Archiv der Kategorie: Duisburg

Aus der Geschichte nichts gelernt!

Gegendemonstration von „DU+Wir“ am Duisburger Hauptbahnhof am 17.11.2019.

Am heutigen Volkstrauertag, während der Nazi-Zeit „Heldengedenktag“ genannt, demonstrierten in Duisburg Rechtsextremisten in der Duisburger Innenstadt. Hunderte Gegendemonstranten stellten sich in Sicht- und Hörweite lautstark den Faschisten entgegen! Insgesamt beteiligten sich mehr Menschen an den Gegendemonstrationen als bei den Rechten mitmarschierten.

Die Demonstration von „Du+Wir“ begann um 13 Uhr auf der Bahnhofsplatte, die von „Duisburg stellt sich quer“ eine halbe Stunde später am Marientor. Weitere Treffpunkte gab es für den „aktionsorientierten“ Teil der Demonstranten, die mit Blockaden den Ablauf der rechten Demo störten. Versuche von Gegendemonstranten, vom Weihnachtsmarkt aus auf die geplante Route der Rechten zu kommen, vereitelte die Polizei mindestens zweimal. Einen Punkt zum Aufwärmen bot die Cubus Kunsthalle, den ich dankbar wahrnahm.

Dieses Mal nahm ich nicht an den Demonstrationen teil, sondern beobachtete von verschiedenen Standpunkten aus ihren Verlauf. Als Einzelperson wird man von der Polizei kaum wahrgenommen; während größere Gruppen an den Polizeisperren scheiterten, konnte ich dahinter in aller Seelenruhe die Demoroute der Rechten ablaufen und ihrer Demo entgegen gehen. Gelegentlich schien ich die Polizisten nur zu irritieren. So kam ich unerwartet nah an die Demonstration der Rechtsextremisten, die Transparente und Nationalfahnen mit sich führten. Hier war kein weltoffenes „Zu Gast bei Freunden“ wie zur Fußballweltmeisterschaft 2006 mehr zu erkennen. Die schwarzrotgoldenen Fahnen des demokratischen Deutschlands umflatterten dumpfe Gesichter und widerliche Parolen. (KM)

Eindrücke vom Ostermarsch Rhein Ruhr 2019

Der Ostermarsch Rhein Ruhr am Ostermontag auf dem Weg von Dortmund-Dorstfeld in den Dortmunder Norden.

„Abrüsten statt Aufrüsten! Verbot der Atomwaffen! Für ein Europa des Friedens!“ sind kurzgefasst die Forderungen des diesjährigen Ostermarsches. Wie schon in den Jahren zuvor fanden an drei Tagen von Ostersamstag bis Ostermontag Kundgebungen und Demonstrationszüge im Ruhrgebiet und im Rheinland statt. Zum ersten Mal war ich an allen drei Tagen dabei.

Nach dem regnerischen Wetter in den letzten Jahren schien über dem diesjährigen Ostermarsch die Sonne. Die Auftaktveranstaltung am Samstag, 20.04.2019 in Duisburg war mit zwei- bis dreihundert Menschen gut besucht. Beeindruckend fand ich das Allerwelt-Ensemble, ein Chor, der in einer Turnhalle, einer Flüchtlingsunterkunft, gegründet worden war und uns mit wundervoller Musik verwöhnte.

Auftaktveranstaltung am Ostersamstag in Duisburg mit dem Allerwelt-Ensemble.

Von den verschiedenen Rednern ist mir die Aussage eines 27-jährigen Redners im Gedächtnis geblieben, der über die Normalität Europas für die jungen Leute heute berichtete, wie einfach man Grenzen überschreiten kann und das Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges keinen Krieg mehr gesehen habe. In Bezug auf die Europäische Union hat er sicherlich Recht, doch verwechselte er offenbar die Europäische Union mit dem Kontinent Europa und vergaß den völkerrechtswidrigen Angriff der NATO auf Rest-Jugoslawien 1999.

