Archiv für den Monat Dezember 2016

Wie demokratisch ist die „Demokratische Initiative“?

1947/48 auf dem Friedhof Horst-Süd von der VVN errichtetes Denkmal für den antifaschistischen Widerstand, zur Erinnerung an die 1920 im Anschluss an den Kapp-Putsch von rechtsradikalen Freikorps ermordeten Mitglieder der "Roten Ruhrarmee" und ergänzt um Horster Widerstandskämpfer 1933-1945, insbesondere der Franz-Zielasko-Gruppe

1947/48 auf dem Friedhof Horst-Süd von der VVN errichtetes Denkmal für den antifaschistischen Widerstand, zur Erinnerung an die 1920 im Anschluss an den Kapp-Putsch von rechtsradikalen Freikorps ermordeten Mitglieder der „Roten Ruhrarmee“ und ergänzt um Horster Widerstandskämpfer 1933-1945, insbesondere der Franz-Zielasko-Gruppe

Möglicherweise „das Pferd von hinten aufzuzäumen“ versuchte der Gelsenkirchener Sozialdemokrat Klaus Brandt mit einer seiner jüngsten Eingaben. Er wandte sich am 1. Oktober 2016 mit einer Anregung nach § 24 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen an den Rat der Stadt Gelsenkirchen und forderte den Rückzug der Stadt Gelsenkirchen aus der „Demokratischen Initiative“, bis diese der Partei Die Linke und der VVN-BdA Gelsenkirchen nicht länger die Aufnahme verweigert. Der Rat der Stadt behandelte die Anregung in seiner Sitzung am 01.12.2016 und folgte ihr erwartungsgemäß nicht.

Die mit vollständigem Namen bezeichnete „Demokratische Initiative gegen Diskriminierung und Gewalt, für Menschenrechte und Demokratie – Gelsenkirchen“, kurz DI, besteht seit 1992 und hat derzeit 23 Mitglieder, alles Organisationen und Institutionen aus dem demokratischen Spektrum, darunter neben der Stadt Gelsenkirchen Parteien, Wohlfahrtsverbände sowie weitere Organisationen und Institutionen. Der Oberbürgermeister ist Schirmherr der Initiative, die Geschäftsführung obliegt dem „Verwaltungsvorstand – 2 /VV“. Derzeit organisiert die DI die jährliche Gedenkveranstaltung am 9. November zur Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938.

Klaus Brandts Kritik entzündet sich an der Ausgrenzung von Organisationen wie der VVN-BdA und der Partei Die Linke aus der DI. Die VVN-BdA Gelsenkirchen hatte 2014/15 einen Aufnahmeantrag gestellt, der abgelehnt worden war. Die Partei Die Linke hatte das kritisiert und daraufhin auf einen eigenen Aufnahmeantrag verzichtet. Ein früherer Antrag der Linkspartei.PDS war, wie mir berichtet worden ist, Jahre zuvor ebenfalls abgelehnt worden. In seiner Eingabe referierte Klaus Brandt anhand des von der VVN 1947/48 auf dem Friedhof Horst-Süd errichteten Mahnmal für den antifaschistischen Widerstand 1920 und 1933-1945 die Ausgrenzung der jetzigen VVN-BdA durch die DI in der Gedenkveranstaltung am 9. November 2014 an eben jenem Denkmal und kritisierte außerdem noch die historische Darstellung der dort enthüllten Erinnerungsortetafel.

Der Beschlussvorschlag des Oberbürgermeisters und Schirmherrn Frank Baranowski sah die Ablehnung des Antrags vor, dem der Rat der Stadt, bei Enthaltung durch Die Linke und AUF auch gefolgt ist. In der Begründung wird dargelegt, warum es keinen Grund für eine „Demokratisierung der Demokratischen Initiative“ gibt. Daran würde auch die Tatsache nichts ändern, dass vereinzelte Organisationen in der Vergangenheit nicht aufgenommen worden seien. Dort heißt es u.a.: „Die inzwischen 24-jährige Geschichte der DI, deren Zusammensetzung, der Umgang der Mitglieder miteinander auf einer intensiven Vertrauensbasis und das stets verlässliche gemeinsame Eintreten für unsere demokratischen Grundwerte zeigen, dass es ganz sicher keiner ‚Demokratisierung der Demokratischen Initiative‘ bedarf.“

Joachim Sombetzki stellt den Sachverhalt in der mit dem Blogbeitrag „Demokratiemängel in der Kommune heute im Rat“ verknüpften Stellungnahme aus einer noch anderen Sichtweise dar. Danach sei die Stadt Gelsenkirchen als Geschäftsführerin der DI dem Grundgesetz verpflichtet. Die Geschäftsführung habe dadurch die Verpflichtung, bei Aufnahme oder Ablehnung von Mitgliedern sorgfältig und verhältnismäßig zu handeln. Die abstrakte Rechtfertigung in der Beschlussvorlage würde dem nicht genügen. Hier hieß es: „Wenn sich keine Zustimmung für einen Antrag findet, mag das in der die Aufnahme wünschenden Organisation oder Institution selbst, in deren Historie oder auch in Akteuren begründet sein, die die Organisation oder Institution vertreten oder verkörpern.“ Allerdings ist jedem, dem die Akteure in Gelsenkirchen bekannt sind, trotz der verschwurbelten Argumentation sofort klar, was gemeint ist.

In der Ratsdebatte ging es jedoch nicht um die Frage der Aufnahme von Mitgliedern in die DI, sondern um den Antrag Klaus Brandts, die Stadt Gelsenkirchen solle sich aus der DI zurückziehen und die Geschäftsführung aufgeben. Das wurde wie oben bereits erwähnt mit Mehrheit und bei Enthaltung durch Die Linke und AUF abgelehnt.