Archiv für den Monat Februar 2020

„Niemand braucht rechte Bürgerwehren!“

Der Gegenprotest am 17.02.2020 …

In Gelsenkirchen haben heute rund 200 Leute gegen etwa ein Dutzend „besorgte Bürger“ demonstriert, die nun auch in Gelsenkirchen eine „Bürgerwehr“ gründen wollten und einen „Spaziergang“ durch die Innenstadt angekündigt hatten. Der „Spaziergang“ fiel dann allerdings aufgrund der geringen Teilnehmerzahl, des Regens und des großen Widerstandes gegen ihre Pläne aus. Die Demonstration gegen die angekündigte „Bürgerwehr“ hatte die sehr gute Partei Die PARTEI für das Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung angemeldet. Die Vernetzungsarbeit des Bündnisses war erfolgreich, wie die kurzfristige und erfolgreiche Mobilisierung für die Gegendemonstration zeigte.

Das Aktionsbündnis demonstrierte in Sicht- und Hörweite unter dem Motto „Niemand braucht rechte Bürgerwehren“. Rund eineinhalb Stunden wurden bei ausgelassener Stimmung kurze Reden gehalten und Sprüche gerufen. Die Breite und Vielschichtigkeit des anfaschistischen Protestes wurde deutlich; für uns alle stand das gemeinsame Ziel im Vordergrund, den Rechten nicht die Straße zu überlassen. Wenig überraschend bildete den größten Teil der „Bürgerwehr“ auswärtige rechte Menschen, darunter die Überreste des „Herner Spaziergangs“, eines weiteren rechten Versuchs, die Straße zu beherrschen. Unter ihnen befand sich auch ein Neonazi-Youtuber, der unsere Gegendemonstration abfilmte.

… und die „Bürgerwehr“. (Fotos: Jonas Selter, Die Linke)

Und entgegen der medialen Berichterstattung stellt der Sprecher des Bündnisses, Paul Erzkamp, fest, „dass zu keinem Zeitpunkt eine Bedrohung durch ‚Schalker Fan-Strukturen‘ für die antifaschistische Kundgebung bestand. Eine Gefahr für die Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft ging an diesem Abend ausschließlich von der rassistischen Bürgerwehr aus. Dem Polizeibericht, welcher von einigen Medien übernommen worden ist, muss hier deutlich widersprochen werden. Gewaltbereite Hooligans, gar von außerhalb, hat es an diesem Abend nicht gegeben. Das friedliche Blockieren einer Naziroute durch Fußballfans begrüßen wir.“

Unbehagen bleibt schließlich über die Rolle der Polizei bestehen. Nur durch antifaschistische Recherchearbeit konnte die Zivilgesellschaft darüber informiert werden, dass sich eine Bürgerwehr gründen wollte. Noch 2016 – nach den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln – hatte, als sich eine Facebook-Gruppe mit dem Namen „Einer für alle, alle für einen … Gelsenkirchen passt auf“ gegründet und die Bildung einer Bürgerwehr beabsichtigt hatte, die Polizei entgegnet, dass sie eine Bürgerwehr nicht gutheißen würde.

Ergänzte Fassung auf der Basis der Presseerklärung des Aktionsbündnisses

Wie Rechts ist die AfD Gelsenkirchen? (mit Update)

Nicht nur in der WAZ ein Thema, auch der Rat der Stadt Gelsenkirchen beschäftigte sich mit dem Facebook-Post der AfD Gelsenkirchen (Screenshot https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/afd-gelsenkirchen-empoert-mit-merkel-hitler-vergleich-id228278337.html).

AfD-Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland bezeichnet die Zeit des Faschismus als „Vogelschiss“ in 1000 Jahren deutscher Geschichte und möchte auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen wieder stolz sein, der Thüringer AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Björn Höcke, den man gerichtsfest als Faschist bezeichnen darf, fordert eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ und verbreitet rassistische und völkische Thesen. Auch die AfD Gelsenkirchen fiel unlängst mit einem Hitler-Merkel-Vergleich auf ihrer Facebook-Seite auf, den der Rat der Stadt verurteilte.

