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Die Qual der (Kommunal-)Wahl (VI) – Über Glaubwürdigkeit in der Politik

Aufruf auf Facebook zur gestrigen Kundgebung.

Die katastrophale Situation im Geflüchtetenlager „Moria“ auf der griechischen Insel Lesbos ist jedem, der es wissen wollte, seit langem bekannt. In dem für etwa 2800 Menschen ausgelegtem Lager hausten vor dem Brand mehr als 13.000 Menschen unter unwürdigen Bedingungen. Tausende schliefen in Zelten oder im Freien, es gab nur ungenügende sanitäre Anlagen, für Nahrungsmittel mussten die Menschen stundenlang anstehen. Hinzu kam die Corona-Pandemie: Abstand halten und Hygiene einhalten war unter diesen Bedingungen unmöglich. Das Lager Moria steht zugleich für eine Bankrotterklärung der Europäischen Union, die die Situation seit Jahren kennt und die griechische Regierung und die Bevölkerung der Insel mit dem Problem alleine lässt.

Im Gegensatz zu all den Politikern, die in den vergangenen Jahren von einer „europäischen Lösung“ faselten und sie damit auf die lange Bank schoben, hatten sich über 170 Städte und Kommunen allein in Deutschland zum sicheren Hafen erklärt. Sie alle sind bereit, geflüchtete Menschen aufzunehmen. Erst vor wenigen Wochen starteten Berlin und Thüringen eigene Landesprogramme. Doch alle diese Initiativen werden vom Innenminister der „großen“ Koalition aus CDU und SPD, Horst Seehofer, blockiert.

Im Juni diesen Jahres hatte die Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag im Rat der Stadt Gelsenkirchen gestellt, dass Gelsenkirchen sich ebenfalls zum „Sicheren Hafen“ erklären sollte und 56 (in Worten: sechsundfünfzig) Geflüchtete aus den griechischen Lagern aufnehmen möge. Die Ratsfraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) hatte daraufhin einen eigenen Antrag zur Abstimmung gestellt und mit allen eigenen Stimmen und ihrer absoluten Mehrheit verabschiedet, der vorsieht, dass Gelsenkirchen erst dann ein Sicherer Hafen werden soll, wenn der Anteil der Geflüchteten und Zugewanderten aus Rumänien und Bulgarien nicht mehr als 5 % an der gesamten Stadtbevölkerung ausmacht, was bereits der Fall ist und sich auch auf absehbare Zeit nicht ändern wird.

Am gestrigen Tag hat die Jugendorganisation genau dieser Partei, haben die „Jungsozialisten in der SPD“ zu einer Kundgebung auf dem Heinrich-König-Platz aufgerufen, um die Forderung nach der Evakuierung der Lager zu unterstützen. Wie glaubwürdig ist das denn? Ich hätte eine gemeinsame Kundgebung in einem Bündnis anstelle einer parteipolitischen Veranstaltung vorgezogen und habe daher aus gutem Grund an dieser Kundgebung nicht teilgenommen, obwohl ich die Forderung der unter dem Namen Seebrücke zusammengefassten Initiativen unterstütze: Evakuiert die Lager!

„Notstand der Menschlichkeit“ auch in Gelsenkirchen ausgerufen!

Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz am 06.07.2019 – in Gelsenkirchen wie in fast 100 weiteren Städten.

Zehntausende Menschen in 95 Städten demonstrierten am heutigen Samstag unter dem Motto der von der Seebrücke ausgerufenen „Notstand der Menschlichkeit“. Gelsenkirchen gehörte dazu!

In Gelsenkirchen hatten wir vom Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung sehr kurzfristig organisiert und von 17.00 bis 18.00 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz aufgerufen. Hatte ich befürchtet, mit sechs Leuten da zu stehen, wurde ich von rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern positiv überrascht.

Neben unseren Transparenten, die wir zeigten, wurden einige Reden gehalten und unser vorbereitetes Flugblatt unter die Leute gebracht. Die Reaktionen der vorübergehenden Passanten waren wie erwartet: es gab positive und negative Reaktionen. Viele lächelten uns zu oder zeigten anders ihre Unterstützung für unsere Position, andere machten schon mit einem grimmigen Gesichtsausdruck deutlich, dass sie anderer Meinung sind.

Jedenfalls haben wir denen, die unserer Meinung sind gezeigt, dass sie damit nicht alleine stehen.

Solidarität mit Sea-Watch!

Aufmacher des Flyers des Aktionsbündnisses, von mir blau eingefärbt.

Das Gelsenkirchener Aktionsbündnisses gegen Rassismus und Ausgrenzung ruft für den Samstag, 6. Juli 2019 von 17 bis 18 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz in Gelsenkirchen auf. Anlass ist der Notstand der Menschlichkeit, den die Seebrücke ausgerufen hat. An diesem Tag werden in vielen Städten Deutschlands Kundgebungen und Mahnwachen stattfinden, um Zeichen der Solidarität mit der Seenotrettung und mit Geflüchteten zu setzen.

