Der 11. April, der 70. Jahrestag der (Selbst-)Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald war der Anlass, mir wieder den Film der DEFA aus dem Jahre 1962, „Nackt unter Wölfen“, anzusehen. Der Film entstand in der damaligen DDR nach dem gleichnamigen Roman von Bruno Apitz aus dem Jahre 1958. Bruno Apitz gehörte selbst zu den überlebenden Häftlingen des KZ.
Roman wie Film handeln von der gefahrvollen Rettung eines kleinen Kindes im Konzentrationslager. Bei einem der vielen Transporte aus Auschwitz wird der Dreijährige, der bereits in Auschwitz vor der SS versteckt worden war, in einem Koffer von einem polnischen Häftling mitgebracht. Die Häftlinge sind ganz entzückt von dem kleinen Jungen. Sie wissen, dass die SS ihn totschlagen wird, wenn sie ihn ausliefern. Der kleine Junge wird zuerst in der Effektenkammer, dann in der Seuchenbaracke und schließlich in einem Schweinekoben versteckt. Damit gerät jedoch zugleich die Untergrundorganisation der Häftlinge in Gefahr. Während die US-Army den Rhein überquert und dem Lager immer näher rückt, suchen die SS-Bewacher „den Judenbengel“ und versuchen gleichzeitig die Untergrundorganisation zu zerschlagen.
Als vor Herannahen der US-amerikanischen Armee das Lager „evakuiert“ werden soll, verweigern sich die Häftlinge und bleiben in ihren Baracken. Während sich der Lagerkommandant absetzt und andere SS-Leute in Zivilkleidung fliehen, gelingt es einigen Häftlingen, mit Hilfe von zuvor versteckten Waffen das Lagertor und einen Wachturm zu erobern. Dank der herannahenden US-Army gelingt es ihnen, das Lager zu befreien. Die Filmszene, in der die befreiten Häftlinge aus ihren Baracken herauskommen und auf den Appellplatz strömen ist auch heute noch unglaublich bewegend.
Reclams Filmführer schreibt dazu: „Der Autor Bruno Apitz war selbst acht Jahre im Konzentrationslager Buchenwald. Das war eine Voraussetzung für realistische Wirklichkeitsnähe, die der Film fast durchgehend erreicht. Gelegentlich stört ein gewisses Pathos, das die Guten allzu gut erscheinen läßt. Der Eindruck des Dokumentarischen verstärkt die Mitwirkung von Schauspielern verschiedener Nationalität, die im Film alle ihre Muttersprache sprechen.“ (1985, S. 364)
Die Geschichte beruht auf wahre Begebenheiten. Bei dem geretteten Jungen (dem „Buchenwaldkind“) handelt es sich um Stefan Jerzy Zweig. Auch die im Kalten Krieg oft als „Mythos“ bezeichnete Selbstbefreiung des Lagers hat stattgefunden, wäre allerdings ohne das Herannahen der US-Army nicht erfolgreich gewesen, was im Film deutlich gezeigt wird.
Das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar war eines der größten KZ auf deutschem Boden, es bestand von 1937 bis 1945 und unterhielt ein großes System von Außenlagern, darunter auch Außenlager in Gelsenkirchen (Gelsenberg) und in anderen Ruhrgebietsstädten. Das Lagergelände bei Weimar wurde von der sowjetischen Militäradministration bis 1950 als Speziallager Nr. 2 genutzt. 1958 wurde die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald eröffnet, die nach der Vereinigung beider deutsche Staaten ab 1991 umgestaltet wurde. In der ehemaligen Effektenkammer befindet sich eine Dauerausstellung zur Geschichte des Konzentrationslagers, in einigen der früheren SS-Kasernen bestehen Seminar- und Übernachtungsmöglichkeiten für Jugendgruppen, die sich mit der Geschichte des Lagers beschäftigen wollen.
Der Roman von Bruno Apitz wurde in 30 Sprachen übersetzt und erreichte eine Gesamtauflage von 2 Millionen. Eine erste Verfilmung entstand 1960 für das DDR-Fernsehen, eine Neuverfilmung 2015.