Eindrücke von der Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“ auf Zollverein in Essen

Dem einen oder anderen dürfte schon das Plakat mit den Gasmasken tragenden Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg aufgefallen sein. Aus Anlass des hundertsten Jahrestages des Kriegsbeginns 1914 zeigen das LVR-Industriemuseum und das Ruhrmuseum in der Mischanlage der Kokerei auf Zollverein in Essen die Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“. Trotz des Untertitels „Das Rheinland und der Erste Weltkrieg“ richtet sich die Ausstellung nicht ausschließlich auf die Kriegszeit von 1914 bis 1918, sondern präsentiert die Zeit von etwa 1880 bis 1930.

Kokerei Zollverein, Essen, Ausstellung "1914 - Mitten in Europa"

Kokerei Zollverein, Essen, Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“

Auf drei Ebenen werden in dem zur Ausstellungshalle umfunktionierten Industrierelikt die Zeit vor dem Krieg mit ihrem technologischen und industriellen Fortschritt in einer rückständigen Klassengesellschaft, die Kriegszeit mit ihren waffentechnischen Erfindungen, der Kriegspropaganda, dem Hunger und den Kriegsfolgen sowie die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen bezogen auf das Rheinland und das Ruhrgebiet gezeigt. Durch die Ausstellung führte unsere aus Essenern und Gelsenkirchenern bestehende Gruppe der Historiker Markus Renner.

Zunächst ging es mit der Standseilbahn in die Ausstellung. Die oberste Ebene zeigt mit Ausstellungsstücken die Zeit vor dem Krieg und stellt die vor allem industrielle Entwicklung der Rhein-Ruhr-Region dar, weist auf die Ursprünge noch heute vertriebener Produkte wie Persil oder Aspirin hin, zeigt anhand der Mode das Frauen- und Männerbild der Zeit sowie die Art der Erziehung. Zu den Ausstellungsstücken gehört natürlich auch ein damals weitverbreiteter Matrosenanzug für Kinder.

Kokerei Zollverein, Essen, Ausstellung "1914 - Mitten in Europa"

Kokerei Zollverein, Essen, Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“

Über eine Wendeltreppe erreichten wir die mittlere Ebene, die in vielen Ausstellungsstücken die Zeit des Ersten Weltkrieges darstellt. Bedrückend waren Darstellungen von Verletzungen, die der moderne, industrielle Krieg produzierte. Moderne Waffen verursachten bis dahin unverstellbare körperliche Verletzungen sowie auch psychische Traumata. Artillerie wurde auf Entfernung eingesetzt, Maschinengewehre „mähten“ angreifende Soldaten nieder, Handgranten wurden immer handlicher. An den Wänden befanden sich Plakate der Kriegspropaganda, die zur Zeichnung von Kriegsanleihen, zur Spende von Kaninchenfellen etc aufriefen. Ein weithin unterschätztes Thema ist der Hunger an der Heimatfront, dem nach aktuellen Schätzungen von Historikern mehr Menschen zum Opfer gefallen sein sollen, als bei Bombardierungen der deutschen Städte im Zweiten Weltkrieg. Zu den Ausstellungsstücken gehörten auch Gedenktafeln aus Essen, die beispielsweise die Gefallenen der Firma Krupp wandgroß auflisteten.

Kokerei Zollverein, Essen, Ausstellung "1914 - Mitten in Europa"

Kokerei Zollverein, Essen, Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“

Die untere Ebene stellt über verschiedene Ausstellungsstücke die Zeit nach dem Krieg, Novemberrevolution, Freikorps, Kapp-Putsch und Rote Ruhrarmee sowie die Zeit bis zur Nazi-Diktatur dar. Am Ausgang wiesen letzte Fotos auf die uniforme Volksgemeinschaft der Nazis und ihre Verbrechen hin.

In der Ausstellung werden mehr als 2.500 Exponate aus verschiedenen Sammlungen präsentiert. Der Ausstellungsort, die drei Ebenen des Kohlespeichers, zeigen mit ihren riesigen Hallen, Betonwänden und Metallverstrebungen ein passendes Umfeld für die Darstellung des ersten modernen und industriellen Krieges.

Die Ausstellung ist noch bis zum 26. Oktober 2014 zu besichtigen und sehr sehenswert.