Marco Bülow, aus der SPD ausgetretener Bundestagsabgeordneter, kritisierte sehr deutlich die Rüstungspolitik der „großen“ Koalition, die der Grund für seinen Austritt war. Moderiert wurde die Kundgebung von Shabnam Shariatpanaki.

Eines der vielen Aussagen aus dem Ostermarsch, hier vom ersten Tag in Duisburg (und Düsseldorf).

Der anschließende Demonstrationszug ging über die Friedrich-Wilhelm-Straße zum Duisburger Hauptbahnhof, wo an die Deportationen in der Nazi-Zeit erinnert wurde und, wie schon während der Auftaktveranstaltung, auf die Aktivitäten der verschiedenen Bündnisse hingewiesen wurde, die sich dem Aufmarsch der „Die Rechte“ am 1. Mai in Duisburg entgegenstellen.

Ein weiterer und geradezu klassischer Slogan vom Ostermarsch in Düsseldorf.

Von dort aus ging es mit dem Zug nach Düsseldorf, wo sich neben den Düsseldorfern auch Kundgebungsteilnehmer aus Köln und Duisburg am DGB-Haus versammelten. Der Demonstrationszug mit rund 1000 Friedensdemonstranten führte durch die Düsseldorfer Innenstadt zum Marktplatz. Das schöne Wetter hatte viele Menschen auf die Straßen gelockt, so dass unsere Demonstration eine große Aufmerksamkeit erweckte.

Der Fahrradkorso sammelt sich am Ostersonntag auf dem Willy-Brandt-Platz in Essen.

Am Ostersonntag führte traditionell die Fahrradetappe von Essen über Gelsenkirchen, Wattenscheid und Herne nach Bochum. Auch diese war – sicherlich nicht zuletzt aufgrund des herrlichen Wetters – gut besucht. Nach der Auftaktkundgebung auf dem Willy-Brandt-Platz ging es mit einem beeindruckenden Fahrradkorso erst nach Gelsenkirchen, zur ebenfalls schon traditionellen ersten Zwischenkundgebung im Stadtgarten mit Kaffee und Kuchen und einer Rede von Gottfried Clever vor dem Mahnmal für die Opfer des Faschismus.

Erholung im Grünen beim traditionellen Zwischenhalt im Stadtgarten Gelsenkirchen.

Die Fahrt ging dann weiter nach Bochum-Wattenscheid zur Friedenskirche am August-Bebel-Platz. Das es viel mehr Ostermarschierer als in den letzten Jahren waren, konnte man nicht zuletzt daran merken, dass die Stärkung mit Kartoffelsuppe und Bockwurst nicht für alle reichte.

Zwischenhalt in Bochum-Wattenscheid an der Friedenskirche/August-Bebel-Platz.

Die längste Strecke war nach Herne in das AWO-Familienzentrum zu bewältigen. Den Abschluss fand der Tag schließlich bei ver.di in Bochum mit einer Veranstaltung „Gefährliche Fluchtwege und Migrationsbekämpfung in Westafrika“ mit einem sehr interessanten Referat über die Art der Einflussnahme der Europäischen Union in Afrika zur militärischen Aufrüstung und Migrationsbekämpfung in den Staaten Afrikas. Mohamed Bangoura trug die Sichtweise der einheimischen Bevölkerung bei und berichtete über seine Flucht über Libyen nach Europa.

Blick in den Düsseldorfer Demonstrationszug am Ostersamstag.

Erfreulich war die Begrüßung an den Zwischenhalten mit Verpflegung und wechselndem Kulturprogramm. Auch erinnerte mich die Atmosphäre während des Fahrradkorsos an den Ostermarsch Ruhr in den 1980er Jahren während der Nachrüstungsdebatte. Damals zogen Tausende an drei Tagen von Duisburg nach Dortmund. Den damaligen Rüstungswettlauf zwischen NATO und Warschauer Pakt hatte der INF-Vertrag beendet, ein Vertrag über die Begrenzung strategischer Mittelstreckenraketen. Genau dieser Vertrag wird aktuell durch die USA in Frage gestellt, die Russland vorwerfen, sich nicht mehr an ihn zu halten.