In Gelsenkirchen ruft das Aktionsbündnis zu einer Kundgebung auf und fordert:
– Gelsenkirchen soll ein sicherer Hafen werden und weiterhin Menschen aufnehmen, die vor Krieg, Elend und Hunger fliehen müssen.
– Entkriminalisierung von Seerettung und den Aufbau von einer EU-Seerettungsmission im Mittelmeer.
– Die Bekämpfung von Fluchtursachen muss endlich angegangen werden (z.b. ein Ende von Waffenlieferungen, Umweltzerstörung und Aufbauhilfe).
– Schließen wir uns zusammen und unterstützen wir Seenotrettung z.b. durch Spenden an https://sea-watch.org/.

Das Aktionsbündnis ruft alle Gelsenkirchener auf, sich diesen Forderungen anzuschließen.

Derzeit ertrinkt jede sechste Person während des Versuchs, das Mittelmeer zu überqueren. Seit 2014 sind bereits über 17.000 Menschen vor den Toren unseres Kontinents ertrunken. 2019 sind es bereits 590 ertrunkene Menschen. Gleichzeitig werden die Seenotretterinnen und Seenotretter wie z.B. aktuell die Kapitänin Carola Rackete kriminalisiert. Die 31jährige deutsche Kapitänin der Sea-Watch 3 brachte nach über zweiwöchiger Hängepartie mehrere Dutzend Geflüchtete in den Hafen der italienischen Insel Lampedusa und wurde dafür festgenommen und wird trotz der inzwischen erfolgten Freilassung von der italienischen Regierung kriminalisiert.

„Europa“ versagt in dieser Frage vollkommen. Statt alles daran zu setzen, Menschenleben zu retten, erleben wir von Seiten der europäischen Nationalstaaten einen Tiefpunkt an Solidarität und Menschlichkeit. Menschen werden in libysche Folterlager zurückgewiesen, die Rettung von Menschen wird aktiv blockiert und zivile Seenotrettungsschiffe werden über Wochen daran gehindert mit geretteten Menschen an Bord in einen sicheren Hafen zu fahren.

Die Kundgebung des Gelsenkirchener Aktionsbündnisses gegen Rassismus und Ausgrenzung findet am Samstag, 6. Juli 2019, von 17.00 Uhr bis 18.00 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz (10), in 45879 Gelsenkirchen statt. (Ausgeschlossen sind wie immer Rechte und andere Nazis, ebensowie Menschen die durch Sexismus, Nationalismus und Rassismus auffallen oder aufgefallen sind! Partei- und Nationalfahnen sind nicht erwünscht.)

Seenotrettung ist kein Verbrechen!

Die Seebrücke ist eine internationale, zivilgesellschaftliche Bewegung, in der sich verschiedene Bündnisse und Einzelpersonen mit den Menschen auf der Flucht solidarisieren und die von der Politik sichere Fluchtwege, die Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der Geflüchteten fordert. Aus aktuellem Anlass ruft die Seebrücke für den 6. Juli bundesweit zu Kundgebungen auf. Auch in Gelsenkirchen ist eine Aktion geplant.

Die Seebrücke fordert unter anderem: „Menschen auf dem Mittelmeer sterben zu lassen, um die Abschottung Europas weiter voranzubringen und politische Machtkämpfe auszutragen, ist unerträglich und spricht gegen jegliche Humanität. Migration ist und war schon immer Teil unserer Gesellschaft! Statt dass die Grenzen dicht gemacht werden, brauchen wir ein offenes Europa, solidarische Städte und sichere Häfen.“

Gegenwärtig beherrscht die Kapitänin der Sea-Watch, Carola Rackete die Nachrichten. Nach über zweiwöchiger Hängepartie ist sie mit der Sea-Watch 3 den Hafen der italienischen Insel Lampedusa angelaufen, um aus Seenot gerettete Flüchtlinge in einen sicheren Hafen zu bringen. Rackete wurde von italienischen Behörden verhaftet, unter Hausarrest gestellt und nach internationalen Protesten inzwischen wieder frei gelassen.

Aktuell ertrinkt jede sechste Person während des Fluchtversuchs über das Mittelmeer. Die Seebrücke ruft den Notstand der Menschlichkeit aus und ruft für Samstag, 6. Juli 2019 zu bundesweiten Demonstrationen auf. Gegenwärtig sind Demonstrationen und Mahnwachen in über 50 Städten angekündigt, darunter auch in unseren Nachbarstädten Bochum, Essen, Duisburg und Dortmund sowie in Düsseldorf. In Gelsenkirchen plant das Gelsenkirchener Aktionsbündnisses gegen Rassismus und Ausgrenzung ebenfalls für den 6. Juli 2019 eine Aktion.