Das Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung wollte es nun genauer wissen und nahm die Facebook-Seite der Gelsenkirchener AfD unter die Lupe. Die Ergebnisse wird Paul M. Erzkamp unter dem Titel „31 Tage unter Rassisten?“ am 26.02.2020 ab 18 Uhr im Alfred-Zingler-Haus im Margaretenhof 10-12 in 45888 Gelsenkirchen präsentieren. Die Analyse umfasst die Facebook-Posts und Kommentare der Facebook-Seite der AfD Gelsenkirchen im Januar 2020. Der Termin fiel aufgrund der Erkrankung des Referenten aus und wird am 03.03.2020 ab 18 Uhr bei Bündnis 90/Die Grünen, Ebertstraße 28, 45879 Gelsenkirchen nachgeholt.

„Nicht erst seit dem ‚Hitler-Merkel Vergleich‘ der AFD Gelsenkirchen, wird deutlich wie viel rechtes Gedankengut gerade durch Soziale Medien verbreitet wird“, führt Paul M. Erzkamp, Sprecher und Referent des Aktionsbündnisses aus. „Wir haben nun versucht, systematisch die AFD-Facebook-Seite auszuwerten. Wird Rassismus, Nationalismus und Sexismus deutlich? Welche Debatten werden geführt? Woher kommen ihre Likes?“ Schon im Vorfeld der Resolution am 13.02.2020 im Rat der Stadt Gelsenkirchen, der die AFD wegen ihrem „Hitler-Merkel“-Posting kritisierte, löschte die AFD große Anteile ihrer Postings im Januar. „Wir können natürlich nur spekulieren warum die AFD ohne Kommentar mehr als die Hälfte ihrer Beiträge gelöscht hat“, führt Adrianna Gorczyk vom Bündnis aus. „Ob es nun Angst war das die Öffentlichkeit genauer hinschaut oder ob sie doch echte Einsicht zeigten das Rassismus etwas schlechtes ist, können wir natürlich nicht beurteilen. Was wir aber zum Glück sagen können, ist das wir alle Beiträge archiviert haben und das das Internet den Rassismus und Nationalismus nicht vergisst.“

Ziel der Veranstaltung ist es jedoch nicht, bei der Analyse stehen zu bleiben, sondern im Anschluss an den Vortrag zu besprechen, welche Antworten Demokraten und Antifaschisten geben können. Der Eintritt ist frei und die Veranstaltung offen für alle Interessenten, ausgenommen Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind.

Das Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung ist ein Zusammenschluss von Einzelpersonen und Vertreter*innen von Organisationen, Initiativen und demokratischen Parteien gegen rechte und rassistische Aktivitäten.

Erinnerungsorte auf dem Horster Süd-Friedhof

Am 9. November 2003 übergab der damalige Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) im Rahmen der jährlichen Gedenkfeier der Demokratischen Initiative (DI) die Informationstafel der Öffentlichkeit, die den anonymen Opfern ihren Namen wiedergibt.

In diesem Jahr jähren sich zum 75. Mal die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 und die Befreiung Europas vom Faschismus am 8. Mai 1945 sowie zum 100. Mal der Kapp-Putsch vom 13. März 1920 und die darauffolgende Märzrevolution 1920. Auf dem Friedhof Horst-Süd befinden sich drei Denkmale aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, die an die Ereignisse erinnern. Die Fotos entstanden im Rahmen der Antifaschistischen Stadtrundfahrt, die Die Linke am 26. Januar 2020 im Rahmen der Aktionswochen zum Holocaust-Gedenktag des Gelsenkirchener Aktionsbündnisses gegen Rassismus und Ausgrenzung durchführte.