Auf dem Wilhelmplatz in Dortmund-Dorstfeld am Ostermontag.

Am Ostermontag begann der Ostermarsch nicht wie in den Vorjahren in Bochum-Werne, sondern in Dortmund-Dorstfeld. Dorstfeld ist ein Schwerpunkt der rechtsextremen Szene im Ruhrgebiet. Ein paar Rechtsextremisten zeigten sich auf der anderen Straßenseite, doch wir waren erkennbar viel mehr. Nach einem Friedensgottesdienst – fast alle sangen dabei „We shall overcome“ mit, sprach unter anderem Ulrich Schneider, Generalsekretär der FIR, der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer. Er sprach sich insbesondere für eine europäische Vernetzung der Initiativen gegen Rechts aus.

Der Ostermarsch am Ostermontag auf dem Weg in die Dortmunder Innenstadt.

Der Ostermarsch machte an diesem Tag seinem Namen alle Ehre. Zu Fuß ging es durch Dortmund zum Friedensplatz mit einer Zwischenkundgebung und von dort aus weiter in die Duisburger Nordstadt, wo im Wichernhaus das traditionelle Abschluss-Friedensfest stattfand. Dort konnte man sich erneut stärken und Leute wiedertreffen, die man länger nicht gesehen hatte. Letzteres war schon immer ein wichtiger Aspekt des Ostermarsches, der seine Wirkung nicht nur nach außen, sondern auch nach innen entfaltet. Und das in jedem Jahr.

Am Ostersamstag in Duisburg während der Auftaktveranstaltung.

Demokratischer Protest erfolgreich: Bivsi is coming home!

In Deutschland werden Jugendliche aus dem Klassenzimmer geholt und abgeschoben …

Die kaltherzige, allerhöchstens nach bürokratischen Maßstäben rechtmäßige Abschiebung eines 14jährigen, in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Mädchens am 29. Mai 2017 in das ihr unbekannte Heimatland ihrer Eltern hat sehr viele Menschen berührt und empört. „Bring Bivsi back“ forderten Mitschüler und Eltern. Zwei Monate später darf sie tatsächlich wieder in ihre Heimat, Deutschland, zurückkehren.

Ein erschütterndes Interview mit Bivsi Rana in Katmandu über Skype, das der WDR ausstrahlte, und weitere Berichte in den Medien hielten das Interesse wach. Entscheidend war jedoch das Engagement der Schulgemeinde, das vielfältige demokratische Rechte wahrnahm. Gleich zwei Online-Petitionen wurden gestartet, die forderten, dass die minderjährige Bivsi mit ihren Eltern nach Duisburg zurückkehren sollte. Eine Initiative aus Vertretern von Schülern und Eltern organisierte am 12. Juni 2017 eine Demonstration durch Duisburg unter dem Motto „Bring Bivsi back“. Stellungnahmen der Verbände der freien Wohlfahrtspflege und Parteien setzten sich ebenfalls für die Rückkehr ein und kritisierten ein fehlendes Einwanderungsgesetz.

Nachdem am 04. Juli 2017 der Petitionsausschuss des Landtags NRW die Empfehlung ausgesprochen hatte, Bivsi und ihre Eltern aus humanitären Gründen wieder zurückkehren zu lassen, folgten die zuständigen Behörden dieser Empfehlung. Am 25. Juli 2017 meldeten verschiedene Medien, dass die deutsche Botschaft in Nepal der Wiedereinreise von Bivsi und ihren Eltern zugestimmt hat. Dem Skandal folgt das Happy-End für die inzwischen 15jährige Schülerin. Nach jüngsten Meldungen steht ihre Rückkehr allerdings erst für Anfang August an, da „die deutsche Botschaft in Kathmandu die Visa in dieser Woche nicht mehr ausstellt“. Die deutsche Bürokratie ist und bleibt die einzige Konstante in diesem Fall.

