZ am 16.05.2014 berichten, dass die Staatsanwaltschaft Essen nun ihrerseits aufgrund einer Strafanzeige wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittle.

Der vorläufige Höhepunkt fand am 16.06.2014 anlässlich der ersten Sitzung des neuen Rates der Stadt Gelsenkirchen statt. Pro NRW zieht, wie schon 2009, mit 3 Mandaten in Fraktionsstärke ein. Unmittelbar vor der Sitzung protestieren rund 30 Personen aus verschiedenen Parteien (SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, WIN, AUF Gelsenkirchen und FDP) auf Initiative der Jusos vor dem neuen Hans-Sachs-Haus gegen den Einzug von Rechtsextremisten in den Rat der Stadt. Auch der sozialdemokratische Oberbürgermeister Frank Baranowski fand – wie auch schon 2009 – deutliche Worte. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zeigte ein Transparent mit der Aufschrift „Menschenrechte statt Rechte Menschen“ an ihren Sitzungsbänken.

Die Vertreterin des Wahlbündnisses AUF Gelsenkirchen im Rat der Stadt, Monika Gärtner-Engel, hielt zwei Plakate hoch: eines mit der Aufschrift „Nazis raus“ und eines der im Internet kursierenden Fotos von Kevin Hauer. Hauer rief – ein einmaliger Vorgang – noch während der Ratssitzung die Polizei um Strafanzeige gegen Monika Gärtner-Engel zu erstatten. Die Polizei ließ sich nicht instrumentalisieren und teilte ihr lediglich den Sachverhalt mit.
Wie AUF Gelsenkirchen in einer Pressemitteilung erklärt, erhielt am 19.06.2014 Monika Gärtner-Engel vom Pro Köln-Vorsitzenden und Rechtsanwalt Markus Beisicht ein Schreiben im Auftrag seines Mandaten, dem stellvertretenden Pro NRW-Vorsitzenden Kevin Hauer, in der sie der „Verletzung des Urheberrechts und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ beschuldigt wird, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unterschreiben soll und dem beauftragten Rechtsanwalt mal eben 887,03 Euros erstatten solle.

Es kommt aber noch besser: Am 25.06.2014 erhielt Monika Gärtner-Engel eine Vorladung der Abteilung Staatsschutz des Polizeipräsidiums Gelsenkirchen. Nun wurde sie – wieder – wegen des Verstoßes gegen das Kunsturheberrechtsgesetzes bezichtigt, sowie – man lese und staune – wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen!
Es ist einfach nicht zu glauben, dass diejenige, die auf die rechtsextremen Vorstellungen von Pro NRW hinweist, wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen belangt werden soll. Zurecht fordert AUF Gelsenkirchen in der Pressemitteilung die Einstellung des Ermittlungsverfahrens.

Wie rechts ist die „Alternative für Deutschland“? (II)

Wahlplakat der "Alternative für Deutschland" zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen 2014

Wahlplakat der „Alternative für Deutschland“ zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen 2014

„Wie rechts ist die Alternative für Deutschland?“ Diese Frage stellte sich die Gelsenkirchener VVN-BdA kürzlich auf ihrer Mitgliederversammlung und hatte dazu Klaus Stein aus Köln als Referenten eingeladen. Für Gelsenkirchen läßt sich diese Frage inzwischen klar beantworten, denn obwohl sich die Gelsenkirchener AfD in ihrem Kommunalwahlprogramm 2014 gegen Extremismus von rechts und links ausspricht, hat sie offenbar keinerlei Bedenken, wie die WAZ in ihrer Gelsenkirchener Lokalausgabe über die Ratssitzung vom Donnerstag berichtet, gemeinsam mit der rechtsextremen „Pro NRW“ im Rat der Stadt Gelsenkirchen ein Wahlbündnis zu bilden. „Der rechte Block im Rat der Stadt Gelsenkirchen besteht aus zwei Fraktionen mit jeweils drei Stadtverordneten. Entweder stimmte Pro NRW für den AfD-Vorschlag oder umgekehrt.“ Der WAZ-Redakteur Friedhelm Pothoff fasst in seinem Kommentar die Erkenntnis treffend zusammen: „Die Alternative für Deutschland (AfD) … hat sich selbst ins rechte Schaufenster gestellt.“ Da wächst wohl zusammen, was zusammengehört.