Wie Andreas Jordan heute mitteilte, wurden die Ergebnisse einer Untersuchung des Instituts für Stadtgeschichte zur Rolle von Straßen-Namensgebern im öffentlichen Raum gestern der Öffentlichkeit vorgelegt. In diesem Zusammenhang rückt die Umbenennung des „Paul-Schossier-Weg“ endlich auf die Tagesordnung.
Bekannt war die Mittäterschaft des Stadtrates Paul Schossier am Völkermord an den Gelsenkirchener Sinti und Roma während der NS-Zeit schon länger; schon 1966, als die Straße nach seinem Tod nach ihm benannt worden war, galt er als „umstritten“.
Paul Schossier, am 11. Oktober 1884 in Gelsenkirchen geboren, studierte nach Abschluss der Reifeprüfung 1904 Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Freiburg, München und Münster. Anschließend arbeitete er zunächst als Gerichtsassessor in Buer, später nach seiner Militärzeit war er kurze Zeit Richter am Buerschen Amtsgericht. Seit 1928 war er Schul- und Kulturdezernent der Stadt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 blieb Paul Schossier in dieser Funktion. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied verschiedener NS-Organisationen, wie z.B. der NS-Volkswohlfahrt. Der Antrag auf Aufnahme in die NSDAP wurde 1937 gestellt, 1939 trat er der Partei bei. Ab 1942 übernahm Schossier auch das Rechts- und Polizeidezernat.
Bereits 1999 hatte Stefan Goch, Mitarbeiter des Instituts für Stadtgeschichte, in seinem Buch „Mit einer Rückkehr nach hier ist nicht mehr zu rechnen – Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma während des ‚Dritten Reiches‘ im Raum Gelsenkirchen” die Rolle von Paul Schossier im Zusammenhang mit der Umsetzung des so genannten “Auschwitz-Erlasses” in Gelsenkirchen beleuchtet.
Erst nach der Veröffentlichung von neuen Rechercheergebnissen durch den Verein Gelsenzentrum im Februar 2008 und einem Antrag auf Umbenennung des Paul-Schossier-Weges durch Andreas Jordan kam weiter Bewegung in die Sache. Oberbürgermeister Baranowski reagierte und gab eine Untersuchung in Auftrag, deren Ergebnis nun vorliegt. 2008 hatte Andreas Jordan bei der Bezirksvertretung Nord übrigens beantragt, den „Paul-Schossier-Weg“ in „Grit-Weißberg-Weg“, nach einer Antifaschistin aus der Feldmark, bzw. alternativ in „Anne-Frank-Weg“, umzubenennen.
Das Foto oben stammt von Heinz H aus den Gelsenkirchener Geschichten, wo über dieses Thema ebenfalls diskutiert worden ist.
Auch Paul Schossier gehört zu den NS-Tätern, die Anfang der 60er mit dem Bundesverdienstkreuz „geehrt“ wurden. Damals kam es zu einer inflationären Verleihung der „Verdienstkreuze“ an Menschen, die in der NS-Zeit schwere Schuld auf sich geladen hatten. Das ist heute so nicht mehr nachvollziehbar, für das Denken der bundesrepublikanischen Nachkriegszeit waren diese „Verleihungen“ jedoch exemplarisch. Eine Aberkennung des Verdienstkreuzes ist posthum nicht möglich, die nach Schossier benannte Straße wird umbenannt.
Angesichts des Erstarkens von Neofaschistischen- und fremdenfeindlichen Gruppierungen müssen wir uns grade heute intensiver damit auseinandersetzen, wie es überhaupt zu den „Ehrungen“ für Paul Schossier kommen konnte, wenn er doch „schon damals als umstritten galt.“