Was bleibt, ist daher nicht nur die Kritik am fehlenden, modernen Einwanderungsrecht in Deutschland. Denn die bürokratische und menschenverachtende Art und Weise des Vorgehens hat mein Grundvertrauen in dieses Land erschüttert und erinnert mich an die dunkelste Zeit in Deutschland. In meinem früheren Beitrag erwähnte ich meine erste Assoziation, als ich von Bivsis „Abschiebung aus dem Klassenzimmer“ heraus hörte. In den 1940er Jahren wurde das in Gelsenkirchen geborene Sinti-Mädchen Rosa Böhmer von der Gestapo aus der Schule abgeholt und gemeinsam mit ihrer Familie ins KZ gebracht. Natürlich ist Katmandu nicht Auschwitz und die Duisburger Ausländerbehörde nicht die Gestapo. Doch die Art und Weise des Umgangs mit einem hier geborenen und aufgewachsenen minderjährigen Mädchen, das unschuldig an der juristischen Situation seiner Familie ist, und der historische Vergleich zeigen trotz aller Unterschiede vor allem eines: ein funktionierender, staatlicher Vollstreckungsapparat steht – wofür auch immer – bereit.

In was für einem Land lebe ich eigentlich?

In Deutschland werden Jugendliche aus dem Klassenzimmer geholt und abgeschoben …

Es gibt Ereignisse, die alles verändern. Ein 14jähriges, in Deutschland geborenes und aufgewachsenes Mädchen, wird im laufenden Schulunterricht in Duisburg aus der Schulklasse gerufen und innerhalb weniger Stunden zusammen mit ihren Eltern in das Heimatland der Eltern, Nepal, abgeschoben. Angeblich nach Recht und Gesetz.

Die bürokratische und menschenverachtende Art und Weise des Vorgehens erschüttert mein Grundvertrauen in dieses Land und erinnert mich an die dunkelste Zeit in Deutschland. Erinnert mich ganz konkret an das in Gelsenkirchen geborene Sinti-Mädchen Rosa Böhmer, welches von der Gestapo aus der Schule abgeholt und gemeinsam mit ihrer Familie ins KZ gebracht wurde. Sicher, Katmandu ist nicht Auschwitz und die Duisburger Ausländerbehörde ist nicht die Gestapo. Doch die Art und Weise des Umgangs mit einem jungen, hier geborenen und aufgewachsenen Menschen, der unschuldig an der juristischen Situation seiner Familie ist und der historische Vergleich zeigen trotz aller Unterschiede: ein funktionierender, staatlicher Vollstreckungsapparat steht – wofür auch immer – bereit.

Und es ist egal, ob Sozial- oder Christdemokraten an der Regierung sind. Im September vergangenen Jahres lobte sich der sozialdemokratische Innenminister Jäger der inzwischen abgewählten Landesregierung dafür, dass kein anderes Bundesland in den ersten sieben Monaten des Jahres so viele ausreisepflichtige Asylbewerber abgeschoben habe wie Nordrhein-Westfalen. Besser dürfte es unter der neuen Regierung auch nicht werden, hatte doch die Christlich-Demokratische Union im Landtag kritisiert, dass NRW viel weniger als andere Bundesländer unternähme, um abgelehnte Asylbewerber abzuschieben.

Supplement wieder gelöscht, siehe weiteren Beitrag hier.

Widerstand und Verfolgung in Duisburg 1933-1945

Anlässlich der Sitzung des Landesausschusses der nordrhein-westfälischen VVN-BdA gab es die Gelegenheit, die Ausstellung zu Widerstand und Verfolgung in Duisburg 1933-1945 anzusehen. Die Sitzung fand aus aktuellem Anlass im Duisburger Stadtteil Kaßlerfeld statt, nachdem das Immobilienmanagement der Stadt Duisburg der Duisburger VVN-BdA die Räume in den beiden Pavillions auf dem Gelände der Grundschule Wrangelstraße gekündigt hatte. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen.