Wie überall in Nazi-Deutschland wurden auch in Gelsenkirchen an vielen Orten sowjetische Kriegsgefangene und andere Sowjetbürgerinnen und -bürger Opfer der faschistischen Ausbeutungs- und Vernichtungspolitik (siehe zum Beispiel hier, hier und hier). Auf dem Gelände des in der Nacht vom 12./13. Juni 1944 stark beschädigten Jüdischen Friedhofs der Horster Juden aus dem Jahre 1920 wurden Massengräber angelegt, in denen Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion beerdigt wurden, die zum Beispiel auf der Zeche Nordstern oder im Hydrierwerk der Gelsenberg Benzin AG Zwangsarbeit leisten mussten. Nach Kriegsende wurden hierhin weitere sowjetische Tote umgebettet. Auf Veranlassung des Alliierten Kontrollrates, der die Regierungsgewalt nach der bedingungslosen Kapitulation Nazi-Deutschlands übernommen hatte, wurde der Gedenkstein aufgestellt, der in kyrillischer Schrift an die 884 sowjetische Bürger erinnert, „die in der faschistischen Gefangenschaft in der Zeit von 1941 bis 1945 umgekommen sind“. Die genaue Zahl war erst 1970 nachgetragen worden.

Grabstätte für sowjetische Zwangsarbeiter aus der unmittelbaren Nachkriegszeit.

Zu den kriegswichtigen Betrieben gehörte die Gelsenberg Benzin AG (heute BP). 1936 als Tochtergesellschaft der Gelsenkirchener Bergwerks-AG gegründet, lieferte es ab Sommer 1939 Benzin mit Kohle aus der Schachtanlage Nordstern 3/4. Während des alliierten Luftangriffs vom 13. Juni 1944 wurde das Hydrierwerk so schwer getroffen, dass die Produktion gestoppt wurde. Für die Beseitigung der Schäden wurde eines der vielen Außenlager des KZ Buchenwald eingerichtet. Mit etwa 2000 ungarische Jüdinnen, die nach der deutschen Besetzung Ungarns im März 1944 zuerst ghettoisiert und nach Auschwitz deportiert worden waren, wurde das KZ-Außenlager am 4. Juli 1944 errichtet. Untergebracht waren sie nördlich des Linnenbrinksweg auf dem Betriebsgelände des Werkes in Zelten in einem mit Stacheldraht umzäunten und von Wachtürmen umgebenen Lager. Die Mädchen und Frauen mussten bei karger Ernährung 12 Stunden täglich harte körperliche Zwangsarbeit verrichten.

Grab und Mahnmal KZ Buchenwald Außenlager Gelsenberg (1948).

Bereits im August wurden 520 Frauen in ein weiteres Buchenwalder KZ-Außenlager in der Essener Humboldtstraße für die Zwangsarbeit in den Krupp-Walzwerken selektiert. Am 11. September 1944 wurden die hier verbliebenen Frauen Opfer eines weiteren Luftangriffs auf das Hydrierwerk, dabei kamen etwa 150 ums Leben und etwa 100 weitere von ihnen wurden verletzt. Dies lag nicht zuletzt daran, dass den jüdischen Frauen der Zutritt zu den Schutzbunkern verboten war und sie dem Bombenhagel schutzlos ausgeliefert waren. Das Lager wurde schließlich am 14./15. September 1944 aufgelöst und die Frauen für die Firma Rheinmetall Borsig AG nach Sömmerda in Thüringen deportiert. Im Marien-Hospital in Gelsenkirchen-Rotthausen konnten dank des Einsatzes des Chefarztes Dr. Rudolf Bertram und mit Hilfe von Krankenschwestern und Unterstützern 17 schwerverletzte Frauen vor der Gestapo versteckt werden und erlebten so die Befreiung vom Faschismus.

Am 16. September 2018 wurde das Mahnmal mit einer Skulptur ergänzt, die von angehenden Steinmetzen des Hans-Schwier-Berufskollegs Gelsenkirchen erarbeitet und gefertigt worden war.

Die sterblichen Überreste der ums Leben gekommenen Frauen wurden zunächst auf dem Lagergelände verscharrt, am 14. Juli 1948 wurde hier durch das jüdische Hilfskomitee der Gedenkstein aufgestellt. In den 1950er Jahren wurde das Mahnmal auf den Horster Süd-Friedhof verlagert und die sterblichen Überreste der Frauen umgebettet. Am 9. November 2003 übergab der damalige Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) im Rahmen der jährlichen Gedenkfeier der Demokratischen Initiative (DI) die Informationstafel der Öffentlichkeit, die den anonymen Opfern ihre Namen wiedergibt. Am 16. September 2018 wurde das Mahnmal mit einer Skulptur ergänzt, die von angehenden Steinmetzen des Hans-Schwier-Berufskollegs Gelsenkirchen erarbeitet und gefertigt worden war. Aus Anlass des 75. Jahrestages der Selbstbefreiung des KZ Buchenwalds wird die VVN-BdA NRW gemeinsam mit ihren Kreisvereinigungen am 18./19. April 2020 Veranstaltungen an mehreren Außenlagern des KZ Buchenwalds an Rhein und Ruhr durchführen.

