Antisemitische Demonstration türkischer und weiterer Nationalisten

Gelsenkirchen ist mal wieder in den Fokus der bundesdeutschen Medien gerückt, genauer, eine Demonstration von rund 180 Leuten mit türkischen und anderen Nationalfahnen. Am Mittwoch zog eine unangemeldete Spontandemonstration abends durch die Innenstadt zur Synagoge der jüdischen Gemeinde. Äußerer Anlass war der erneut eskalierende Nahost-Konflikt zwischen Israel und der Hamas, die vom Gaza-Streifen aus israelische Städte mit Raketen beschießt. Wie die Polizei berichtet, konnte sie die Demonstration auf der Höhe Gildenstraße/Bahnhofstraße stoppen.

Während die Polizei in ihrer Pressemitteilung von „antiisraelischer Demonstration“ und „antiisraelischen Rufen“ spricht und auch die Gelsenkirchener WAZ „Hass-Demo gegen Israel in der Innenstadt“ titelt, lassen sich die Zielrichtung der Demonstration, die Synagoge als Symbol für jüdisches Leben in Deutschland, sowie die auf einem Video zu hörenden Sprechchöre klar als antisemitisch erkennen. Wie weiter in den Medien berichtet wird, waren bereits in der Nacht zu Mittwoch Synagogen in Münster und Bonn das Ziel, hier wurden israelische Flaggen verbrannt. In Düsseldorf gab es einen Brandanschlag auf das Denkmal für die ehemalige große Synagoge an der Kasernenstraße.

Unabhängig davon, wie man zur Politik der israelischen Regierung steht, sind antisemitische Demonstrationen angesichts unserer Geschichte nicht zu tolerieren. Ich würde mich daher über einen Aufruf zu einer Solidaritätsdemonstration durch die „Demokratische Initiative“, sicher das breiteste zivilgesellschaftliche Bündnis in Gelsenkirchen, freuen. Mundschutz tragen und Abstand halten dürfte kein Problem sein.

8 Gedanken zu „Antisemitische Demonstration türkischer und weiterer Nationalisten

  1. Rolf Jüngermann

    Sorry, aber dieser Darstellung kann ich nicht zustimmen. Es geht um den Satz: „Äußerer Anlass war der erneut eskalierende Nahost-Konflikt zwischen Israel und der Hamas, die vom Gaza-Streifen aus israelische Städte mit Raketen beschießt.“ Hier kommt nicht einmal so etwas wie Äquidistanz zu den Konfliktparteien zum Ausdruck. Es wird komplett ausgeblendet, wer denn den Anlass zu dem Konflikt geliefert hat. Das ist der Staat Israel mit seinem völkerrechtswidrigen Vorgehen in Jerusalem generell und speziell um den Tempelberg in den letzten Tagen und Wochen.
    Wer gegen die jüngsten antisemitischen Vorkommnisse in Gelsenkirchen – zu Recht = Zeichen setzen will, ohne zugleich das verbrecherische und seit Jahrzehnten andauernde völkerrechtswidrige Vorgehen des Staates Israel in Jerusalem beim Namen zu nennen, verbreitet eine einseitige und damit falsche Sicht der Dinge. Damit trägt er/sie nicht zur Entspannung sondern zur weiteren Verhärtung der Fronten bei und tut so auch unseren Mitbürgern jüdischen Glaubens auf mittlere und lange Sicht keinen wirklichen Gefallen.

    1. Chajm

      Der Kommentar von Herrn Jüngermann mal übersetzt: Im Grund genommen sind selber schuld am Antisemitismus.
      Bonusinfo: Die Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas in Gaza ist vielleicht ein Anlass, aber nicht der Grund für die antisemitischen Ausschreitungen.

  2. Knut

    Lieber Rolf,
    vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich habe in meinem kurzen Beitrag oben mit Absicht nur die jüngste Eskalation erwähnt ohne die gesamte Vor-Geschichte des Nahost-Konfliktes darzustellen. Mein Schwerpunkt liegt hier nicht auf der Kritik der isralischen Politik, die ich für falsch halte, sondern auf der Situation in Gelsenkirchen: „Unabhängig davon, wie man zur Politik der israelischen Regierung steht, sind antisemitische Demonstrationen angesichts unserer Geschichte nicht zu tolerieren.“ Meine in diesem Beitrag fehlende Äquidistanz mag schließlich auch darin begründet sein, dass ich Raketenangriffe einfach nicht mag.

  3. Pingback: „Gegen Antisemitismus und Rassismus in Gelsenkirchen und anderswo – für Frieden und Völkerverständigung!“ | Antifaschistisches Gelsenkirchen

  4. Knut

    Auf der Seite des WDR findet sich ein Interview mit einer guten Zusammenfassung des Unterschieds zwischen Kritik an der israelischen Politik und Antisemitismus.

    „WDR: Viele Diskussionen drehen sich um die Frage, wie denn legitime Israelkritik aussehen könnte. Die Antwort scheint doch im Grunde einfach: Siedlungspolitik und Netanjahu kritisieren – ja. Israels Existenzrecht absprechen – nein. Oder ist das zu verkürzt?

    Brumlik: Nein, genau darum geht es. Man kann jede einzelne Politik der israelischen Regierung und auch größere Teile des politischen Willens der israelischen Bevölkerung kritisieren. Was aber nicht geht, ist, diesem Staat als einzigem auf der Welt seine Existenzberechtigung abzusprechen.“

    https://www1.wdr.de/nachrichten/antisemitismus-demonstrationen-nahost-konflikt-micha-brumlik-100.html

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