Blick in einen der beiden Ausstellungsräume

Blick in einen der beiden Ausstellungsräume

Die Bezeichnung der Ausstellung variiert: Vor dem rückwärtigen Eingang zum Schulgelände wird auf die Ausstellung mit einem Schild „Tatort Duisburg 1933-1945“ hingewiesen. Auf der Eingangstür selbst ist „Dokumentationszentrum Wilhelmine Struth/Mathias Thesen“ zu lesen. Dessen ungeachtet handelt es sich um eine der bemerkenswertesten und ungewöhnlichsten Ausstellungen, die ich bislang gesehen habe.

Teile der Ausstellung zu Frauen im Widerstand

Teile der Ausstellung zu Frauen im Widerstand

Bestehen Ausstellungen für gewöhnlich aus großen Tafeln mit Bildern und Texten in einheitlichem und professionell wirkendem Layout, zeigt sich die Duisburger Ausstellung in abwechslungsreicher Gestaltung der Tafeln mit erkennbaren selbstgemachten Anteilen. Bilder, Texte, Überschriften, Kopien von Dokumenten und Zeitungsartikeln wurden zusammenmontiert und in großen Bilderrahmen hinter Glas eingefasst. Die Ausstellungstafeln selbst sind an einem umlaufenden Holzgerüst angebracht. Weiter finden sich wie in einem Privathaushalt eine Reihe weiterer Fotos in Bilderrahmen.

Teile der AUsstellung zum KZ-Außenlager Ratingsee in Duisbrg-Meiderich

Teile der Ausstellung zum KZ-Außenlager Ratingsee in Duisburg-Meiderich

Die Ausstellung selbst ist in Schwerpunkte gegliedert. So findet sich zum Beispiel eine Abteilung über Duisburger Frauen im Widerstand und eine weitere Abteilung über das KZ-Außenlager Ratingsee im Duisburger Stadtteil Meiderich. Zu den Ausstellungsstücken gehören unter anderem auch die in einem Wandschrank eingebaute Schreibmaschine inklusive der Vervielfältigungsmaschine, auf der in der Nazi-Zeit illegal Flugblätter hergestellt wurden, sowie ein Modell in KZ-Kleidung.

Ausstellungsstücke in der Duisburger Ausstellung der VVN-BdA

Ausstellungsstücke in der Duisburger Ausstellung der VVN-BdA

Duisburg kündigt VVN-BdA-Ausstellung zu Widerstand und Verfolgung 1933-1945 in Duisburg

Während in Duisburg unter mäßigen Gegenprotesten der PEGIDA-Ableger im Januar seinen ersten Jahrestag feiern konnte (450 Pegidaisten standen nach einem Bericht der örtlichen WAZ 550 Gegendemonstranten gegenüber), kündigte im Februar das Immobilienmanagement der Stadtverwaltung die Ausstellungsräume der Kreisvereinigung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Die Kündigung erfolgte ohne Angabe von Gründen.

Wie im auf der Homepage der Landesvereinigung veröffentlichten Brief an den Duisburger Oberbürgermeister Sören Link zu lesen ist, wurde die Kündigung am 02.02.2016 per Boten zugestellt, wirksam wird sie zum 02.05.2016 (, übrigens dem Jahrestag der Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nazis 1933).

Ein Blick in die gekündigten Ausstellungsräume der VVN-BdA Duisburg (Quelle: VVN-BdA-NRW)

Ein Blick in die gekündigten Ausstellungsräume der VVN-BdA Duisburg (Quelle: VVN-BdA-NRW)

Es handelt sich um Räumlichkeiten in der Gemeinschaftsgrundschule Wrangelstraße, in der sich 180 Schautafeln und viele andere Exponate befinden. Die Ausstellung zeigt beispielsweise „die geheime Druckerei, die die Familie Max und Käthe Miklowait im Vorratskämmerchen ihrer Wohnung in Duisburg-Hochfeld betrieben hat, um Flugblätter gegen die Nazis zu schreiben.“ Max ist dafür erst vier Jahre ins Zuchthaus und anschließend in ein KZ gegangen.