Das sogenannte „Kapp-Putsch-Mahnmal“, 1947/48 von der VVN errichtet, hier in sehr schlechtem Zustand.

An den Arbeiterwiderstand gegen den Faschismus des Jahres 1920 und der Jahre 1933 bis 1945 erinnert schließlich das 1947/48 von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) errichtete Denkmal. Es wird vom Institut für Stadtgeschichte (ISG) – nicht überraschend – als „Kapp-Putsch-Mahnmal“ bezeichnet. Tatsächlich erinnert es erneut an die 1920 im Anschluss an den Kapp-Putsch von rechtsradikalen Freikorps ermordeten Mitglieder der „Roten Ruhrarmee“ (das ursprüngliche Denkmal war von den Nazis zerstört worden) und an Horster Widerstandskämpfer 1933-1945, insbesondere der Franz-Zielasko-Gruppe. Eine jährliche Gedenkveranstaltung an die Märzrevolution 1920 führen hier seit Jahren MLPD & Freunde durch, in diesem Jahr ist anlässlich der 100. Jahrestages eine gemeinsame Veranstaltung von DKP, Die Linke und MLPD geplant. Details liegen noch nicht vor.

Quellen und weiterführende Informationen
https://www.gelsenkirchener-geschichten.de/wiki/Friedhof_Horst-Süd
http://www.gelsenzentrum.de/gelsenberg_lager.htm
https://www.lokalkompass.de/gelsenkirchen/c-kultur/das-kz-aussenlager-buchenwald-in-gelsenkirchen-horst_a88752

Willkommen in den neuen Zwanziger Jahren

Eine der Reaktionen in den sozialen Medien. Diese nimmt Bezug auf die Aussage des FDP-Vorsitzenden Christian Lindners nach dem Ausstieg aus den Koalitionsverhandlungen im Jahre 2017: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“

Das neue Jahrzehnt hat gleich mit einem Paukenschlag begonnen. Mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP lässt sich ein weithin unbekannter FDP-Politiker in Thüringen zum Ministerpräsidenten wählen. Die Thüringer AfD wird vom Faschisten Björn Höcke geführt. Damit zieht zum ersten Mal seit dem Ende der Nazi-Barbarei wieder ein Politker in ein öffentliches Amt, der mit den vereinten Stimmen von Faschisten und Konservativen gewählt wurde.

In Thüringen, dem vormaligen „Mustergau des Dritten Reichs“ hat sich die bürgerliche Mitte aus CDU und FDP nun selbst ins rechte Schaufenster gestellt und begonnen, um des Machterhalts willen, mit der AfD des Faschisten Höcke gemeinsame Sache zu machen. Dies war mit Sicherheit keine spontane Aktion, sondern das Ergebnis einer Zusammenarbeit in den Hinterstuben der Politik.

Und nachdem es einmal geschehen ist, kann es wieder geschehen. Es ist zu befürchten, dass CDU und FDP diesen medial bezeichneten Dammbruch nach den nächsten Wahlen und in anderen Ländern wiederholen werden. Spätestens jetzt dürfte auch dem letzten klar geworden sein, dass es für „Wehret den Anfängen!“ reichlich spät geworden ist. Die Zwanziger Jahre sind wieder da!

Stolperstein-Geschichten … mal ganz anders

Aus Anlaß des Jahrestages der Machtübertragung an Hitlers NSDAP am 30. Januar 1933 setzte die Gelsenkirchener VVN-BdA ihre Reihe „Stolperstein-Geschichten“ an dem am Ermordungsort verlegten Stolperstein für Erich Lange fort … zumindest war das der Plan, doch weil der Redner der VVN-BdA kurzfristig beruflich verhindert war, sprang ebenso kurzfristig ein Bündnispartner aus dem Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung, der 1. Vorsitzende der sehr guten Partei Die PARTEI, ein und rettete die Veranstaltung auf seine Weise.

