Die Qual der (Kommunal-)Wahl

Unfreiwillig selbstironisch? Kommunalwahlplakat der CDU von 2009 vor der Ruine des (alten) Hans-Sachs-Hauses.

Dass in diesem Jahr wieder eine Kommunalwahl ansteht, ist mir dieses Mal nicht durch aufgehängte Wahlplakate, sondern durch verschiedene Aktivitäten auf Facebook und im Internet aufgefallen. Inzwischen dürfte jeder politisch interessierte Mensch mitbekommen haben, dass am 13. September Kommunalwahlen stattfinden. Frank Baranowski (SPD), langjähriger Oberbürgermeister der Stadt, kandidiert nicht mehr für dieses Amt, und die AfD, die ursprünglich einen „konservativen OB-Kandidaten“ unterstützen wollte, hat sich dann doch dagegen entschieden. Beides überrascht nicht, denn weder ist zu erwarten, dass die SPD ihre letzten Wahlergebnisse wiederholt, und noch weniger ist die AfD eine konservative Partei.

Im Vergleich zu EU-Parlaments-, Bundestags- und Landtagswahlen bieten Kommunalwahlen natürlich viel eher die Möglichkeit, die Politiker-Kandidat*innen in einem glaubwürdigen, örtlichen Engagement kennenzulernen. Dabei ist es selbstverständlich, dass man als aktiver Bürger dieser Stadt eher diejenigen kennenlernt, mit denen man gemeinsam etwas unternimmt. In meinem Fall sind es Personen, die sich antifaschistisch engagieren. Daher dürfte es für alle, die mich gut kennen, nicht überraschen, dass für mich derzeit drei Parteien bzw. Personen in eine engere Wahl kommen. Nein, eigentlich sind es viele Personen, die ich mit diesen drei Parteien verbinde, deren Engagement und die Art und Weise, wie sie die Inhalte ihrer Parteien angehen, und mich immer wieder in Erstaunen oder Begeisterung versetzen. Hier eine sehr begrenzte Auswahl meiner Lieblingspersonen.

Am längsten kennen ich Martin Gatzemeier, den Oberbürgermeisterkandidaten der Gelsenkirchener Linkspartei, nicht zuletzt aus der Zeit, als ich selbst noch Mitglied der DIE LINKE gewesen bin. Unsere erste Begegnung liegt lange zurück und fand 2007 bei der ersten Sitzung des neugewählten Kreisvorstandes nach der Fusion von WASG und PDS statt. Ihm begegne ich gegenwärtig regelmäßig bei Demonstrationen gegen Rechts, aber auch in jedem Jahr beim Ostermarsch. Dabei fällt auf, dass er praktisch denkt, gut organisieren kann und pragmatisch handelt. Wie uns alle, hat wohl auch ihn sein Beruf, in seinem Fall ein handwerklicher Beruf, geprägt. Meistens mit dabei und von mir ins Herz geschlossen: ein großer, friedlicher Hund.

Ganz anders ist die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, Adrianna Gorcyk, trotz des Familiennamens keine gebürtige Gelsenkirchnerin. Sie ist deutlich jünger als Martin, studiert und aktiv. Sie kenne ich anders als Martin erst seit den gemeinsamen Aktivitäten des Gelsenkirchener Aktionsbündnisses gegen Rassismus und Ausgrenzung, ursprünglich spontan als Aktionsbündnis 16.9. im Jahre 2018 gegen Demonstrationen von „besorgten Müttern“ & rechtsextremen „Patrioten“ gegründet. Seitdem hat das Bündnis viele gute Aktivitäten auf die Beine gestellt. Ada wirkt, wenn sie nicht gerade in bündnisgrünen Angelegenheiten anderweitig unterwegs ist, vermittelnd und konstruktiv.

Ada medial auf Facebook in einer ersten Vorankündigung (Quelle: Facebook).

Neu auf den Plan getreten ist die sehr gute Partei DIE PARTEI, ausgeschrieben Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative. Man merkt schon am Namen, dass sie einen anderen Zugang zur Politik als die bekannten Parteien haben, dennoch sollte man sie ernst nehmen. Ein wenig erinnern sie mich an die Die Grünen der frühen 1980er Jahren sowie an einen Einführungslehrgang für Zivildienstleistende, an dem ich anno 1984 teilnehmen musste. Marc Meinhardt hatte mich im Januar total geflasht, als er mich ganz kurzfristig in einer Veranstaltung der VVN-BdA Gelsenkirchen für das Aktionsbündnis wirklich gut vertrat.

Wer sich für die Inhalte, die die drei genannten Parteien vertreten, interessiert, wird hier für DIE LINKE, hier für Bündnis 90/Die Grünen und hier für die sehr gute Partei Die PARTEI fündig. Außerordentlich bemerkenswert finde ich, dass das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen auch in Einfacher Sprache vorliegt. Nachzutragen bleibt noch, dass neben den Wahlen zum Rat der Stadt, zu den Bezirksvertretungen und zum Integrationsrat sowie der Wahl des/der Oberbürgermeister*in auch erstmalig eine Direktwahl zum Ruhrparlament stattfindet. Hier kandidiert der mir ebenfalls schon seit langem gut bekannte Tomas Grohe (DIE LINKE).  Schlußendlich muss noch erwähnt werden, dass die WAZ in ihrer Übersicht den Überblick verloren hat und die Oberbürgermeisterkandidatin der sehr guten Partei Die PARTEI vergaß, Claudia Kapuschinski, die einzige Oberbürgermeisterkandidatin mit blauen Haaren.

Meine Wahl steht übrigens tatsächlich noch nicht fest, es dürfen also alle gerne noch weiter Wahlkampf betreiben 😉

Ein Gedanke zu „Die Qual der (Kommunal-)Wahl

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