Beispielloser Vorgang im Umgang mit Gedenkstätten

Genau diesen privaten Blick auf Widerstand und Verfolgung in Duisburg mache den Charme der Ausstellung aus, so die Duisburger VVN-BdA in ihrem Brief und bitten den Oberbürgermeister, sich den Vorgang zeigen zu lassen um die Abwicklung der Ausstellung zu verhindern. Zudem könne man „bei aller Fantasie keinen Grund erkennen, der es nötig machen würde, (…) die Räume (zu) verlassen.“

Die Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen der VVN-BdA, die in diesem Jahr ihr siebzigjähriges Bestehen feiert, spricht auf ihrer Homepage „von einem beispiellosen Vorgang im Umgang mit Gedenkstätten“ und bittet um Solidarität der Erinnerungsarbeiter bundesweit.

Supplement
„Wir werden eine Lösung finden …“, heißt es nun von Seiten der Duisburger Stadtverwaltung. Bericht in der Duisburger WAZ und auf der Seite der VVN-BdA-NRW. Mal schauen, was dabei herauskommt …
Herausgekommen ist die Digitalisierung der Ausstellung unter dem Titel Tatort Duisburg 1933-1945. Der Flair der besuchbaren Ausstellung ist dabei leider verloren gegangen.

Das Phänomen Ivana Hoffmann, die aus Duisburg-Meiderich in den Krieg gegen den Islamischen Staat zieht

Ivana HoffmannNachdem lange in den Medien darüber spekuliert wurde, wie man junge und radikalisierte Muslime daran hindern kann, in den Krieg des selbsternannten „Islamischen Staates“ in Syrien und in den Irak zu ziehen, überraschte die Nachricht vom Tod einer 19jährigen, schwarzen Duisburgerin, die auf der Seite der Kurden gegen die Barbarei des IS kämpfte und in diesem Krieg fiel. Das Erstaunen und die Frage nach der Motivation der jungen Frau durchzieht mehr oder weniger alle Berichte über sie. Eher selten wird sie, und dann vor allem in Leser-Kommentaren, selbst als Terroristin bezeichnet. In der Regel überwiegen Bewunderung und die Einschätzung, sie habe auf der richtigen Seite gekämpft. Dies ist nicht zuletzt der Barbarei des sogenannten „Islamischen Staates“ geschuldet. Kritisch gesehen wird allerdings, wie sie zur Heldin erklärt wird.

Die ersten Berichte, die meine Aufmerksamkeit erweckten, stammten aus der WAZ und der „Jungen Welt“ vom 10. März 2015. Unter der Überschrift „Ivana, die Duisburger Kämpferin“ referiert Hayke Lanwert auf der Rhein-Ruhr-Seite der WAZ neutral die zu diesem Zeitpunkt bekannten Fakten. Die „Junge Welt“ macht mit der Überschrift „Tod einer Internationalistin“ auf. Nick Brauns schreibt kürzer als die WAZ über Ivana und berichtet außerdem darüber, dass neben „kommunistischen Internationalisten“ auch „Armeeveteranen aus Europa, Nordamerika und Australien“ an der Seite der Kurden kämpfen.

Felix Huesmann schreibt am 13. März 2015 in der „Süddeutschen Zeitung“ unter der Überschrift „Sie wollte mehr tun“, dass Ivana überhaupt keinen persönlichen Bezug zum umkämpften Gebiet gehabt habe, sondern ihre Entscheidung politischer Natur war. In einem Interview mit einem ihrer Freunde aus der „linken Szene“ wird das deutlich: „Sie hat aber immer gesagt, dass das zu wenig ist. Dass es nicht genügt, in Deutschland zu sitzen und auf Demonstrationen zu gehen“.