Mit der Veranstaltung wurde an die Machtübertragung an die NSDAP am 30. Januar 1933 und an Erich Lange, einen ehemaligen SS-Mann, der 1932 zu den Kommunisten übergetreten war und in der Nacht vom 21. auf den 22. März 1933 von seinen ehemaligen Kameraden ermordet worden war, erinnert. Erich Lange teilt das Schicksal vieler „kleiner Leute“. Er gehört zu den vergessenen Söhnen dieser Stadt. Im Institut für Stadtgeschichte gibt es keine Unterlagen über ihn, lediglich im Bericht seiner Jugendfreundin, der Antifaschistin Rosa Eck, blieb die Erinnerung an ihn erhalten.

Erich Lange wurde am 16. März 1913 geboren. Er war bis zum Sommer 1932 Mitglied der SS und wechselte dann zu den Kommunisten, wurde Mitglied im kommunistischen Jugendverband und im „Kampfbund gegen den Faschismus“. Gunter Demnig hat am 1. August 2011 zwei Stolpersteine für ihn verlegt, einen am letzten Wohnort, im Pflaster vor der Schwanenstraße 6 und einen am Ort des Mordes, im Pflaster der Ecke Ebertstraße/Am Rundhöfchen. Hier war der 20jährige in der Nacht vom 21. auf den 22. März 1933 brutal ermordet worden.

Der frühere Gelsenkirchener Rechtsdezernent Wilhelm Mensing hatte vor längerer Zeit auf einem Flohmarkt in Chemnitz einen Aufruf an „Werktätigen von Hassel“ gefunden. In dem Flugblatt werden diese zur „Öffentlichen Vollversammlung des Kampfbundes gegen den Faschismus“ eingeladen. Als Redner wird der „zur ‚Roten Front‘ übergetretene SS-Mann Erich Lange“ angekündigt.

Zeitungsmeldung zur Ermordung von Erich Lange in der Gelsenkirchener Allgemeinen Zeitung vom 23. März 1933.

In der „Gelsenkirchener Allgemeinen Zeitung“ erschien am 23. März 1933 nur eine kurze Meldung. „Kommunistischer Funktionär erschossen“ hieß es dort in der Überschrift. Im Text erfuhr man, dass der Täter ein SS-Mann gewesen sei, der in Notwehr gehandelt haben soll. Erich Lange wird als „Verräter an der nationalen Sache“ bezeichnet.

Erich Lange wurde auf dem Westfriedhof in Hessler beerdigt. Seine Jugendfreundin, die inzwischen verstorbene Antifaschistin Rosa Eck, berichtete später in ihren Erinnerungen: Freunde, die seine Leiche in der Leichenhalle noch einmal sehen konnten, wären kaum in der Lage gewesen, ihn wieder zu erkennen. Er sei „erschlagen, erschossen und zertreten worden.“ Ein Detail zeigt, dass die Nazis selbst noch auf den Toten herumgetrampelt haben müssen, denn er hatte auf der Wange den Abdruck eines SS-Stiefels.

Seit 2011 gibt es an zwei Stellen im Gelsenkirchener Stadtgebiet Erinnerungsorte für Erich Lange. Der Gelsenkirchener Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen hatte die Patenschaft für einen Stolperstein in der Schwanenstraße 6, seinem letzten Wohnort übernommen. Die Gelsenkirchener VVN-BdA hatte die Patenschaft für einen Stolperstein am Ort seiner Ermordung, an der Ecke Ebertstraße/Am Rundhöfchen übernommen.

Bei „Stolperstein-Geschichten“ handelt es sich um eine lose Veranstaltungsreihe der Gelsenkirchener VVN-BdA, die mit dem Holocaust-Gedenktag 2019 begonnen wurde. Erzählt werden individuelle und historische Hintergründe zu dem jeweiligen Stolperstein oder den Stolpersteinen. Begonnen wurde die Reihe 2019 an den Stolpersteinen für die Familien Krämer und Nussbaum und 2020 an den Stolpersteinen für Helene Lewek und Erich Lange (mit Unterstützung der PARTEI) fortgesetzt.