Wie in der AfD über Flüchtlinge gedacht wird und was daran falsch ist …

VVN-BdA Flüchtlinge willkommenDie Gelsenkirchener AfD hat für Mittwoch mit Friedhelm Tropberger den früheren Professor für Sozialpsychologie und Kulturkritik der (Fach-)Hochschule Merseburg (Sachsen-Anhalt) eingeladen. Der 62jährige ist „fachpolitischer Sprecher des Landesverbandes NRW der AfD für das Thema Zuwanderungs- und Integrationspolitik“ und hatte sich einem Medienbericht zufolge zuvor in Bielefeld und NRW in der Piratenpartei engagiert.

Auf seiner Homepage finden sich seine Vorstellungen zur sogenannten „Alternativen Asylpolitik“, die ich hier nicht weiter referieren will. Viel interessanter ist das Menschenbild, mit dem man zu den typischen AfD-Vorstellungen kommt. So behauptet er, dass für die Mehrheit der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer Europa erreichen und nicht vorher ertrinken, der Asylantrag ein Geschäftsmodell wäre. „Diese ‚Flüchtlinge‘ investieren aus eigenen oder geliehenen Mitteln ca. 1.000,00 $ und finanzieren damit die skrupellosen Schlepper, die ihnen die Überfahrt verkaufen. Sie hoffen teilweise, im Status des ‚Asylsuchenden‘ in einem Staat der EU wie Deutschland von staatlicher Unterstützung (Sozialhilfe) leben zu können und zugleich durch Sparen, illegale Schwarzarbeit oder kaufmännische Aktivitäten in Drogenhandel und Prostitution so viel dazuverdienen zu können, dass sich ihre Investition amortisiert und sie mit dem weiteren Gewinn ihre Familien unterhalten können.“

Wer so über eine „Mehrheit der Flüchtlinge“ denkt, kommt natürlich zu entsprechenden Vorschlägen in der Asylpolitik. Indem man auf eine individuelle Motivation (angebliches „Geschäftsmodell Asylantrag“) verweist, negiert man zugleich die Verantwortung Deutschlands und der westlichen Welt, die mit ihrer kriegerischen Außenpolitik, den Waffenexporten und der Unterstützung reaktionärer Regimes Flüchtlingsströme erst produzieren.

Damit wird ebenfalls negiert, dass das Flüchtlingsproblem ein weltweites Problem ist. 60 Millionen Menschen fliehen weltweit vor Krieg, Verfolgung und Diskriminierung – in erster Linie in die unmittelbaren Nachbarländer. So hat zum Beispiel der kleine Libanon mit seinen 4 Millionen Einwohnern über 1 Million Flüchtlinge aus dem Nachbarland Syrien aufgenommen. Übertragen auf deutsche Verhältnisse würden wir bei 80 Millionen Einwohnern von 20 Millionen Flüchtlingen sprechen. Man stelle sich den Ausnahmezustand vor, wenn 20 Millionen Polen oder Franzosen wegen eines Bürgerkriegs im Nachbarland bei uns Schutz suchen würden.

Hier regt man sich stattdessen über das Rinnsal von 1 oder 1,5 Millionen Flüchtlinge auf, die Deutschland erreichen. Sie kommen nicht freiwillig, sondern sind auf der Flucht. Und sicherlich würden sie lieber in ihrer Heimat leben, wenn diese nicht gerade von Terroristen zerstört würde. Aber das interessiert diese Wohlstandschauvinisten nicht, die ihre eigenen ökonomischen Interessen auf die Flüchtlinge projezieren.