Der Spiegel widmet ihr in der Nr. 12 vom 14. März 2015 eine gut zweiseitige Spurensuche. Auf der Titelseite heißt es: „Warum ein deutsches Mädchen gegen den IS kämpfte“. Laura Backes und Jörg Diehl fragen sich „Was sucht eine 19-jährige Deutsche in Syrien?“ und recherchieren in ihrem Geburtsort Emmerich am Rhein, lassen den Vater, der sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte und Freunde aus Duisburg zu Wort kommen. Die Redakteure beschreiben eine junge Frau, die ihren Platz in der Welt sucht, gegen das Abitur nach 12 Jahren und Studiengebühren protestiert, Marx und Lenin als ihre „Helden“ auserkoren habe, und sich im Philosophie-Unterricht mit dem Lehrer anlege. Der Spiegel lässt kein Klischee linker Sozialisation aus, und vielleicht ist es ja wirklich so gewesen. Stark beschäftigt habe Ivana insbesondere die Entführung und Versklavung von Frauen durch den IS. Das kurdische Gebiet Rojava sei zudem für viele Linke zu einem „Sehnsuchtsland“ geworden und kurdische Gruppierungen würden massiv mit diesem „vermeintlichen Utopia“ werben, schreibt der Spiegel.

Deftige Kritik übt am 15. März 2015 der Blog „mariasfirst“, der fragt, ob „Ivana Hoffmann aus purer Überzeugung, aus Verzweiflung oder einer Mischung aus beidem“ sich für die „stalinistische Gruseltruppe der MLKP“ entschied und kritisiert, dass „die MLKP ihren Tod zum werbewirksamen Heldenmythos“ verwendet. In die gleiche Kerbe schlägt auch der Stern in Nr. 13 vom 19.03.2015. Barbara Opitz kritisiert unter der Überschrift „Tod eines Mädchens“: „Sie war erst 19 Jahre alt, sie träumte von Gerechtigkeit und einer besseren Welt. […] Nun wird sie von Kurden und Kommunisten professionell zur Märtyrerin aufgebaut.“

Anders fragt sich Fabian Köhler am 16.03.2015 auf Telepolis unter der Überschrift: „Ich will ein Teil der Revolution in Rojava sein“, ob dies gar nicht die Geschichte über die Widersprüchlichkeit einer jungen Deutschen sei, die ihr bürgerliches Zuhause verlässt, keine Revolutionsromantik sei, sondern ob „Ivana Hoffmanns Kampf an der Seite kurdischer Milizen [nicht] einfach nur konsequent war?“ Wer will diese Frage beantworten, außer sie selbst?

Ivana Hoffmann selbst schrieb: „Ich will ein Teil der Revolution in Rojava sein, ich will mich weiter entwickeln, ich will in diesem Kampf, der alle unterdrückten Völker miteinander verbindet, kennenlernen und vor allen Dingen die Revolution in Rojava, wenn es sein muss mit meinem Leben zu verteidigen.“ Ivana Hoffmann war alt genug, diese Entscheidung zu treffen. Ich hoffe, sie hat ihre Entscheidung nicht bereut und gefunden, was sie gesucht hat. Was uns bleibt ist die Trauer um ein junges Leben, das viel zu früh endete.

Ivana Hoffmann im Krieg gegen den Islamischen Staat gefallen

Ivana HoffmannDie 19jährige Duisburgerin Ivana Hoffmann, am 7. März 2015 im syrischen Tell Tamer im Krieg gegen den Islamischen Staat gefallen, wurde am Samstag, 14.03.2015 in Duisburg unter öffentlicher Anteilnahme beigesetzt.

Die 1995 in Emmerich am Rhein geborene junge, lebenslustige Frau, Tochter einer Deutschen und eines Togolesen, hatte zuletzt die zwölfte Klasse der Aletta-Haniel-Gesamtschule in Duisburg-Ruhrort besucht. Im Rahmen der Bildungsstreikbewegung ab 2009 politisiert, war sie schließlich 2014 als Anhängerin der Marxistisch-Leninistischen Kommunistische Partei (MLKP) Türkei/Nordkurdistans  in die Region Rojava gereist, um dort selbst für Freiheit und Menschlichkeit zu kämpfen. Auch am Kampf um Kobanê soll sie beteiligt gewesen sein.

