Antikriegstag 2009 – 70 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs

Antikriegstag - Nie wieder KriegAn diesem 1. September jährt sich zum 70. Mal die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges durch die Deutsche Wehrmacht am 1. September 1939 durch ihren Überfall auf Polen. Bereits seit 1957 gehört der 1. September – als Antikriegstag begangen – zum festen Bestandteil des Terminkalenders von Gewerkschaften und Friedensgruppen. Im Zentrum stehen jeweils aktuelle friedens- und gesellschaftspolitische Themen, verbunden mit der Mahnung, dass von deutschen Boden nie wieder Krieg ausgehen darf.

Die aktuellen Aufrufe wenden sich gegen die Beteiligung der Bundeswehr an Kriegen in aller Welt und insbesondere gegen die für Dezember geplante erneute Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr. Friedensgruppen beziehen Position gegen den weltweiten sogenannten „Krieg gegen den Terrorismus“, gegen die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft, gegen militärische Eingreiftruppen, Aufrüstung und der Missachtung des Völkerrechts durch die USA, einer sich selbst mandatierenden NATO oder auch gegen Russlands Politik, die das gleiche „Recht des Stärkeren“ in Tschetschenien praktiziert. Gefordert werden Mittel für Zivile Konfliktbearbeitung und Friedensforschung.

Die Idee zu einem Weltfriedenstag ist älter als der Zweite Weltkrieg und lässt sich bis 1845 zurückverfolgen. Nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) riefen die damals bedeutendsten pazifistischen Friedensorganisationen, u.a. die von Bertha von Suttner mitgegründete „Deutsche Friedensgesellschaft“ (DFG) unter der Parole „Nie wieder Krieg“ eine Kampagne ins Leben, deren Ziel es war, die persönlichen Erinnerungen an die Kriegsgreuel durch alljährliche Massenkundgebungen am 1. August, dem Tag des Beginns des 1. Weltkriegs, wachzuhalten und die Menschen für die Durchsetzung einer dauerhaften Friedenspolitik zu gewinnen.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Zur ersten Kundgebung am 1. August 1920 im Berliner Lustgarten riefen Organisationen der Friedensbewegung sowie der Arbeiterjugend und Jungsozialisten auf und es beteiligten sich zwischen 15.000 und 18.000 Menschen. 1921 traten Vertreter der SPD, der USPD und des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) dem Nie-wieder-Krieg-Ausschuß bei. Erst dieses pazifistisch-republikanische Bündnis machte aus den Antikriegsaktionen eine Massenbewegung. 1921 beteiligten sich im ganzen Reichsgebiet ca. 500.000 Menschen in etwa 250 Städten an den Kundgebungen.

Doch schon der Antikriegstag 1922 zeigte, daß die Nie-wieder-Kriegs-Bewegung ihren Höhepunkt überschritten hatte. Die Parole „Nie wieder Krieg“ war zwar unter dem unmittelbaren Eindruck des Krieges eine aufrüttelnde Protestformel, reichte jedoch als Integrationsformel auf Dauer nicht aus. Die Organisationen im Aktionsbündnis waren sich nur in der Frage der Kriegsgegnerschaft, nicht aber über die Wege der Friedenssicherung, einig. Die Parole entwickelte sich so mit zunehmendem Abstand zum Krieg immer stärker zu einer Kompromißformel, die nur noch die unterschiedlichen Standpunkte verdeckte.

In der außenpolitischen Entspannungsphase der Jahre 1924 bis 1928 gelang es der Friedensbewegung nicht mehr, eine Massenbasis für ihre Forderung (zurück-) zu gewinnen. Die SPD unterstützte sogar 1928 (unter Bruch ihres Wahlversprechens) die Wiederaufrüstung Deutschlands (Panzerkreuzerbau). Und ohnmächtig musste die Friedensbewegung den Aufstieg der NSDAP mit Beginn der Weltwirtschaftskrise mit ansehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945), der von Deutschland bewusst als Eroberungskrieg entfesselt und mit einer nie gekannten Zerstörungsgewalt auf Deutschland zurückgefallen war, schien eine Wiederbewaffnung Deutschlands zunächst undenkbar. Doch die Teilung Deutschlands und die Integration der beiden deutschen Staaten in zwei unterschiedlichen militärischen Bündnissystemen machte das Undenkbare wieder möglich. Bereits im Juli 1956 wurde in der westdeutschen Bundesrepublik Deutschland die allgemeine Wehrpflicht beschlossen und am 1. April 1957 rückten die ersten Wehrpflichtigen in die Kasernen der Bundeswehr ein.

Zum 1. September 1957 rief die „Antimilitaristische Aktion“, ein Bündnis der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken, der Solidaritätsjugend, der Naturfreundejugend und der Verband der Wehrdienstverweigerer zum Antkriegstag in Erinnerung an den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 auf.

In den 1950er und 1960er Jahren stand der Antikriegstag meist im Schatten der Ostermärsche, die von britischen Pazifisten begründet und ab 1961 auch in der westdeutschen Bundesrepublik veranstaltet wurden. Seinen Höhepunkt erreichte der Antikriegstag in den 1980er Jahren, als mehrere Zehntausend Menschen an den Kundgebungen teilnahmen und sich auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zentral beteiligte. Zum 1. September 1980 veröffentlichte der DGB-Bundesvorstand erstmals einen zentralen Aufruf zum Antikriegstag.

Themen in den 1980er Jahren waren u.a. die Rüstungspolitik der „Supermächte“ und die NATO-Nachrüstung, alternative Sicherheitskonzepte, aber auch „gewerkschaftsnahe“ Themen wie die Einstellung der Rüstungsexporte und die Umstellung der Rüstungs- auf Friedensproduktion (Rüstungskonversion). Die Hinwendung des DGB zu einem stärkeren friedenspolitischen Engagement vollzog sich allerdings nicht ohne Konflikte innerhalb des DGB, die sich insbesondere zwischen der Jugendabteilung und der Gesamtorganisation zeigten.

In der Gegenwart

Mit der vorgeblichen „Normalisierung“ und damit verbunden der schleichenden Militarisierung der deutschen Außenpolitik seit der Vereinigung beider deutscher Staaten ist kein erneuter Aufschwung der Friedensbewegung verbunden, obwohl beispielsweise rund 70% der Bevölkerung Umfragen zufolge den Bundeswehreinsatz in Afghanistan ablehnen.

Die vormals auch von Pazifisten mitgegründete Partei Die Grünen tat sich in den 1990ern mit der Diskussion um „Out of Area“-Einsätze der Bundeswehr hervor und befürwortet sie mehrheitlich als Einsatz für die Menschenrechte. Pervertiert wurde diese Ansicht 1998 in der „Neuen Auschwitzlüge“ , in der das Verbrechen von Auschwitz für die Begründung des NATO-Bombardements gegen Jugoslawien herhalten musste.

Inzwischen versuchen auch Neonazis aus der mehrheitlichen Ablehnung des Afghanistan-Kriegseinsatzes zu profitieren und den Antikriegstag als sogenannten „nationalen Antikriegstag“ zu okkupieren um ihn für rechte Geschichtsklitterung zu benutzen.

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