
In Zeiten von Facebook, Twitter & Co. ist es immer mehr üblich geworden, sich dort medial aufzuregen anstatt klug und einfach zu handeln. Letzteres haben Mitglieder des Gelsenkirchener Aktionsbündnisses getan – und einfach bei der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen nachgefragt.
Gestern erreichte die VVN-BdA Gelsenkirchen die folgende Nachricht, „dass in Gelsenkirchen eine Veranstaltung zu Ehren von Esther Bejarano geplant ist, Veranstaltungsort ist die Jüdische Gemeinde Gelsenkirchen. Neben dem Vizepräsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, und der Antisemitismusbeauftragten von NRW, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, soll dort auch der Frontsänger der Rechtsrockband Frei.Wild, Philipp
Burger, auf dem Podium sitzen. Ein Mensch, der über die Liebe zu Volk, Nation und Heimat singt und nationalistische Phrasen über Identität drischt, soll auf einer Veranstaltung sprechen dürfen, die den Namen Esther Bejarano im Titel trägt, auf der ‚über Antisemitismus und die Schrecken der Shoah‘ gesprochen werden soll.“
Meine kurze Recherche ergab als Veranstalter der für den 22. September 2022 geplanten Veranstaltung die LaMalo Consulting GmbH, über die ich nichts wesentliches in Erfahrung bringen konnte. Die (inzwischen geänderte) Ankündigung fand ich hier, einen ausführlichen Bericht über die geplante Veranstaltung hier. Anstatt sich medial aufzuregen, nutzten Mitglieder des Gelsenkirchener Aktionsbündnisses gegen Rassismus und Ausgrenzung, in dem die VVN-BdA Gelsenkirchen mitarbeitet, ihre Kontakte, um die Jüdische Gemeinde Gelsenkirchen bezüglich der Veranstaltung und dem vom Veranstalter vorgesehenen Gast inklusive seines Hintergrunds zu informieren.
Innerhalb kürzester Zeit war klar, dass der Frontsänger der Rechtsrockband Frei.Wild, Philipp Burger, nicht in der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen auftreten und die Diskussion wie geplant, mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Abraham Lehrer, Ahmed Mansour und Holger Münch unter der Moderation von Susanne Glass stattfinden wird. Kern der Veranstaltung ist übrigens – das wäre angesichts der Aufregung fast untergegangen – eine Lesung von Esther Münch aus dem Buch „Nie schweigen“ – das Vermächtnis von Esther Bejarano.
Update: Der ursprüngliche Titel „Viel Lärm um Nichts“ hat zu einem Missverständnis geführt (siehe Kommentare) und wurde daher geändert.
Update: Nach der Ausladung folgt nun die Absage. Wie in der Jüdischen Allgemeinen zu lesen ist, wurde inzwischen die komplette Veranstaltung abgesagt.
In der Berliner Zeitung ist noch ein lesenswerter Beitrag dazu erschienen
https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/meron-mendel-zu-umstrittener-bejarano-lesung-ihr-vermaechtnis-wird-verdreht-li.255943
Warum lautet die Überschrift so?
Ich halte es nicht für Nichts das dieser merkwürdige Mensch (Philipp Burger) in unsere Stadt kommen wollte.
Und wer ist eigentlich auf den komischen Gedanken gekommen diesen Menschen dafür in Betracht zu ziehen?
Wie der Tickt ist seit Jahren Allgemein bekannt.
Lieber/liebe/liebes zft48,
für gewöhnlich antworte ich nicht auf anonyme Mitteilungen. In diesem Fall mache ich eine Ausnahme.
Warum die Überschrift so lautet, wird gleich im ersten, fett gedruckten Absatz erklärt: „In Zeiten von Facebook, Twitter & Co. ist es immer mehr üblich geworden, sich dort medial aufzuregen anstatt klug und einfach zu handeln. Letzteres haben Mitglieder des Gelsenkirchener Aktionsbündnisses getan – und einfach nachgefragt.“. Das bedeutet, dass viel bei Twitter & Co geschrieben wird, aber wirklich wichtig ist nicht der „Lärm“, den man dort online macht, sondern die Aktivität, die man im „richtigen“ Leben also sozusagen „offline“ macht. Das „Nichts“ bezieht sich nicht auf den geplanten und abgesagten Auftritt, sondern auf den „Lärm“ bei Twitter & Co. Wenn der Titel aber zu einem solchen Missverständnis führt, dann ändere ich ihn lieber.
Alle weiteren Fragen werden ebenfalls im Text beantwortet.
Die Idee stammt von der LaMalo Consulting GmbH.
Wie viel die Jüdische Gemeinde Gelsenkirchen von der Planung wusste und einschätzen konnte, kann ich nicht sagen. Sie haben jedoch sehr schnell auf unsere sachbezogene Information reagiert: der Sänger ist ausgeladen worden.
Hinter der Bezahlschranke der WAZ findet sich ein Beitrag, den ich nicht lesen konnte, interessant sind aber wieder die Kommentare unter dem Artikel.
https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/gelsenkirchen-holocaust-gedenken-mit-frei-wild-saenger-id236137209.html
Und hier noch ein öffentlich einsehbarer Artikel
https://www.derwesten.de/staedte/gelsenkirchen/gelsenkirchen-frei-wild-philipp-burger-antisemitismus-rechtsextremismus-synagoge-id236136463.html
Erst mal Danke für die Antwort!
Das sich das Nichts so aufschlüsselt wie in der Antwort Erklärt, erschließt sich einem/r LeserIn nicht auf den ersten Blick. Deshalb Danke für die Erläuterung.
Zur Frage wer sich das mit dem „Sänger“ ausgedacht hat.
Es ist schon klar das das eine Firma ist.
Eine Firma denkt sich das aber nicht aus.
Es sind immer einzelne Menschen die das tun.
In diesem Fall könnte mensch dem/derjenigen der/die auf diese Dumme Idee gekommen ist, unterstellen, das als Aktion zur Normalisierung/Relativierung für Nationalisten u.ä. zu werten.
Zumindest sollte da mal der Background gecheckt werden.
Denn wie geschrieben, das der Typ n Problem darstellt, ist seit Jahren Bekannt.
Zum Abschluß noch ein Tipp zu Paywalls (Bezahlschranken):
Es gibt die Seite https://12ft.io/
Dort ins Feld die Adresse der jeweiligen Seite eingeben und es fallen bei einigen Seiten die Schranken. In diesem Fall die der WAZ.
Bei Teutschen Seiten ist sie nicht zuverlässig aber immer einen Versuch wert. 🙂