Die interessierten Medien haben weitere Details ihres kurzen Lebens ausgeleuchtet, inzwischen gibt es auch einen eigenen Eintrag in der Wikipedia, eine Homepage und eine Facebook-Seite für Ivana Hoffmann. In den teils sehr pathetischen Nachrufen wird sie als Freiheitskämpferin, als Heldin gefeiert und ihr Mut bewundert. Was jedoch bleibt ist die Trauer um ein junges Leben, das viel zu früh endete. Welchen Sinn hat ihr Tod?

Nicht nur Essen und Duisburg stellen sich quer

Dieses Mal nicht im Schloss Horst ...

Dieses Mal nicht im Schloss Horst …

Ausgerechnet am 1. Mai, dem internationalen Tag der Arbeiterbewegung, wollen die Rechtspopulisten der selbsternannten „Bürgerbewegung“ Pro NRW in Essen und Duisburg gegen „Asylmissbrauch, Armutseinwanderung und Überfremdung“ demonstrieren. Dagegen regt sich Widerstand in beiden Städten. So ruft das Bündnis gegen Rassismus und Rechtsradikalismus „Essen stellt sich quer“ zu Protestkundgebungen auf, ähnliche Planungen gibt es in Duisburg.

In Essen plant Pro NRW für 14 Uhr am Ort einer geplanten Flüchtligsunterkunft am Graitengraben/Ecke Rahmstraße eine Kundgebung, die im direkten Gegensatz zum „Fest für Frieden, Völkerverständigung und internationale Solidarität“ steht, welches seit 30 Jahren auf der Zeche Carl stattfindet. Um 16 Uhr will Pro NRW im Umfeld der von Flüchtlingen belegten Notunterkunft in der Walter-Pleitgen-Schule in Frintrop demonstrieren. Die Asylsuchenden sind vor Kriegen, ethnischer und religiöser Diskriminierung, Hungerkatastrophen und bitterer Armut geflohen. Von Millionen Flüchtlingen erreichen nur wenige Europa. Das Mittelmeer wurde bereits zum Massengrab.

Gegen den Missbrauch des 1. Mai, gegen die Hetzkampagne und für die Aufnahme von Flüchtlingen ruft „Essen stellt sich quer“ zu Protestkundgebungen gegen Pro NRW auf
14 Uhr in Altenessen, Kreuzung Graitengraben/Rahmstraße
16 Uhr in Frintrop, Kreuzung Oberhauser- /Frintroper Str.

Da am 1. Mai in den Städten die traditionellen Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) stattfinden, ruft „Essen stellt sich quer“ dazu auf, auch an diesen Veranstaltungen teilzunehmen. Die Essener DGB-Demonstration beginnt um 10 Uhr in Essen-Rüttenscheid und führt zum Burgplatz in der Innenstadt, wo ab 11 Uhr die Kundgebung stattfindet. Umgekehrt ruft auch der DGB in Essen zur Teilnahme an den Protestaktionen gegen Pro NRW auf und stellt ab 13.30 Uhr einen kostenlosen Bus zu den oben genannten Protestkundgebungen zur Verfügung.

Auch die Gelsenkirchener Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) ruft dazu auf, an den Protestkundgebungen in Essen gegen Pro NRW teilzunehmen. Einige Mitglieder haben angekündigt, im Anschluss an die Gelsenkirchener DGB-Kundgebung nach Essen zu fahren, andere werden bereits in Essen an der DGB-Kundgebung teilnehmen.

Am Abend will Pro NRW in Duisburg weiter demonstrieren und in Rheinhausen vom Hochemmericher Markt zum Haus in den Peschen ziehen. Bereits tagsüber plant die NPD einen Propagandazug durch die Duisburger Innenstadt. Hier sind ebenfalls Protestkundgebungen von „Duisburg stellt sich quer“ geplant.

Übrigens hat das Berliner Verwaltungsgericht am Montag in einer Eilentscheidung entschieden, dass die ARD einen Wahlwerbespot von Pro NRW zur Europawahl nicht ausstrahlen muß. Den Richtern zufolge verstößt der Spot gegen den Straftatbestand der Volksverhetzung, er enthalte die Aussage, dass Ausländer generell im Müll lebten und per se Stratftäter seien.