
Namenstafel an der Völkermord-Gedenkstätte in Potočari in der Nähe von Srebrenica (Quelle: Wikipedia).
Der 11. Juli ist ein heute fast vergessenes Datum. Heute vor 25 Jahren – genau 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – fand 1995 in Europa ein Genozid statt. Die Überlebenden begehen ihn als „Screbrenica Memorial Day“ und erinnern an das größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.
Vor 25 Jahren nahmen bosnisch-serbische Militäreinheiten die schutzlose „UN-Schutzzone“ Srebrenica ein, Frauen und Kinder wurden deportiert, Männer und Jungen zwischen 13 und 78 Jahren in den darauffolgenden Tagen ermordet und in Massengräbern verscharrt. Prozesse vor internationalen Gerichten gegen die Verantwortlichen zeigten, dass die Verbrechen systematisch geplant und durchgeführt wurden. Bis zum heutigen Tage sind noch nicht alle Opfer identifiziert. Dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zufolge handelt es sich um mehr als 8.000 Menschen, die nur wegen ihrer Zugehörigkeit zur muslimischen Volksgruppe ermordet worden sind.
Dieser Genozid war der Höhepunkt einer Politik der „Ethnischen Säuberung“, die im sich auflösenden Jugoslawien vor allem den multiethnischen Teilstaat Bosnien-Herzegowina traf, auf dessen Territorium seit Jahrhunderten Kroaten, muslimische Bosniaken und Serben lebten. Der aus dem Englischen übersetzte und in meinen Augen euphemistische Begriff „Ethnischen Säuberung“ wurde bereits 1992 von der Gesellschaft für Deutsche Sprache zum Unwort des Jahres gekürt.
Das Massaker von Srebrenica wird vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und vom Internationalen Gerichtshof als Genozid eingestuft, dennoch weigern sich hochranginge serbische Politiker immer noch bzw. wieder, das Verbrechen als Völkermord anzuerkennen.
Ich bin kein Spezialist in diesen Fragen aber allein schon als Leser der jungen Welt weiß ich, dass die Dinge nicht so einfach liegen wie hier dargestellt. Ich empfehle einen Suchlauf im Archiv der jW mit dem Suchwort Srbrenica. Im folgenden ein kurzes Zitat aus einem der einschlägigen Artikel in der jW :
„Die Verurteilung von Ratko Mladic ist auch ein Musterbeispiel für die erfolgreiche Entkontextualisierung historischer Ereignisse. Den Haag baut seine Verbrechensgeschichte rund um die Massaker von Srebrenica im Juli 1995 auf und nennt diese Völkermord. Eine Leugnung desselben steht in der EU unter Strafe, was eine offene Debatte über die damaligen Ereignisse unmöglich macht. Die von Berlin seit 1991 angetriebene Sezession Bosniens bleibt bei der Einschätzung des Balkankrieges genauso unerwähnt wie die Massaker an serbisch-bosnischen Bauern oder der kroatische Überfall auf eine Srebrenica ähnliche UN-Schutzzone, den Sektor West, Anfang Mai 1995.“
Hallo Rolf,
ich kann mich an die Zeit noch gut erinnern und an die Auseinandersetzung um die richtige Deutung, die schon in den 1990ern tobte. Kriegsverbrechen gab es m.W. auf allen Seiten, eine serbische Minderheit auch in Kroatien. Auch die Rolle der Bundesrepublik, die die Aufspaltung Jugoslawiens durch Anerkennung der neuen Staaten förderte, ist sehr kritisch zu sehen. Ich erinnere mich auch noch gut an die damalige Auseinandersetzung zwischen „Bellizisten“ und „Pazifisten“ innerhalb der Grünen. Schließlich an den völkerrechtswidrigen Krieg der NATO gegen Rest-Jugoslawien später, der zur Abtrennung des Kosovo führte. Ein schwieriges Kapitel der neueren Geschichte. Aber m.E. ändert das alles nichts an der Tatsache von Srebrenica.
Mit antifaschistischen Grüßen
Knut