
Seit vielen Jahren beteilige ich mich aus friedenspolitischen Gründen am Ostermarsch. Gab es in den 1980er Jahren angesichts der NATO-Nachrüstung und der Angst vor dem Atomtod große bunte Demonstrationen von Zehntausenden, die an drei Tagen von Duisburg nach Dortmund zogen, so schmolz die Friedensbewegung mit dem Ende des Kalten Krieges auf eine kleine Schar unentwegter Friedenskämpfer. Die Etappe in Gelsenkirchen wurde zu einem kleinen aber feinen Empfang des aus Essen kommenden Fahrradkorsos, organisiert vom Friedensforum Gelsenkirchen. Neben einer kurzen Rast bei Kaffee, Kuchen und vielen Gesprächen stand immer eine Rede am Antifaschistischen Mahnmal nebst einem kulturellen Beitrag auf dem Programm. So auch in diesem Jahr.
Die Beteiligung war angesichts des schönen Wetters gut. Da der Musikpavillion aufgrund von Bauarbeiten nicht benutzt werden konnte, hatte das Friedensforum seinen Stand gegenüber der Baustelle aufgebaut und den Bauzaun für die Präsentation der Transparenten genutzt. Neben den altbekannten habe ich auch zwei neue ausgemacht: „sofort aufhören!“ und unter dem Satz „Nein zum Krieg“ drei zentrale Forderungen des Ostermarsches: „Keine Waffenexporte, Nein zur Aufrüstung, Verhandeln statt töten“. Neben dem Friedensforum Gelsenkirchen hatten auch MLPD, DKP und Die Linke ihre Infostände aufgebaut. Im Gegensatz zu früheren Jahren fehlte – nicht unerwartet – ein Infostand von Bündnis 90/Die Grünen, obgleich Mitglieder der Bündnisgrünen unter den Anwesenden waren.
Wie nicht anders zu erwarten, hat der russische Angriff auf die Ukraine innerhalb und außerhalb der Friedensbewegung für Auseinandersetzungen um die richtige Reaktion auf den völkerrechtswidrigen Angriff geführt. So erreichte mich vor einigen Wochen eine E-Mail aus den Reihen der MLPD, die für eine „neue Friedensbewegung“ warb, die sich gegen das „imperialistische Weltsystem“ richte. Ich halte eine „neue“ Friedensbewegung nicht für notwendig, sondern die Stärkung der bestehenden für wichtig.
Nach Ankunft des aus Essen kommenden Ostermarsches führte der Weg wie immer zum Antifaschistischen Mahnmal, wo nach einem kurzen Musikstück zunächst Hildegard vom Friedensforum an den verstorbenen Friedenskämpfer Willi Hofmeister erinnerte. Als Redner war bereits im Januar des Jahres, also vor dem Krieg in der Ukraine, mit Heiner Montanus der Superintendent der Evangelischen Kirche Gelsenkirchen und Wattenscheid gewonnen worden. In seiner Rede nahm er zunächst Argumente aus der Friedensbewegung gegen den Krieg in der Ukraine auf, um diese dann jedoch als gleichwertig gegenüber den Argumenten für Waffenlieferungen an die Ukraine zu stellen. Damit provozierte er deutlichen Protest aus den Reihen der Kundgebungsteilnehmern – nur mit Mühe konnte er seine Rede zu Ende bringen. Joachim Schramm von der DFG/VK wandte sich anschließend noch mit einigen Worten an die Kundgebungsteilnehmer, um auf die friedenspolitischen Forderungen des Ostermarsches hinzuweisen, die sich deutlich von Montanus‘ Rede abheben.
Die passende Antwort darauf brachte ein Chor aus Mitgliedern der Friedensfreunde Dülmen und des Friedensforums Gelsenkirchen im Anschluss, als sie ein altes Lied der Ostermarschbewegung aus den 1960er Jahren sangen, deren zentrale Sätze lauten: „Marschieren wir gegen den Osten? Nein! – Marschieren wir gegen den Westen? Nein! – Wir marschieren für ne Welt, die von Waffen nichts mehr hält, denn das ist für uns am besten!“
Wie ich erst im Nachhinein erfahren habe (siehe auch den Kommentar von Leo Kowald unten) hat Herr Montanus seine Rede kurzfristig verändert. Damit hat er sich m.E. keinen Gefallen getan, so ehrenwert seine Argumente auch sind. Als früherer Redner beim Ostermarsch in Gelsenkirchen kenne ich den Grundsatz, der für alle Redner gelten sollte: Wir rufen beim Ostermarsch nicht zu Waffenlieferungen und Beteiligungen an Kriegen auf, sondern lehnen diese ab!













