Demokratischer Protest erfolgreich: Bivsi is coming home!

In Deutschland werden Jugendliche aus dem Klassenzimmer geholt und abgeschoben …

Die kaltherzige, allerhöchstens nach bürokratischen Maßstäben rechtmäßige Abschiebung eines 14jährigen, in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Mädchens am 29. Mai 2017 in das ihr unbekannte Heimatland ihrer Eltern hat sehr viele Menschen berührt und empört. „Bring Bivsi back“ forderten Mitschüler und Eltern. Zwei Monate später darf sie tatsächlich wieder in ihre Heimat, Deutschland, zurückkehren.

Ein erschütterndes Interview mit Bivsi Rana in Katmandu über Skype, das der WDR ausstrahlte, und weitere Berichte in den Medien hielten das Interesse wach. Entscheidend war jedoch das Engagement der Schulgemeinde, das vielfältige demokratische Rechte wahrnahm. Gleich zwei Online-Petitionen wurden gestartet, die forderten, dass die minderjährige Bivsi mit ihren Eltern nach Duisburg zurückkehren sollte. Eine Initiative aus Vertretern von Schülern und Eltern organisierte am 12. Juni 2017 eine Demonstration durch Duisburg unter dem Motto „Bring Bivsi back“. Stellungnahmen der Verbände der freien Wohlfahrtspflege und Parteien setzten sich ebenfalls für die Rückkehr ein und kritisierten ein fehlendes Einwanderungsgesetz.

Nachdem am 04. Juli 2017 der Petitionsausschuss des Landtags NRW die Empfehlung ausgesprochen hatte, Bivsi und ihre Eltern aus humanitären Gründen wieder zurückkehren zu lassen, folgten die zuständigen Behörden dieser Empfehlung. Am 25. Juli 2017 meldeten verschiedene Medien, dass die deutsche Botschaft in Nepal der Wiedereinreise von Bivsi und ihren Eltern zugestimmt hat. Dem Skandal folgt das Happy-End für die inzwischen 15jährige Schülerin. Nach jüngsten Meldungen steht ihre Rückkehr allerdings erst für Anfang August an, da „die deutsche Botschaft in Kathmandu die Visa in dieser Woche nicht mehr ausstellt“. Die deutsche Bürokratie ist und bleibt die einzige Konstante in diesem Fall.

Was bleibt, ist daher nicht nur die Kritik am fehlenden, modernen Einwanderungsrecht in Deutschland. Denn die bürokratische und menschenverachtende Art und Weise des Vorgehens hat mein Grundvertrauen in dieses Land erschüttert und erinnert mich an die dunkelste Zeit in Deutschland. In meinem früheren Beitrag erwähnte ich meine erste Assoziation, als ich von Bivsis „Abschiebung aus dem Klassenzimmer“ heraus hörte. In den 1940er Jahren wurde das in Gelsenkirchen geborene Sinti-Mädchen Rosa Böhmer von der Gestapo aus der Schule abgeholt und gemeinsam mit ihrer Familie ins KZ gebracht. Natürlich ist Katmandu nicht Auschwitz und die Duisburger Ausländerbehörde nicht die Gestapo. Doch die Art und Weise des Umgangs mit einem hier geborenen und aufgewachsenen minderjährigen Mädchen, das unschuldig an der juristischen Situation seiner Familie ist, und der historische Vergleich zeigen trotz aller Unterschiede vor allem eines: ein funktionierender, staatlicher Vollstreckungsapparat steht – wofür auch immer – bereit.